Eminem – Hamburg, Sporthalle
Shit, ist das voll. Lauter Pubertierende in Schlabberhosen und T-Shirt, fuck, aber was hatte man erwartet? Die paar Erwachsenen in der Halle sind Berichterstatter und Angestellte von Plattenfirmen, die den Max machen und mit ihren Bändern um den Hals wichtig herumstehen. Motherfuckers allesamt. What, wer steht da auf der Bühne? Eine Horde wilder Männer brüllt immerzu „Fuck you!“ und bewirbt eine Platte namens „Stankonia“. Wo ist die Gitarre? Outkast heißen die und haben gerade einen Hit. Die Buschmänner sucken. Dann verschwinden sie endlich.
Fuck, das Licht geht an. Ich bin der älteste Mensch in der Halle. Neben mir wippen zwei Eminem-Doppelgänger mit blondgefarbten Haaren, vielleicht 15, wie betäubt hin und her. Kinder mit Bierbechern torkeln die Treppe hinauf. Ein Mädchen lächelt mich beim Hinausgehen lange an. Sie bemitleidet mich. Ich bin alt. Ich trage ein schwarzes Hemd. Ich leide. Aber shit, da kommt der Wigger! Indie-Wigger! Hey! Der hat einen Scheitel, der muthafttcka. Und dort, die Wiekhof, die ist älter als ich. „Fuck you!“ ruft sie, und ich entgegne „Fuck you, too!“ Alles bullshit hier, knowwhatl’msay’mi Und dann wird über der Bühne die Videowand herausgeschoben, und eine Art „Blair Witch Project“ beginnt. Am Ende der Kamerafahrt ist ein Raum erreicht, in dem die Wände mit „My name is…“ vollgeschmiert sind. Dann gibt es kein Halten mehr. Der Vorhang fallt, Slim Shady kommt mit Kettensäge und Maske. Er hat sein Haus mitgebracht. Eminems Rache! Im Dachstuhl steht der DJ und dudelt die Soundtracks. Auf der Bühne wuseln Shadys Freunde von d-12 umher. Aber seltsam: Gar nichts wirkt hier bedrohlich oder gewalttätig – es ist Kindergeburtstag, Geisterbahn, Kaspertheater. Die Jungs brüllen „Suck my dick!“, die Mädchen kreischen „Fuck you, asshole!“. Alle freuen sich. Slim Shady legt sich mit dem DJ an, der dem Publikum nicht sagen will, was sein Name ist In einem ergreifenden Schauspiel torkelt ein Typ mit Wuschelperücke aus Shadys Hütte und gibt den Betrunkenen. Eminem setzt sich mit einer Buddel Bacardihin.
Dann gibt es ungefähr die Hälfte von „Stan“, ein Müllsack wird auf die Bühne getragen, aber Dido springt nicht heraus, das Publikum muss helfen. Und es kennt den Text „Criminal“ brettert durch die Sporthalle. Bald ist Pause. Ein Zeichentrickfilm erklärt putzig den Unterschied zwischen Namenlosigkeit und Ruhm. Und jetzt ist das Haus plötzlich eine Trutzburg, und Eminem hat ein Piratentuch um den Kopf gebunden, und sein Name ist immer noch Slim Shady, und ein Halbwüchsiger fragt mich höflich um Feuer und hebt pathetisch seine Hand zum Dank und starrt mich an. Ich bin eine Respektsperson. Ich gehe. Marilyn Manson kommt.
Vor der Halle frieren die Erziehungsberechtigten. Fuck you parents! Die Kinder werden euch was erzählen.