Entweder/Oder mit Alanis Morissette
Gewohnt gegenläufig: Alanis Morissette mag ihre Schokolade mit Salz, den Kaffee mit Panik und findet den Herbst besser als den Frühling. Am Freitag kommt ihr neues Album "Havoc And Bright Lights" - wir trafen sie zum Entweder/Oder-Interview.
Alanis Morissette hat nach einer Zeit im Mutterschutz ein neues Album aufgenommen, auf dem so ziemlich alles geht, was in der Diskografie der Kanadierin bislang zu hören war. Pop-rock mit harten Gitarren, Selbsterfahrungslieder, gelegentlich Beats und Synthies: „Havoc And Bright Lights“ ist Alanis Morissette auf einen Blick. Auch beim folgenden Entweder/Oder kommt zur Sprache, wofür wir die Künstlerin kennen.
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Süß oder sauer?
Die Kombination, bitte. Ich bin dunkle Schokolade mit Salz, süße Suppe mit Zitronengras. Die Vorstellung, vollständig zu sein, ist mir viel wichtiger, als für ein gutes Mädchen gehalten zu werden.
Frühling oder Herbst?
Herbst. Ich kann lockere Schals und Pullover anziehen, alles ist romantischer. Frühling in Kanada heißt für mich: überall Schneematsch.
E-Moll oder G-Dur?
E-Moll. Akkorde sind für mich wie Farben – ich mag die dunklen, gemischten, etwas komplizierteren. Lieder wie „You Learn“ sind rot oder gelb, Lieder wie „Uninvited“ dagegen braun oder violett. Ich erlebe diese Dinge sehr intensiv; als ich verstanden habe, dass etwa zwanzig Prozent der Menschen hypersensibel auf Sinnesreize reagieren, wusste ich, dass ich dazugehöre – das empfinde ich als Ehre. Wir sind normalerweise die Philosophen und Künstler und leider zu selten in Führungspositionen. Wenn mehr Künstler und Philosophen das Sagen hätten, wäre die Welt ein besser riechender und um einiges lustigerer Ort.
Führen oder folgen?
Führen. Ich bin mit einer solchen Rolle geboren worden, ob ich es will oder nicht. Für meine Freunde bin ich oft die ältere Schwester oder die weibliche Kraft in ihrem Leben. Ich bin gern der Boss und sorge gern dafür, dass es allen gut geht.
Schwarz oder Weiß?
Schwarz. Ich denke an den Edelstein Onyx, mit dem ich gerade ein Schmuckstück gemacht habe – schwarzer Schmuck erdet mich.
Kaffee oder Tee?
Seit ich Mutter bin, auf jeden Fall Kaffee. Früher habe ich keinen getrunken, weil ich Angstzustände bekam. Heute bin ich lieber einbisschen panisch, als am Steuer einzuschlafen.
Allein oder zusammen?
Mein Ideal ist: allein und leise.
Glaube oder Zufall?
Natürlich Glaube. Für mich ist es eine zentrale Vorstellung, dass wir geistliche Wesen sind, die nur für eine Weile die menschliche Form annehmen. Aber ich bin auch extrem dankbar für viele Dinge – für meinen Körper, der mich hier sein lässt, für meine Stimme, mit der ich so viel machen kann, sogar für meine Haare, die ich wie eine Schutzdecke vor mich hängen kann – es wäre für mich ein extrem arroganter Akt, über all diese Dinge nicht zu einem spirituellen Menschen zu werden.
Lennon oder McCartney?
Lennon! Er war violett, McCartney gelb. Gelb ist fürs Volk, Violett für die Tiefe, für den Phönix, der aus der Asche steigt. Ich bin besessen von Leuten, die etwas erlebt haben, die mutig sein mussten – in deren Augen ist Weisheit und Kraft, die man braucht, um sich hingeben und Intimität zulassen zu können. Solche Leute braucht unser Planet.