Entweder/Oder – Ingrid Michaelson

Eigentlich müsste Ingrid Michaelson beleidigt sein. In der Öffentlichkeit wird die New Yorkerin vor allem als eine Art Amazone der Musikindustrie wahrgenommen, weil sie bis heute daheim bei keinem Label unterschrieben hat, sondern alles selbst macht. Weil sie ihre Lieder in Werbespots, bei „Grey’s Anatomy“ und auf dem Soundtrack zu „Sex And The City“ untergebracht hat, alles ohne die Crossmarketing-Spezialisten der Industrie. Da also alle über ihren Geschäftssinn, nicht aber über ihre Musik sprechen, müsste Michaelson beleidigt sein. Aber sie ist es nicht. „Mir ist das ganz egal. Hauptsache, möglichst viele Leute hören meine Musik. Ich habe nichts gegen Labels, aber ich brauche keins. Und ich habe auch nichts gegen Werbung, wenn sie mir Gehör verschafft.“

ENTWEDER/ODER Dem guten Händchen tür das Wirtschaftliche steht bei Michaelson eine Kindheit gegenüber, in der es viel um die Künste ging. Der Vater, ein Schwede, schreibt klassische Chorsätze, die Mutter ist Bildhauerin und leitet auf Staten Island ein Museum. Gute Voraussetzungen für die gehaltvolle Popmusik der Tochter, die nicht auf Biegen und Brechen besonders sein will. Aber es auf ihrem Debütalbum „Girls And Boys“ wegen der zurückhaltenden, bei aller Anschmiegsamkeit distanzierten Art dann eben doch ist. So ähnlich klingen auch die Antworten auf unser Entweder/Oder-Spiel, GIRLS OR BOYS?

Girls. Warum, sage ich nicht.

STADT ODER LAND?

Theoretisch natürlich das Land, weil man da zur Ruhe kommt. Aber in Wirklichkeit halte ich es nicht lange aus, nicht in der Stadt zu sein. Alles in mir geht in Richtung Bewegung, Aktivität. Kürzlich war ich mit einer Freundin in Irland zum Urlaubmachen. Ehrlich gesagt: Es war schrecklich. Ich weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll, wenn ich nicht irgendwas erledige und mich stattdessen einfach entspannen soll.

FRÜHLING ODER HERBST?

Herbst. Ich liebe kalte, klare Luft, sie erleichtert mir das Denken. Meinetwegen kannst du darin eine Parallele zu meinem Charakter erkennen — ich liebe Ordnung, Klarheit und Kontrolle.

SHAKESPEARE ODER DICKENS?

Ich habe ja Schauspielerei studiert, und da begegnete mir Shakespeare öfter als Dickens. Gerade bei Shakespeare schlüpft man ja in sehr starke, von einem selbst weit entfernte Charaktere. Ich habe durch die Schauspielerei viel gelernt – ich bin sehr sicher auf der Bühne, habe keine Angst vorm Publikum. Und doch ist die Rolle als Sängerin anders, weil du dich INGRID MICHAELSON verletzlich machst – du bist ja du selbst, kein fiktiver Charakter. Daran müsste ich mich am Anfang gewöhnen.

LENNON ODER McCARTNEY?

John Lennon wurde an meinem ersten Geburtstag erschossen. Meine Eltern haben mir das immer wieder erzählt – für meinen Vater war Lennon sehr wichtig, zu Hause gab es nur Bach und die Beatles. Ich habe also diese seltsame, unheilvoile Verbindung mit John Lennon, deshalb muss ich ihn McCartney vorziehen.

„PIPER AT THE GATES OF DAWN“ ODER „DARK SIDE OF THE MOON“?

Ich mag Pink Floyd nicht.

GRÜN ODER ROT?

Soll ich dir mal eine seltsame Geschichte erzählen? Als ich klein war und meine ersten Bilder malte, müsste ich immer irgendetwas grün machen. Das Bild war vorher nicht fertig, es war ein bisschen zwanghaft. Wie ein verbindendes Element oder so. Ich schätze, es gibt so etwas auch in meiner Musik – ich suche etwas Organisches, etwas, das den Song durchfließt. Vorher ist er nicht fertig.

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