Ein schön verwaschenes Jahr: ClickClickDecker meldet sich mit neuem Album zurück
„Ich glaub Dir gar nichts und irgendwie doch alles“ heißt das neue Werk von Kevin Hamann alias ClickClickDecker. Es ist sein bislang bestes Album.
ClickClickDecker wird Zwölf. Kevin Hamann begann einst allein, tobte sich dann in großer Besetzung aus und kehrte 2010 zum Duo zurück, an seiner Seite Multiinstrumentalist Oliver Stangle. „Das waren zwölf gute Jahre“, sagt Hamann beim guten Kaffee in Hamburg-Altona, wo er lebt. „Ich habe mich so durchgelümmelt, und die Dinge sind mir so zugeflogen. Ich habe mich immer bemüht, dass mir nicht langweilig wird.“
Dafür reichte eine Band allein nicht aus – Hamann spielte mit dem Electro-Projekt Bratze, experimentierte unter dem Namen My First Trumpet und ist teil der Punk-Formation Ludger. Alles schöne Hamburger Ideen, aber die schönste ist ClickClickDecker.
Deren neue Platte, „Ich glaub Dir gar nichts und irgendwie doch alles“, entstand im Watt’n-Sound-Studio des 2012 verstorbenen Rio-Reiser- und Abwärts-Bassisten Jochen Hansen in Emmelsbühl, Nordfriesland. In der mit alten Instrumenten vollgestopften Bauernschule nahmen Hamann und Stangle ein sehr warm klingendes, stimmiges Werk auf. Hamann singt melancholisch und lakonisch von der zarten, schlimmen und schönen Absurdität des Alltags, frühstückt im Tierpark Neumünster und schlendert durch den Hamburger Bahnhof (der öffentliche Nahverkehr lieferte hier schon oft Stoff für Lyrik). Die Poesie des Normalen ist die Stärke Hamanns, der auf diesem Album u. a. das Ende einer langjährigen Liebesbeziehung und den Tod des Großvaters bedenkt, vielleicht auch die Flüchtigkeit der Dinge insgesamt. Eine Freundin habe die Platte gehört und vermutet, er habe wohl ein verwaschenes Jahr gehabt, sagt Hamann. Ein verwaschenes Jahr: schönes Bild. „Viel Trauer, viel Schluss, viel Neuanfang, eine rasante Zeit – ich war auf so einer Orientierungssuche. Man fragt sich ja, wie wird das Neue, und war das Alte besser?“
Die Musik ist jedenfalls die beste bislang. Hamann und Stangle gelingt ein organischer Sound aus intuitiv arrangierten, meist akustischen Instrumenten, die die freundlich lockende Atmosphäre dieser summenden Songwriter-Songs entfalten. Schönste Moment der drei Sessions am friesischen Deich: „Im Sommer zwei Hengste im Garten, im Herbst ein tosender Sturm, im Winter recording am offenem Kamin“, sagt Hamann. Klingt doch gut.