ESC 2023 live: Wie Liverpool ist der Song Contest?
Das erste Voting trägt zehn Siegerländer von Moldau bis Portugal ins Finale. Die Eröffnungsgala setzt auf lokale Helden wie Lightning Seeds und Frankie Goes To Hollywood.
ROLLING STONE berichtet für Sie aus Liverpool.
Die ersten Entscheidungen beim Eurovision Song Contest (ESC) in der Beatles-Heimatstadt Liverpool sind gefallen. Acts aus 15 Ländern sind am Dienstagabend (09. Mai) beim Halbfinale angetreten. Zehn kommen nun weiter: Kroatien, Moldau, Schweiz, Finnland, Tschechien, Israel, Portugal, Schweden, Serbien und Norwegen.
Sie treffen beim Finale am Samstag (13. Mai) auf die Sieger der zweiten Halbfinals (11. Mai) sowie auf die gesetzten Beiträge aus den „großen Nationen“ der European Broadcasting Union (EBU), die den ESC zum 67. Mal ausrichtet. Darunter sind auch die Metal-Band-Darsteller Lord Of The Lost aus Deutschland.
Die Tendenz der vergangenen Jahre zur Mega-Inszenierung setzte sich fort. Helene Fischer trifft auf Las Vegas trifft auf Cirque de Soleil. Die schnelle Abfolge von Länder-Info-Einspielern sowie schriller Bühnenkluft, Tanz-Choreos und Pyro-Effekten geriet schon wie zur eigentlichen Attraktion des Wettsingens.
Zum allgemeinen Pathos-Gebolze kam noch der Schulterschluss mit dem „eigentlichen Ausrichter“ des ESC, die Ukraine.
(Symbolische) Solidarität mit der Ukraine
2022 hatte bekannt die Band Kalush Orchestra um Leadsänger Oleh Psiuk den Contest gewonnen. Wegen der anhaltenden Kriegs-Situation wurde schließlich Liverpool der Ausrichtungsort übertragen. Dort symbolisierte man SOLIDARITÄT mit allgegenwärtiger blau-gelber Flaggen- und Licht-Symbolik in der gesamten Stadt. Dazu Freikarten für 3000 Flüchtlinge und hunderte Teenagern mit folkloristischem Ukraine-Blumen-Haarschmuck in der Eingangsschlange. Nennt man das Pop und Politik?
Bei der künstlerischen Darbietung flog fast schon konsequent die Pop-Rock-Hymne „We Are One“ von Wild Youth raus. Das irische Gitarren-Bass-Drums-Quartett servierte eine Art Zwischensumme von U2, Coldplay und The Killers. In diesem Umfeld nicht ministrabel. Auch das Duo Mia Nicolai & Dion Cooper aus den Niederlanden konnte mit dem Neo-Chanson-artigen „Burning Daylight“ nicht gegen das spektakuläre Musical-Geballer anstinken.
Das ROLLING-STONE-Team schaute sowohl bei der vielumjubelten Open-Air-Gala vor der historischen Hafenkulisse Liverpools als auch bei der Generalprobe der ersten Entscheidung am 08. Mai in der M&S Bank-Arena vorbei. Die moderne Riesenhalle liegt ebenfalls direkt am Mersey, den einst Garry & The Pacemakers mit ihrer melancholischen Fähren-Beat-Ballade besangen.
Gute Stimmung in Liverpool
In der ganzen Innenstadt herrschte bei aller Ukraine-Seeligkeit beste Bierlaune. Schon in der Deko war zu spüren, dass die Feder führende BBC und die Liverpooler Veranstalter auch das große musikalische Erbe der Stadt in das ESC-Spektakel einbringen wollten.
Am Sonntagabend drängten Zehntausende zur historischen Hafenfront und es hätte niemanden gewundert, wenn Paul McCartney höchstpersönlich eine Hommage an seine Heimatstadt kredenzt hätte. So blieb es bei allerlei Lokal-Kolorit mit „Scousers“-Witzen über die Eigenwilligkeit der Merseyside-Bewohner.
Als dann an angegrauter Ian Broudie mit süffisantem Rundumblick einige Lightning-Seeds-Schmankerl spielte, kochte die gut angetankte Masse. Der eigentliche Höhepunkt: Holly Johnson mit den verbleibenden Frankie Goes To Hollywood. Alle ganz in Weiß. Doch wer auf „Two Tribes“ oder gar „Relax“ gewartet hat, wurde enttäuscht. Es gab dann doch nur „Welcome To The Pleasuredome“. Man munkelte von Rechtsstreiterein im Vorfeld. Plötzlich war der ESC dann wieder sehr Popbiz.