Elton John zum 70. Geburtstag: Sein Leben in 20 Songs

Am Samstag wird er 70 Jahre alt: von Reginald Dwight zur schrillen Pop-Sensation und zurück. Elton John führt uns durch seine turbulente Karriere. Aufgezeichnet von Cameron Crowe.

Elton John wird 70: Das ROLLING-STONE-Porträt

Fundstück aus der Ausgabe 12/2013

Sie haben nichts dagegen, wenn ich es laut spiele abspiele, oder?“ Es ist Morgen, und wir sind in Las Vegas. Sonnenlicht durchflutet die Eigentumswohnung, die Elton John als Residenz dient, solange er im Caesars Palace noch einige Aufführungen seiner Show „The Million Dollar Piano“ hat. Er trägt einen weißen Frottee-Umhang und bewegt sich zur Stereoanlage wie ein Sportler, mit schlenkernden Armen. Schnell hat er sein aktuelles Album „The Diving Board“ eingelegt.

Viele, die gerade anderthalb Jahre mit Studioaufnahmen hinter sich haben, würden jetzt den Raum verlassen, damit der Besucher sich allein einen Eindruck vom Werk verschaffen kann. Nicht so Elton John. Er setzt sich auf ein kleines Sofa vor die Boxen und schließt die Augen, wie man es selbst auch tut. Und ja, es ist laut.

Das Album ist ein Wendepunkt für ihn. Es ist sparsam und doch komplex. Und es ist vor allem ein sehr persönliches Album. Nennen wir es Elton Johns „Sketches Of Spain“, nach der Platte, mit der Miles Davis tief in seiner Karriere eine ganz neue Stimme entdeckte. Um die Anlage herum liegen andere CDs – von neuen Künstlern ebenso wie von Nina Simone. Elton John ist ein Fan, der es ablehnt, seine Musik herunterzuladen. Für ihn bleibt Musik eine haptische Angelegenheit – er will die Liner Notes lesen, die Bilder anschauen.

Eltons Stimme hat heute mehr Resonanz

Er schließt seine Augen und lauscht seinem neuen Album, sein Bein wippt dabei, und sein Kopf bewegt sich im Rhythmus der Musik. Man könnte glatt vergessen, dass er schon ein paar vor diesem gemacht hat, es ist sein 30. Begonnen hatte die Geschichte dieses neuen Albums als Trio-Projekt, mit T Bone Burnett als Produzenten. Die ersten paar Songs waren entspannt und recht vielversprechend. Die Songs der nächsten Session aber, befeuert von einem neuen Satz inspirierter Texte, geliefert von seinem langjährigen Wegbegleiter und Textschreiber Bernie Taupin, schleppten das Album in tiefere Gewässer.

Plötzlich erinnerte vieles an Eltons früheste Aufnahmen, als seine Band noch ein loderndes Trio war, das seinen Zenit mit dem Livealbum „11-17-70“ erlebte. Aber Eltons Stimme besitzt heute eine viel größere Resonanz. Die Songs klingen nach seiner Erfahrung, legen Zeugnis ab von einem Leben voller epischer Gipfel, Täler und Ebenen. Inzwischen 66, ist er schließlich Vater zweier Kinder, ein Familienmensch und ein produktiver Künstler.

Von der persönlichen, ja geradezu intimen Natur seines Albums inspiriert, trafen wir uns einige Monate später noch einmal, um eine Playlist jener Songs zusammenzustellen, die ihn selbst am meisten berühren. Es war ein perfekter Nachmittag im Spätsommer, an dem wir zusammenkamen, um uns Gedanken zu machen und noch etwas Zeit totzuschlagen bis zu einem Arzttermin, bei dem die Fäden einer kürzlich durchgeführten Blinddarmoperation gezogen werden sollten. Wir gehen also seine sämtlichen Alben durch, und Elton wählt jeweils die Songs aus , die ihm am meisten bedeuten – was nicht unbedingt Hits bedeutet.

IM
Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates