Es muß nicht immer LSD sein
Indien ist ihr Schicksal. „Wir sind ja nicht im Supermarkt – eine Portion Historie hier, ein Kilo Bräuche da“, entgegnet Kula Shakers Sänger Crispian Mills auf den Einwurf, ob man nicht auch mal andere Kulturen erforschen wolle; die Inkas z. B. „Wir haben uns das nicht gezielt ausgesucht Das hat sich halt durch Gespräche, Bekanntschaften, Reisen ergeben, schon von frühester Kindheit an.“
Und so klingt auf JPeasanls, Pigs And Astronaut*“, dem neuen Album der vier Engländer, alles noch viel mehr nach achtarmigen Göttern, 12jährigen Göttinnen und heiligen Kühen. Was Kula Shaker als Clubband auf ihrem Debüt „/[„bislang nur ansatzweise gelang, soll jetzt bis zur Perfektion durchgezogen werden – die Verbindung von Acidrock-Sounds mit indischen Folk-Traditionals. Die tragen dann Namen wie „Namami Nanda-Nandana“, was nicht nur den Spott von Produzent Bob Ezrin hervorrief, der sich täglich neue Vferbailhomungen des Titels ausdachte. Mah-na Mah-na— Als Produzent erwies sich Mr. Ezrin jedoch als absoluter Glücksgriff. Der Mann, dessen Lebenslauf Pink Floyds „The #6J7″geschichtsträchtig machte, hatte ganze acht Jahre lang kein Studio mehr betreten und war inzwischen im Internet abgetaucht. Ihren vorherigen UK-Top-3-Hit „Sound Of Drums“ hatten Kula Shaker mit Rick Rubin Es muß nicht immer LSD sein LUTJ und George Drakouhas aufgenommen. „Aber die wollten partout nicht für eine ganze LP nach England kommen, außerdem gab es Ego-Clashes zwischen den beiden.“ Crispian grinst: „Und überhaupt: Wenn die zwei Dikkerchen sich im Kontrollraum breitmachen, bleibt für uns Zwerge sowieso nur Platz im Flur.“ Das Hausboot, auf dem sich das Studio befand, hätte unter der Last der Producer-Wänste gar Schlagseite bekommen können – eine Horrorvision für die seit langem in das Boot vernarrten Musiker.
Schlagzeuger „Madman“ Paul: „Ab Crispian und ich uns kennenlernten, da schlichen wir immer zum Fluß und schauten mit großen Augen zu diesem Hausboot hinüber, das dank des Studios sein besonderes Faszinosum besaß…“ So Istart a revmution front my boat…
Kula Shaker sind gottlob nicht Killingjoke. In „Great Hosannah“ tönen sie zwar von einer neuen Welt und von Aufbruch, meinen damit aber ein Eintauchen ins Innere. Anstöße von außen an sich ranzulassen no way Daher immer wieder gern zitiert: D. H. Lawrence und seine „Revolution for fun“. „Das Land ist wild und ungezähmt.“ Schon ist Crispian wieder in Indien. „Was die Leute dort aus einem kleinen Bambusstöckchen für eine Magie zaubern können— Ein paar Löcher reingebohrt, und sie spielen wie Götter darauf. Da will doch keiner mehr sehen, wie Kaninchen aus einem Hut gezaubert werden.“
Auch Paul hat entdeckt, daß das Land, das England den Tee kredenzte, ein Quell unglaublicher Geschichten ist. „Es war am Fuße des Himalaja, da stürmte dieser Typ auf meine Freunde zu. Er schwenkte eine Kassette in der Luft rum und begann, unseren Song ,Godvinda‘ zu krähen. ,Eine Band aus England, nicht zu fassen.‘ Ich stand nur wenige Meter von ihm entfernt!“ „Die klassische Musik Indiens hat weniger Einfluß als die aus der Folkssene,“ nuschelt Crispian, „Klassik ist dort wie Wissenschaft. Folk hingegen kommt direkt aus dem Herzen.“ – Aber bitte Finger weg von deutscher Volksmusik! – „Klar. Wir kennen den Lederhosen-Horror!“