Entweder/Oder
Van Pierszalowski ist ein Lachsfischer, das ist selten in der Musikindustrie. Vier Monate im Jahr heuert der Sänger/Gitarrist von Port O’Brien auf dem Boot seines Vaters an. Vier Monate, die offenbar ebenso Hölle wie Lebenselixier sind – Pierszalowski ringt auf „All We Could Do Was Sing“ mit seiner Identität als fisherman’s son, hasst den Sturm, die Angst, die Plackerei und die 2O-Stunden-Schichten seines Jobs, der offenbar zu den gefährlichsten der Welt gehört. Aber er liebt die klare Seele, die das Meer hervorbringt, die Ruhe in sich selbst und die Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Platte hat beides – die Wut und den Frieden, den Lärm und den (Neo-)Folk, auch das windschief Feierliche, das man bei den frühen Arcade Fire hören konnte. Van Pierszalowski geht uns in Berlin ins Netz – und macht sehr deutlich, wie stark sein Leben durch seine seltsame Arbeit geprägt ist.
Fisch oder Fleisch?
Ich bin Pesco-vegetaner. esse also kein Fleisch, wohl aber Fisch. Meine Eltern haben mich so erzogen – sie sind sehr umweltbewusste Menschen. Und die Fischindustrie in Alaska ist sehr auf Nachhaltigkeit bedacht, wenn ich vom Schiff komme, hasse ich natürlich für ein paar Wochen jeden Fisch. Aber dann kommt der Appetit wieder, vor allem auf Lachs und Heilbutt.
„Moby Dick“ oder „Der weisse Hai“?
„Der weiße Hai“. Ich bin kein großer Leser, weil ich eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne habe. Außerdem verfängt sich auf See immer mal einer dieser Riesenhaie in unserem Netz – das ist ein unglaublicher Anblick. Wir lassen sie natürlich immer wieder frei. Allerdings hätte mir Melville bestimmt auch etwas zu sagen. Ich kenne zum Beispiel dieses Zitat, “ At sea a fellow comes out. Salt water is like wine, in that respect.“ Das ist sehr wahr! Wenn man wochenlang zu viert auf einem Zehn-Meter-Boot ist. wird man ehrlich miteinander.
Angel oder Netz?
Angel. Das Arbeiten mit dem Netz ist brutal und gefährlich und unendlich anstrengend, also das absolute Gegenteil von der gemütlichen Angelroute. Ich und Cambria (Goodwin, Freundin und Band-Kollegin) haben auf Tour immer eine dabei und suchen uns einen See oder Bach, wenn wir können. Totale Entspannung.
Seasick or homesick?
So oder so sitze ich in der Falle. Wenn ich in Kalifornien bin, vermisse ich Alaska und andersrum. Wenn ich jetzt auf Tour bin, vermisse ich beides. Leider werde ich aber auch sehr leicht seekrank, was mir sehr peinlich ist. In den ersten zehn Tagen auf See helfen keine Pillen: ich kotze alles voll.
Frühling oder Herbst?
Herbst: Da komme ich aus Alaska und habe den Schrecken hinter mir. Vor mir liegen Thanksgiving, Halloween und Weihnachten. Wenn man über diesen Hügel drüber ist, kommt die Angst: nur noch fünf Monate. Ich weiß genau, dass ich nicht mehr viel Zeit habe, zu erreichen, was ich erreichen will, bis ich wieder im Meer verschwinde.
San Francisco oder L.A.?
San Francisco. Wenn ich nicht auf dem Boot bin, lebe ich auf der anderen Seite der Bucht. Nach zwei Stunden in L.A. werde ich wahnsinnig. Die Stadt ist von sich selbst besessen. San Francisco hat den Rest der Welt im Blick, hat bessere Ideen und einen besseren Vibe.