Erykah Badu – Baduizm
Nicht jede Sängerin traut sich, gleich mit ihrem ersten Album eine eigene Lehre zu begründen. Erica Wright, ehemalige Schauspielstudentin und Lehrerin aus Dallas in Texas, war so mutig und wirkte dabei überhaupt nicht vermessen. Auf dem Albumcover ist keine lexikonreife Definition für den Begriff abgedruckt, aber man braucht keine ausgeprägte Fantasie, um zu erahnen, was sie unter „Baduismus“ versteht. Ihr geht es um Betonung von Ursprünglichkeit, die eine Besinnung auf afrikanische Wurzeln und die Wiederbelebung einer spartanischen Jazz-Ästhetik mit einschließt. Auf Basis dieser Grundpfeiler entwickelte die sich nun Erykah Badu nennende Dame einen unaufdringlichen, aber sehr überzeugenden neuen Soul-Entwurf, der aus dem Stand angenommen wurde. Geplant war das nicht, denn als dieses Album 1997 erschien, wurde dasselbe musikalische Feld noch von den Whitneys, Toni Braxtons und En Vogues dieser Welt beherrscht. Dagegen konnte Badu unmöglich ankommen, dachte man. Alles an dieser Frau erschien anders, für das Rampenlicht viel zu natürlich. Ihr verträumter Gesang erinnerte an Billie Holiday, duftete stark nach Kräutertee und Weihrauch und klang durch Benutzung entspannter elektronischer Beats und computergenerierter Sounds trotz der dominierenden Blickrichtung zurück auch zeitgemäß. Vom Wesen her war Badu von einer rätselhaften und zutiefst weiblichen Aura umweht. Doch siehe da: Das alles kam genau zum richtigen Zeitpunkt, das Interesse
an ihrer Musik war sofort riesengroß. Anstatt nach ihrem gefeierten Debüt gleich kühl kalkuliert den nächsten Karriereschritt anzuvisieren, zog sich die Sängerin erst einmal ins Privatleben zurück und widmete sich ihrem neugeborenen Sohn. Als sie im Jahr 2000 mit „Mama’s Gun“ zurückkehrte, gab sich die alleinerziehende Mutter keck und konfrontativ, auch ihrem ehemaligen Partner Andre Benjamin von Outkast gegenüber. Der Baduismus hatte eine neue, kämpferische Dimension erreicht. Was nicht überraschte, denn schon in „Certainly“ sang sie: „The world is mine, when I wake up I don’t need nobody telling me the time.“ Der Einfluss des Debüts hallte auch sonst unaufhörlich nach. Jill Scott und India. Arie bedienten sich ebenso bei Badu wie die HipHop-Acts The Roots und Common oder der Dance-Produzent King Britt. Der Erfinderin war es recht. Baduismus bedeutet nicht zuletzt die Zurückstellung eigener Interessen im Sinne des Gemeinschaftsgefühls.