Ethan Johns, Placebo, Tracy Chapman – Die Alben der Woche vom 27. November
„Greatest Hits“ von Tracy Chapman, „Unplugged“-Songs von Placebo und Americana mit einer Britfolk-Seele auf „Silver Liner“ von Ethan Johns: Die Alben der Woche vom 27. November
Album der Woche
Ethan Johns – „Silver Liner“
Er hat sich nie als klassischen Produzenten verstanden. Er war einfach dabei, um Dinge zu ermöglichen: für Ryan Adams, Laura Marling, Paul McCartney etc. pp. Endlich auf der anderen Studioseite angekommen erachtet Ethan Johns es jedenfalls für notwendig, Kontrolle abzugeben: An Papa Glyn, der vor drei Jahren „If Not Now, Then When?“ mixte; an Adams, der zuletzt den Akustikrohbau der Konzeptfiktion „The Reckoning“ vollendete.
Für sein drittes Soloalbum hat Johns die Versuchsanordnung erneut geändert. Zehn Studiotage, 16 Spuren, eine Band mit Bassist Nick Pini, Drummer Jeremy Stacey (der dann abmischen durfte) und – ta-dah! – der britischen Pedal-Steel-Legende B. J. Cole. Mittendrin setzt sich Johns auch mal solo ans Klavier, tastend im Wortsinn, um einer „sweet lady of the darkness“ zu sanftem Streicherschwung „It Won’t Always Be That Way“ zu versprechen.
„Silver Liner“ ist ein Album, das nicht wissen muss, wo Americana anfängt und wo Britfolk aufhört. Es sei denn, Nick Drake sitzt Johns direkt auf der Schulter und flüstert ihm „fleeting beauty, time is grief“ ein, im exquisiten „Dark Fire“. Den transatlantischen Brückenschlag „The Sun Hardly Rises“ versieht Cole mit glühendem Country-Touch. Bevor die Ode auf die arme „Juanita“ weiter Richtung Border zieht, wo Gillian Welch und Bernie Leadon warten. „Open Your Window“ ist aus der Zeit gefallener, zunehmend entgrenzter Folkrock eines ratlosen, aber nicht verbiesterten Kulturpessimisten. Wurde die Parole „It’s party time!“ je verächtlicher ausgegeben? Seinem Unbehagen an der Moderne wirft Johns sonst einfach aus der Küche ein fröhliches „I Don’t Mind“ entgegen, so als hätte Mutti gerade noch einmal Schokokuchen serviert.
Schließlich finden im erlösten „I’m Coming Home“ Gesangslinie und Fingerpicking-Motiv zusammen wie zwei Menschen, die einander lange fehlten und sich nun gegenseitig wieder ertasten. Spätestens da ist die unglückliche Neil-Young-Mimikry des Titelsongs zum Auftakt vergessen.
(Jörg Feyer, ROLLING STONE 12/2015)
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Mit Stücken wie „Telling Stories“, „Change“ und „Fast Car“ ist es für Tracy Chapman auf jeden Fall legitim, eine „Greatest Hits“-Platte auf den Markt zu bringen: Sie schreibt einfach große Lieder. So weit nach oben denken Fraktus nicht. Humor und Quatsch-Techno hin oder her, unserem Rezensenten jedenfalls liegen Songs wie „Saugetücher“ teilweise in sehr weiter Entfernung zum guten Geschmack. Ganz unelektronisch haben sich Placebo an die neue Platte gewagt. Klar, ist ja auch ein „MTV Unplugged“ – und ein Geburtstagsgeschenk zum 20-jährigen Bestehen der Band. So lange sind Go March noch nicht unterwegs. Ihr selbstbetiteltes Debüt packen die Antwerpener ebenfalls an diesem Freitag auf die Plattenteller. Vielleicht gibts bald Nachschlag.
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