ESC 2024: Aufgeheizte Stimmung in Malmö

Israel bleibt Eröffnungsfeier fern. Lokale Experten setzen auf Polizei-Präsenz und Deeskalation.

Jahrzehntelang war der European Sound Contest ein lustiger Gesangswettbewerb des Mainstream-Pop. Mal euphorisch gefeiert, mal milde belächelt ging es um seltsame Kostüme oder Song-Kreationen. Um „Zero Points“ für Deutschland und osteuropäischen Schlager-Techno. Daran hat sich im Grunde nicht viel geändert. Und doch ist im 68. Jahr des ESC alles anders.

Schon im April haben Demonstranten in Malmö den Ausschluss Israels wegen dem anhaltenden Krieg in Gaza gefordert. Dementsprechend aufgeheizt ist weiterhin die Stimmung in der Stadt.

Die schwedische Boulevardzeitung „Aftonbladet“ berichtet, dass die israelische Delegation angewiesen wurde, nur an offiziellen Veranstaltungen wie den Proben und dem Wettbewerb selbst teilzunehmen. Sängerin Eden Golan stand auch nicht auf dem türkisfarbenen ESC-Teppich, als die Contest-Woche in Malmö Montagabend (06. Mai) offiziell eröffnet wurde. Der Grund: Die Feierlichkeiten fielen mit dem Jom Haschoa zusammen, dem israelischen Gedenktag für die Opfer des Holocausts. Offenbar wollte man das Gedenken nicht mit Bildern von Anti-Israel-Protesten verbinden.

Wie dramatisch die Ausrichter die Lage mittlerweile einschätzen, zeigt sich auch daran, dass Golan unter dem Schutz des israelischen Geheimdienstes Shin Bet steht. Die 20-jährige soll ihr Hotel auch nur für Proben, Auftritte und Pressetermine verlassen dürfen – zu gefährlich sei die Lage für sie.

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Laut lokaler Experten hat speziell Malmö ein Problem mit Antisemitismus. Sichtbar wurde das mit Ausbruch des Krieges in Israel und Gaza. Lange Auto-Korsos fuhren durch die Stadt und feierten nach den mörderischen Angriffen der Hamas. Nach dem Einmarsch in Gaza gab es viele Demonstrationen gegen Israel. Zum Tage des Finales werden zu pro-palästinensischen und auch pro-israelische Kundgegbungen mit tausenden Teilnehmern erwartet.

Malmö sei eine kompakte Stadt. „Man kann das Problem also auf der Straße sehen, was man in Stockholm oder Göteborg nicht so sehr kann“, sagt Björn Westerström, Forscher eines Projekts gegen Antisemitismus gegenüber der dpa. Die südschwedische Stadt hat rund 360.000 Einwohner, darunter viele mit palästinensischer oder arabischer Abstammung. Israelfeindliche und schnell auch judenfeindliche Stimmung ginge nicht zwingend von bestimmten Personengruppen aus. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen engagierten sich. „Sie sehen den Antisemitismus nicht. Sie sind so eingenommen, dass sie den Hass, den sie benutzen, nicht erkennen.“

Polizei in Malmö schwerbewaffnet

Polizeichefin Petra Stenkulla will ihre Polizistin mit „schwereren Waffen“ ausstatten. Das seien die Menschen in Schweden und Malmö zwar nicht gewohnt, die Polizei müsse aber „Vorsichtsmaßnahmen ergreifen“, um auf einen „schwerwiegenden Zwischenfall“ vorbereitet zu sein. In Dänemark und Norwegen wurde Verstärkung angefordert. Eine öffentliche ESC-Party im Umfeld der Finals wurde abgesagt.

Die Entwicklung vor Ort treffen auf eine nüchtern daherkommende Europa-Studie der privaten Statistik-Organisation YouGov in den acht europäischen Ländern Deutschland, Schweiz, Frankreich, Italien, Spanien, Schweden, Dänemark sowie im Vereinigten Königreich. Am vehementesten sprechen sich demnach die Briten gegen die Teilnahme Israels aus – 59 Prozent der Befragten. In Spanien sagen 56 Prozent, dass Israel nicht teilnehmen dürfen sollte, in Schweden und Dänemark wenden sich jeweils 53 Prozent gegen eine Teilnahme Israels. Unter allen acht befragten europäischen Ländern ist der Ablehnungswert in Deutschland mit etwa 40 Prozent der geringste. In Schweden nennen wiederum 65 Prozent das Vorgehen in Gaza als Grund für die Ablehnung, in Spanien sind es 60 Prozent, in Dänemark und Italien jeweils 47 Prozent.

Die Europäische Rundfunkunion (EBU) bliebt weiterhin bei ihrem Diktum, dass der ESC eine unpolitische Veranstaltung sei. Fernab der Musik driftet die Malmö-Sause in eine komplett entgegensetze Richtung.

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