EM-„Hymnen“ im Test: Roger Cicero – „Für Nichts auf dieser Welt“
Sie sind überall: Jeder Sender und jede Sendung hat mal wieder eine "Hymne" zur Euro 2012 - hinzu kommen zahllose Bands, die auf einmal über Pokale und Turniere singen. Wir testen in den nächsten Tagen ein paar dieser sogenannten "Hymnen". Weiter geht’s heute mit der "offiziellen DFB-Hymne" von Roger Cicero.
Für gewöhnlich kennt man Roger Cicero im allglatten Anzug, mit modebewusster Krawatte oder elegant geschwungenem Tuch um den Hals und einer farblich passenden Melone auf dem Kopf. So singt er mit mittelgroßen Jazzorchestra im Rücken und bestuhlten Sälen vor der Nase bevorzugt über artgerechte Männerhaltung, große Momente oder Müll, der nach unten gebracht werden muss. Echte Männersachen eben – wie bereits sein Solodebütalbum titelte.
Zum Turnier des Jahres zeigt Cicero nun noch einmal eine andere Seite, eine noch männlichere – denn sein Song wurde zur offiziellen DFB-Hymne der Fußball EM 2012 auserwählt. Mit Schiebermütze statt Melone und dezent aufgeknöpftem Hemd besingt Cicero den nicht enden wollenden Kampfgeist, den Glauben, der alle Widerstände besiegt, das Wühlen im Dreck, das immer erneute Aufstehen und das große, einende „wir“ gegen „sie“-Gefühl über allem, das uns alle letztlich zum „Ziel führt.“
Denn: „Sie reden vom Scheitern / sie reden viel zu oft davon / doch wir gehen weiter / denn wir haben gerade erst angefangen.“
„Für nichts auf der Welt „/ geb ich uns verloren! / An Tagen wie diesen/ werden Sterne geboren!“
Und auch wenn Fußball wohl zu den Männersachen par excellence zählt – und diese ja Ciceros Spezialgebiet abbilden – hatte man ihn bisher nie in diesem Kontext vermutet. So gesteht er auch selber: „Ich verfolge die Bundesliga nicht regelmäßig“, aber er wünscht sich vom Turniergeist und der DFB-Ehre am Schopfe gepackt doch grölende, pfeifende und klatschende Fans, mit seinem Lied auf den Lippen.
Im Video zeigt sich Cicero Hemden- und Schuhesortierend in der Umkleide und als motivierender Kindertrainer am Spielfeldrand. Überblenden vom vermeintlichen D-Jugend Spiel zu großen Momenten der Nationalelf erinnern daran, dass wir doch alle letztlich in Momenten des internationalen Tuniersports für das gleiche sind. Den Sieg. Oder so.
Man muss Cicero lassen: Er kommt ohne „Ohoh“-Chöre, Fußballzitate, Mitgrölaufforderungen und eingespielte Kurvengesänge aus. Das mag dem Gelegenheitsturniersympathisant entgegenkommen, dem Fanschalträger jedoch, so lässt sich den Video-Kommentaren entnehmen, die „Stimmung“ vermiesen. Wobei „Stimmung“ in dem Zusammenhang wohl als Kriterium für Kurvenchortauglichkeit zu verstehen ist. Oder als Zitiertauglichkeit nach dem fünften halben Liter…
Bewertung: **