Eine fröhliche Band

Trotz genretypischer Themen: Die US-Band The Head And The Heart bereichert den Neo-Folk-Kosmos mit jubilierendem Frohsinn.

Das Schönste an The Head And The Heart ist der Gesang. Beim Hamburger Auftritt der Band aus Seattle – im Vorprogramm von The Low Anthem – braucht es keine fünf Minuten, bis man das versteht. Drei der sechs Musiker stehen an Mikrofonen und sorgen für diese ganz besondere Fröhlichkeit, die die Lieder des Debütalbums „The Head And The Heart“ auszeichnet. Wären Pfingstler im Haus, sie würden ihre Arme gen Himmel strecken und lobpreisen. Ein Lied heißt sogar „Sounds Like Hallelujah“! Doch eine spirituelle Band sind The Head And The Heart nicht.

Auf dem ersten Album verarbeitet das Sextett um die Sänger/Gitarristen Josiah Johnson und Jonathan Russell eher die Erfahrung der Entfremdung. Alle sechs ließen vor zwei Jahren etwas oder jemanden zurück – Staaten, Familie, Freunde -, um in Seattle die gemeinsame Band mit vollem Einsatz zum Erfolg zu führen. „Ein notwendiges Übel“, nennt Russell das Gefühl der Heimatlosigkeit, mit dem die Band zu kämpfen hatte. „My family lives in a different state“, singt er bei „River And Roads“, einem der schönsten Lieder des Albums.

Auch live ist Russells Lamento ein Höhepunkt. Am Ende hebt das Ensemble zu einem kathartischen Folk-Gospel über Heimat und Entwurzelung an – berauschend! Geigerin Charity Rose Thielen übernimmt ein, zwei Strophen und offenbart eine Solostimme, die an Simone White erinnert. Ansonsten veredelt sie die Harmonien der main songwriters mit schönen dritten Stimmen. Johnson und Russell lernten Thielen in Seattles Musikerlokal Conor Byrne kennen, wo die drei im Rahmen einer Open Mic Night gemeinsam musizierten. „Es ist seltsam, wenn es plötzlich passt“, sinniert Johnson. „Wir haben mit vielen Leuten gespielt, die eigentlich alles richtig gemacht haben. Aber dann kam Rose und schrieb die-se fabelhaften Geigenmelodien. Wir wussten sofort, dass sie es ist.“

Im Gegensatz zur herzensschweren Musik von Low Anthem sind The Head And The Heart bei aller Melancholie eine fast optimistische, jedenfalls jubilierende Band. „Vielleicht ist das das Neue, was wir zur Neo-Folk-Szene beitragen“, mutmaßt Johnson, „dreistimmige Harmonien machen viele – aber bei uns kann man zu ihnen tanzen.“

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