Talk zwischen Alice Weidel und Elon Musk: Schon irgendwie weird
Das Gespräch zwischen dem X-Boss und der AfD-Chefin: Deutschland-Bashing und wenige Erkenntnisse.
Eigentlich brauchte Alice Weidel, Vorsitzende der AfD und Kanzlerkandidatin, gar nichts zu sagen. Das Medium ist hier schon die Message. Der milliardenschwere Unternehmer Elon Musk nutzt sein teuer erkauftes Internet-Sprachrohr für intensive Wahlwerbung für die selbsternannte Alternative für Deutschland. Mit anderen Politikern will er nicht sprechen. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte er zuletzt einen Narren.
Dass er der Partei als einziger zutraut, Deutschland aus dem Schlamassel zu bekommen, hatte Musk bereits vor Tagen laut durchgegeben. Nun dauerte es kaum 30 Minuten in einem alles andere als konfrontativen Gespräch von etwas mehr als einer Stunde, um noch einmal sein Ansinnen auf den Punkt zu bringen. Nur die AfD könne Deutschland retten. Weidel erwiderte daraufhin nur „Ja“. Sie wiederholte es oft an diesem Abend, Musk auch. Beide lachten viel. Einmal kam Weidel gar nicht mehr heraus aus dem Kichern. Wenn man an diesem Abend die Politikerin Alice Weidel besser verstehen wollte, dann gab es nicht viel zu holen. Nur die üblichen Parolen, aber keine Unsicherheiten. Der Mensch Alice Weidel zeigte sich mehrfach verlegen.
Die AfD-Vorsitzende sprach über 70 Minuten auf Englisch. Das tat sie nicht wie ein Sprachprofi, aber doch mit der Selbstsicherheit einer Ökonomin, für die das eben einfach normal ist. Eine deutsche Fassung versprach die AfD schon vor Beginn. Solche Kleinigkeiten dürften in den nächsten Tagen noch eine Rolle spielen, wenn es darum geht, ob es sich bei der Salonplauderei um unlautere Wahlwerbung handelt. 150 EU-Beamte hörten auch deshalb zu. Musk hätte die Reichweite technisch dehnen können, um mehr Menschen zu erreichen.
Die statistisch von X erfassten Zahlen deuten dies nicht an. 1 Millionen Menschen hörten insgesamt für mindestens ein paar Sekunden herein, in der Spitze waren es gleichzeitig etwa 200.000 User. Musk hat 200 Millionen Follower. Die interessieren sich aber vielleicht viel weniger für seine aktuelle Europa-Tour, mit der er kräftig für einen gesellschaftlichen Wandel Richtung rechts trommelt, als dies von vielen befürchtet wird.
Plötzlich fing Alice Weidel an, von Hitler zu reden
Musk muss hierzulande niemand vorstellen. Die AfD in den USA und in anderen Teilen der Welt aber schon. Brav erklärte Weidel das Ansinnen ihrer Partei – und da wurde es dann schnell seltsam. Es klang wie eine Synthese aus einer CDU der Vorwende-Bundesrepublik und einer von gesellschaftspolitischen Tiraden befreiten FDP („Wir sind eine konservativ-liberale Kraft, die für die Freiheit des Einzelnen und gegen staatliche Überregulierung steht“). Konservativ sei man, und überhaupt nicht rechtsextrem. Anders als das angebliche Framing.
Weidel sprach von Adolf Hitler und dass er fälschlicherweise als Konservativer missverstanden wurde, obwohl er doch ein „sozialistischer Diktator“, ein Kommunist gewesen sei („Hitler war in vielerlei Hinsicht ein Kommunist; er hat Unternehmen verstaatlicht und die Medien kontrolliert“). Musk wusste dem historischen Quatsch nicht viel entgegenzusetzen. Er fragte nicht nach Parteiextremisten wie Björn Höcke. Er gerierte sich aber generell nicht nur als Stichwortgeber. Als sein Gegenüber von der angeblich gescheiterten Energiepolitik schwadronierte, stimmte er freundlich zu, nur um dann länger über Solarenergie zu referieren.
Minutenlang warfen sich die beiden hingegen die Bälle zu, was in Deutschland alles schlecht läuft. Weidel attackierte Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Musk erzählte, wie er für seine Tesla-Fabrik einen Lastwagen Papiere unterschreiben und abstempeln lassen musste. Als die AfD-Chefin die Kriminalitätsrate in Deutschland ansprach, urteilte der Tesla-Gründer schnell, dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch Deutschland unter den seiner Meinung nach offensichtlichen Verbrechen von Migranten litten. Widersprüche, wie es sie in den Kommentaren zu dem Talk gab, wurden nicht aufgenommen. Über die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten ging es auch kurz. Auffällig schwieg Weidel zur Verantwortung Israels für Gräueltaten im Gaza-Konflikt. Das sei ihr zu komplex, um eine eindeutige Postion zu haben.
Elon Musk und die Frage nach Gott
Irgendwann ging es dann auch um den Mars – und Musk, der bald Astronauten auf den roten Planeten schicken will, konnte sich einmal mehr als Fantast selbst feiern. Weidel hörte andächtig zu, sagte einmal „Wow“ und stellte dem X-Chef allen Ernstes die Gretchenfrage. Musk antwortet, er habe eine physikalische Sicht auf die Realität, sei aber offen gegenüber der Vorstellung, dass es einen Gott gibt. Weidel bekannte, nicht so genau zu wissen, was sie glauben soll.
Mangels harter Themen wirkte das Gespräch zwischen beiden in solchen Momenten wie ein Date zweier Menschen, die irgendwann verschämt anfangen, übers Wetter zu sprechen. Nach Musks, nun ja, philosophischen Ausführungen über Gott und die Welt, wollte sich Weidel dann nicht weiter äußern. Brav bedankte sie sich. Das Gespräch sei wundervoll gewesen. In der Tat: 76 Minuten wundervolle Promotion für ihre Partei. Aber auch 76 Minuten Plattitüden und Dialoge, wie man sie vom Stammtisch gewohnt ist. Oder bei Diskussionen auf X.