Erinnerung statt Anarchie
Punk Stories
von Thomas Kraft, Alexander Müller und Arne Rautenberg (Hg.)
„Punk rock died when the first kid said/ Punk’s not dead“, haben die Silver Jews mal gesungen. Aber in der Erinnerung scheint dieses ja eigentlich nicht unbedingt ob der Nostalgie seiner Protagonisten berühmt und berüchtigt gewordene Genre durchaus weiterzuleben. Insgesamt 56 Autoren aus Literatur, Feuilleton und Subkultur beschwören für den Sammelband „Punk Stories“ noch einmal – wie es im Vorwort heißt -„die Energie des Punk“.
Kathrin Röggla erklärt beispielsweise, wie sehr ihr der Großsprecher Mark E. Smith aus der Seele grantelt, schreibt aber trotzdem weiterhin alles klein, die Lyrikerin Lydia Daher nähert sich angemessen schnoddrig den Ramones an, Lutz Seiler berichtet amüsant von einer aus dem Ruder gelaufenen Lesung mit den DDR-Punks Herbst in Peking, Peter Wawerzinek schließt seinen Gedankenstrom mit Brigade S kurz.
Gespuckt, gekratzt und geschrien wird nicht in diesen Geschichten, kein Satz liegt in Scherben, kein Wort geht in Flammen auf. Franzobel formuliert in einem wunderbar lakonischen Text über die Wirkung von Billy Braggs (o.) „New England“ in Oberösterreich das nicht besonders heimliche Motto dieser unterhaltsamen Sammlung: „Ab einem gewissen Alter ist des Leben wie ein Spiegel, man entdeckt nichts Neues, erinnert sich und blickt zurück.“ Da scheinen sich Punks nicht wesentlich von alten Rockern zu unterscheiden. mb