Ein Teil Musikgeschichte: Diesen Orten wurden großartige Songs gewidmet
Inspiration wartet an jeder Straßenecke – man muss sie nur bewusst wahrnehmen. Manche Orte, so aufregend oder unbedeutend sie sein können, trugen dazu bei, dass diese Welthits entstehen konnten.
Berlin: Iggy Pop – „The Passenger“
Vielleicht kann sich der eine oder andere noch an das Gefühl erinnern, wie es war, in den Siebzigern durch Westberlin zu streifen – Iggy Pop, der dort zu jener Zeit mit David Bowie lebte, Musik machte und sich von einschlägigen „Künstler-Substanzen“ fernzuhalten versuchte, hat sein damaliges Lebensgefühl im Song „The Passenger“ auf dem Album „Lust For Life“ für die Ewigkeit konserviert. Fotografin Esther Friedman, die sieben Jahre ihres Lebens mit dem Künstler teilte, erklärte einst, dass „The Passenger“ durch Pops Fahrten mit der Berliner S-Bahn inspiriert wurde:
„I am a passenger
I stay under glass
I look through my window so bright
I see the stars come out tonight
I see the bright and hollow sky
Over the city’s ripped-back sky
And everything looks good tonight“
Iggy Pop selbst sprach einst davon, dass ihn ein Gedicht von Jim Morrison zum Songtext inspiriert haben soll. Darin habe der Künstler das moderne Leben mit einer Autofahrt verglichen, in der man beobachten, aber nicht aus- oder umsteigen könne.
Los Angeles: Tom Petty – „Free Fallin’“
Dank seiner ausgeprägten Beobachtungsgabe konnte Tom Petty wie kaum ein anderer US-amerikanischer Musiker die zahlreichen kulturellen und gesellschaftlichen Realitäten des Landes in Worte und Melodien fassen. „Free Fallin’“ entstand durch die Eindrücke vom dubiosen „American Dream“, die Tom Petty bei seinen Fahrten von Beverly Hills zu seinem Studio ins Valley machte. Insbesondere der pulsierende Ventura Boulevard faszinierte ihn, weil hier die unterschiedlichsten Leute zu beobachten waren. „Ich habe mir ein bisschen von all diesen Charakteren auf der Straße rausgepickt“, so Petty 2016 in einem Interview mit „Billboard“. Für jene Zeit und Ära stimmte es und vielleicht ist es heute auch noch so. Die Skateboarder und bummelnden Leute, die jungen Kids in den trendigsten Klamotten und die Geldautomaten und Drive-In-Banken. Es ist eine niemals endende Szene. Ich dachte mir, man könnte wahrscheinlich an einem Ende der Straße anfangen einzukaufen und bis zum anderen Ende hat man all das erworben, was man jemals im Leben braucht.“
„And all the vampires walkin‘ through the valley
Move west down Ventura Boulevard
And all the bad boys are standing in the shadows
And the good girls are home with broken hearts“
Freehold Borough, New Jersey: Bruce Springsteen – „Born To Run“
Das als Liebesbrief an ein Mädchen namens Wendy verfasste „Born To Run“ nutzte Bruce Springsteen, um ein Bild von der engstirnigen Kleinstadtidylle zu zeichnen, in der er selbst aufgewachsen war. Der Musiker erklärte selbst, dass der 1974 geschriebene Song eine simple Bedeutung habe – nämlich aus Freehold Borough abzuhauen. „Es war wahrscheinlich nicht anders als in jeder anderen Provinzstadt. Nur eben eine sehr konservative Gegend“, so Springsteen einst in einem Radiointerview. „Alles stagnierte, es gab ein paar Fabriken und Agrarbetriebe, in denen du gelandet bist, wenn du nicht aufs College gegangen bist. Es gab einfach nicht viel.“
„In the day we sweat it out on the streets of a runaway American dream
At night we ride through the mansions of glory in suicide machines
Sprung from cages out on highway nine,
Chrome wheeled, fuel injected, and steppin‘ out over the line“
Bron Yr-Aur, Wales: Led Zeppelin – „Bron-Yr-Aur Stomp“
https://www.youtube.com/watch?v=2YZ_lIpG1XQ
Den Song „Bron-yr-Aur Stomp“ (ausgesprochen “Bron rar“, zu deutsch „goldener Hügel“) widmeten Led Zeppelin jenem walisischen Cottage aus dem 18. Jahrhundert, das Jimmy Page und Robert Plant nach einer kräftezehrenden US-Tour mit 27 Stopps und je zweieinhalbstündigen Konzerten aufsuchten, um neue Kraft für das kommende Album zu tanken. Vor allem Plants Stimmbänder waren angeschlagen, weshalb sein Arzt ihm dringend zu mehr Ruhe riet – das dörflich gelegene Cottage Bron-Yr-Aur, in dem man ohne Stromversorgung, Heizung und fließend Wasser auskommen musste, schien also der ideale Ort, um wieder zu sich selbst zu finden. Der Tapetenwechsel und die damit verbundene Rückbesinnung auf britische Folkmusik tat den Musikern gut: Im Booklet von „Led Zeppelin III“ ist zu lesen: „Unser Dank gilt Bron-Yr-Aur, einem kleines heruntergekommenen Cottage in South Snowdonia, da es uns ein in gewisser Weise bereits vergessenes Bild von wahrhaftiger Vollkommenheit vor Augen geführt hat. Dies war der Ansporn für einige dieser musikalischen Statements.“
„As we walk down the country lanes,
I’ll be singing a song, hear me calling your name
Hear the wind within the trees,
Telling mother nature ‘bout you and me“
Galway, Irland: Steve Earle – „Galway Girl“
Irland hat dank seiner rauen und zugleich beeindruckenden Natur eine ganz besondere Anziehungskraft. Auch der US-amerikanische Singer-Songwriter Steve Earle ließ sich von ihr inspirieren und verarbeitete eine Begegnung mit einer Frau im Städtchen Galway zu einem Welthit. In dem Song, bei dem auch die irische Musikerin Sharon Shannon mitwirkte, finden auch Schauplätze wie „The Long Walk“ und „Salthill“ Erwähnung. „Steve hat den Song in Galway geschrieben. Er hat hier eine Menge Zeit verbracht“, so Shannon gegenüber „Irish Music Daily“.
„Well, I took a stroll on the old long walk
Of a day-I-ay-I-ay
I met a little girl and we stopped to talk
Of a fine soft day-I-ay-I-ay“
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