Eric Burdon – Berlin, Columbiahalle
Eric brüllt Vokalakrobatik gehörte ja nie zu seinen bevorzugten Disziplinen, aber er hatte doch, verdammt noch mal, ein paar Nuancen drauf. Er konnte röhren und röcheln, leisere Töne anschlagen oder seine Stimmbänder schwarz färben. Newcastle war eine pulsierende Hafenstadt, ein Schmelztiegel unterschiedlichster Kulturen, als Klein-Eric entdeckte, daß er mit dem Mund musikmachen konnte. Jazz, Blues, Rock’n’Roll, Pop, alles wird absorbiert, alles mit Eifer und Elan in Besitz genommen. Die frühen Animals-Aufhahmen legen Zeugnis davon ab. Burdons Phrasierungskünste waren limitiert, doch machte er das mehr als wett durch seine zupackende Art und ein eher intuitives Verständnis schwarzer Traditionen. Kurzum, Eric sang.
Jetzt brüllt er nur noch. Und es ist nicht einmal gut gebrüllt Wenn die Luft knapp wird, kommt da nur noch ein angestrengtes Krächzen. Eine erschreckend unmusikalische Maloche, mit einer Band aus Muckern. Aynsley Dunbar scheint sich wenigstens seinen Humor bewahrt zu haben, denn er schenkt uns ein Schlagzeug-Solo. Ach, die schönen Erinnerungen! An Schlamm, schlechtes Essen und die völlige Absenz von Scheißhäusern.
Das waren noch Festivals. Soli ohne Ende. Schade, daß Burdon selbst so wenig auf Nostalgie setzt „It’s My Life“ wird zerstampft, „Good Times“ sinnlos zerdehnt, und selbst das doch so nostalgietaugliche „When I Was Young“ in Holzhammer-Manier durchgeprügelt Den Tiefpunkt markiert Sam Cookes „Bring It On Home To Me“, das Burdon zu einer Art Talking-Blues über Privates und Politik degradiert. Der Refrain wird, genau, gebrüllt Böse kann man Burdon indes nicht sein. Der Mann ist eine tragische Figur. Unvergesslich, wie ihn Roger Willemsen, diese fleischgewordene Beflissenheit, als den Komponisten von „House Of The Rising Sun“ und „Don’t Let Me Be Misunderstood“ vorstellte, und der perplexe Eric verlegen grinste, aber nicht den Anstand aufbrachte, an Ort und Stelle zu dementieren. Ähnlich peinlich ging es dann bei Harald Schmidt zu, dem wahrscheinlich einzigen Menschen auf dem Globus, der mit Rock’n’Roll noch weniger am Hut hat als Willemsen.
In der proppevollen Columbiahalle werden Zugaben gefordert. Und von Eric Burdon prompt gebrüllt. I gotta get out of this place.