Ente gegen Mainstream
Foto von Frank Zauritz
Jede Epoche meines Lebens hatte ein eigenes Cover. Im Moment verabschiede ich mich von meiner Jugend. Die Tocotronic-Platte „Es ist egal, aber“ ist ein Denkmal dieser Zeit: Zu der Musik hab ich mit meinen Jungs in Hamburg im Keller abgehangen, wir sind auf die Konzerte gegangen und haben geglaubt, wir seien die Einzigen, die die Band richtig verstehen.
Das Cover der Platte ist das Bild dazu: Zwei Erpel, die einer weiblichen Ente hinterhertrotten. Ich habe gelesen, Stockenten stehen in der Balzzeit tatsächlich Schlange, weil es immer einen Überschuss an männlichen Enten gibt. Wir standen in den Clubs bei den hübschen Entinnen Schlange. Das verblasst langsam – es wird unscharf wie die Enten auf dem Cover.
Tocotronics kritischer Ansatz findet sich in meiner Auseinandersetzung mit dem Schauspiel, mit dem kulturindustriellen Gedöns, in dem ich vorkomme, wieder. Jede Entscheidung wird begleitet von der Frage: Wie geht das richtige Leben im falschen? Ich mag den resignativen Gestus vieler Leute nicht, die denken, man kann eh nichts ändern. Was von Tocotronic hängen geblieben ist, ist, sich zu wehren, sich zu organisieren und einen Ausgleich zu schaffen. Ich bin Attac-Mitglied geworden und versuche, Projekten die Aufmerksamkeit weiterzugeben, die meinem Beruf zukommt: Ich halte meine Fresse in die Kamera, wenn eine Sprach-und Jugendschule mit einem kritischeren Bewusstsein gegründet wird. Wenn eine Hochschulabsolventin einen Kurzfilm über den Brechmitteleinsatz der Bremer und Hamburger Polizei dreht, spiel ich den Cop, der einem Schwarzen die Schläuche in den Hals steckt. Natürlich finde ich auch im Mainstream statt, aber ich möchte das Spektakel, das Feuerwerk nutzen wie ein Trojanisches Pferd.