Eva & Manu – Neo-Hippies im Campingbus
Der Wind rauscht, und deshalb versteht man nur sehr schwer, was Eva Louhivuori in die Kamera spricht. Sie muss die Augen zusammenkneifen, weil sie gegen die Sonne gefilmt wird. Dann schwenkt die Kamera auf einen gebrauchten Camper, der von Manu Laudic und seinem Vater beladen wird. "Wir machen uns auf den Weg", hört man Eva noch sagen -dann schluckt Camper "Skipper" schon die gelben Mittelstreifen einer südfranzösischen Straße. Im Autoradio läuft "Above Ground" von Norah Jones.
Die nächste Einstellung zeigt das Duo auf einer satten grünen Wiese, hinter ihnen liegt ein dicht bewachsenes Tal, umsäumt von grünen Hügeln, Manu spielt Gitarre, die beiden singen das Stück „In Montreal“ – wieder rauscht der Wind. Das Album „Eva & Manu“ ist auf einer Reise entstanden, von der seit Jahrzehnten an unzählbar vielen Küchentischen geträumt und an verrauchten Bar-Tresen geklönt wird. Quer durch Europa tingeln, mit drei Unterhosen und einer zerfledderten Ausgabe von Kerouacs „On The Road“ im Rucksack, ohne Plan, vogelfrei. Eva und Manu starteten ihre Reise zwar ohne die einschlägige Lektüre, dafür bestückt mit Kamera-Equipment.
Die gemeinsame Geschichte der beiden beginnt in einem Bostoner Club. Südfranzose Manu spricht die Finnin Eva nach einem ihrer Konzerte an. Zunächst zeigt Eva Manu die kalte Schulter: „Sie hielt mich für einen Idioten mit dürftigem Anmach-Repertoire.“ Letztlich kann sein französischer Charme doch überzeugen. Die Entscheidung zur Reise fällt innerhalb eines einzigen Tages auf dem südfranzösischen Hof von Manus Vater. Mit „On The Road“ hat die „Travel in Music“-Idee der beiden dann aber doch nicht so viel zu tun: Denn die Neo-Hippies trugen in bester Hipster-Manier nicht wanderfähiges Schuhwerk, sondern trendige Chucks, die Zwischenstopps im Camper planten sie per Smartphone, Musik aus dem iPod ersetzte Vogelgezwitscher. Vom charakteristischen Outlawtum sind beide also weit entfernt – von ausschweifendem Sex, bewusstseinserweiternden Drugs und wildem Rock’n’Roll offenbar auch: „Wir wollten die Reise kreativ voll ausschöpfen – das Ziel war es, jede Woche mindestens einen Song aufzunehmen.“
Von regionalen Einflüssen ist auf den neun Stücken aus Evas und Manus musikalischem Reisetagebuch wenig zu spüren – besonders wenn man sich an den Europatrip des Amerikaners Beirut erinnert, der sich 2006 auf einem Album voll wilder Trompetenchöre, Balkan-Beats und einer Liebesbezeugung an den Rhein entlud. Nun ist es eben nicht leicht, Alltag und Arbeit zu teilen, schon gar nicht, wenn dies auf engstem Raum geschieht. In ihren Stücken lassen sich die beiden von ihrer Beziehung inspirieren. „Wir wollten nur über Dinge schreiben, die wir auch wirklich erlebt haben. Es war nicht einfach unterwegs, man ist aufeinander angewiesen und hat relativ wenig Kontakt nach außen.“
So sind in fünf Monaten puristische Songs entstanden. Empfindsamer New Folk, unaufgeregt, zerbrechlich, etwas naiv. Gitarre und Harmoniegesang bestimmen das Album, süßlich gluckern die Songs dahin, selbst das eigentlich saftige Black-Keys-Stück „Lonely Man“ interpretiert das Duo als zärtliche Ballade. Dabei haben Eva und Manu unterwegs durchaus auch aufregende Episoden erlebt: „Auf einer Farm in den Pyrenäen haben wir einen Typen getroffen, der als Tier-Detektiv arbeitet. Er wird von Organisationen wie Amnesty Intertional gebucht und observiert Leute, die Tiere quälen. Der hatte ein unglaubliches Sammelsurium an Gerätschaften, Nachtsichtkameras und lauter verrücktem Kram. Und er hatte unheimlich spannende Geschichten auf Lager.“ Skurriler Stoff für die nächste Platte.