EU vs. Wutbürger 1:0
Kick out the jams – nun ist es so weit, die deutsche Regierung und der deutsche Bundestag entscheiden in den letzten Wochen des Jahres 2012 ganz konkret über Griechenlands Schicksal. Auch liegt nun offen zutage: Die Deutschen stehen milliardenhoch für Griechenland ein, wenn dieser Staat bankrottgeht. Als sei Hellas ein deutsches Bundesland. Und das ist nur der erste Ernstfall, weitere werden folgen. Haben wir das gewollt? Wie konnte es dazu kommen? In diesen Wochen beschleicht einen das Gefühl, in einem Auto zu sitzen, dessen Gaspedal festklemmt. Ja, es ist ernst mit Europa, kein Feiertagsgerede mehr. Vollgas oder rechts ran an den nächsten Baum, das scheint die Alternative zu sein. Vorwärts zum halbwegs souveränen europäischen Staat oder – ja was? Ein Zurück zur nationalen Souveränität, erklären uns Politiker egal welcher Partei, sei längst nicht mehr drin. Ein Hängen und Würgen aber irgendwo dazwischen – zwischen einem „Europa der Vaterländer“ und einem „europäischen Reich“ – ist auch keine Lösung. Es wäre Krise und Ausnahmezustand in Permanenz.
Es stimmt, wir wurden nie gefragt – niemals stand explizit der Weg in die europäische Transfer- und letztlich Staatsunion zu irgendeiner Wahl. Seit Langem werden deutsche Wahlkämpfe auf Nebenschauplätzen geführt. Das ist die Ursünde der Politiker. Aber es stimmt auch, wir haben sie nie gezwungen, uns zu fragen. Das ist unsere Ursünde. Vielleicht sollten wir im neuen Jahr Buße tun. Es ist nie zu spät.
Wolfgang Büscher ist Buchautor („Hartland“) und Chefreporter der „Welt“-Gruppe