Eine Frau wie keine andere
In einem klischeegesättigten Genre wie dem R&B sind die Eigenbrötler und Grenzgänger oft die sichersten Erfolgsgaranten. Erykah Badu trägt das Exzentrische schon im Künstlernamen: „Kah“ für das fehlerlose „innere Selbst“. „Badu“, weil sie diese Silben beim Scat-Gesang ständig wiederholt. Dem Luxuslaufsteg namens R&B setzt die Theaterakademie-Absolventin einen Eklektizismus entgegen, der sich unter anderem aus altägyptischer Mythologie, Sun Ras Afronauten und dem Rebellentum des Blues speist. Mit „Baduizm“ liefert sie 1997 nicht nur das bestverkaufte Soul-Debüt aller Zeiten – sie verkörperte in der Arena brustvergrößerter Popsängerinnen auch einen neuen Typus Frau: kompliziert, launisch, zwischen unbezähmbarer Stärke und äußerster Verletzlichkeit stets auf ihrer weiblichen Würde beharrend. Eine Art HipHop-Wiedergängerin von Nina Simone. Badus Verbindung warmer Jazz-Funk-Klänge, lockerer HipHop-Grooves und Soul-Botschaften schreibt dabei eine Geschichte fort, die mit Curtis Mayfields gesellschaftskritischem Funk Anfang der Siebzigerjahre begann und später aus dem teenie-tauglich frisierten Mainstream gedrängt wurde. Die Soulsängerin aber lässt die ewigen Kindlichkeitsphantasien des Pop hinter sich – und spricht stattdessen aus der Perspektive der Erwachsenen und Mutter. Hatte Liebe nicht immer auch einen gesellschaftlichen Aspekt? Was Badu zum Glück nie vergisst: ein neckisches Augenzwinkern. Nach Turban-Mode und Räucherstäbchen-Funk etwa warf sie ihre alte Rolle mehrfach über den Haufen, ließ sich einen Afro wachsen und gab sich auf „New Amerykah Part One (4th World War)“ als Polit-Kämpferin. Auch in Zukunft dürfte die Badu noch überraschen. Zuletzt nützte HipHop-Tüftler Flying Lotus ihre Vokalspuren für seine Tracks, ein Album mit dem Funk-Kollektiv The Cannabinoids ist angekündigt. Future Soul mit starken Wurzeln in der Vergangenheit.