Ein Koffer in New Orleans
Der Mann hat einfach Stil. Wo die Kollegen sich in augenbeleidigenden Grungeund Post-Punk-Outfits zu übertrumpfen suchen, setzt er auf schlichte englische Eleganz. Und wo die Hamburger „Konkurrenz“ manchmal vor lauter Philosophieren das Musizieren vergißt, legt er in New Orleans ein so cooles Soul-Album wie „Old“ hin. Selbst wenn ihn die Tresenfrau der versinten „Haifischbar“ unbegründet anschreit: „Nächstes Mal kommste nich‘ so laut rein!“, bleibt er gelassen, setzt sich unbeeindruckt an einen Tisch und lächelt still in sich hinein.
1980, als tout Deutschland im „Neue Deutsche Welle“-Fieber delirierte, debütierte er mit “ Times Ain ‚t That Bad“, einem Album, dem die Hochkritik damals „Rock in der klassizistischen Phase“ attestierte. „Meine Plattenfirma sah in mir den neuen Dylan und versuchte mich auch so zu verkaufen“, schmunzelt Maxim. „Was natürlich Unfug war.“ Nach dem mentalen Streß – Dylan-Nachfolge, mäßige Plattenverkäufe zog Maxim erst nach Paris und dann nach London, wo er zunächst einem stinknormalen Beruf nachging. „Ein Jahr lang habe ich keine Musik gespielt, doch dann kribbelte es wieder in den Fingern. Ich habe mir daheim ein Studio aufgebaut, mit deutschen Texten und Polyrhythmen experimentiert und Songs geschrieben.“
Die trug er mit verschiedenen Begleitmusikern in kleinen Qubs vor und täte es wahrscheinlich noch heute, wäre nicht sein alter Freund AvO erschienen. AvO, bürgerlicher Name Alexander von Oswald und seit geraumer Zeit Gitarrist und Manager von Maxim Rad, war auf der Suche nach einem Produzenten für die ebenfalls von ihm gemanagten Jeremy Days und landete dabei in New Orleans. „Eigentlich wollte ich ja Daniel Lanois treffen“, so AvO, „doch dann erhielt ich durch puren Zufall eine Audienz bei Allen Toussaint So ganz nebenbei spielte ich ihm ein Demo von Maxim vor – und siehe da: Der Meister machte sich eifrig Notizen. Und als ich ihn dann fragte, ob er für das Material nicht einen geeigneten Produzenten wisse, antwortete der doch glatt: „Why don’t you take me?“‚ Ein halbes Jahr später zogen AvO und Maxim Rad samt Band nach New Orleans, und nachdem Toussaint-Sohn Reggie den mitgebrachten Koffer voller Barem einer akribischen Prüfung unterzogen hatte, übernahm Vater Allen das Kommando.
Der Musiker, Arrangeur und Produzent, der in den 60er Jahren kraft seiner Arbeit für Lee Dorsey, Aaron Neville oder Irma Thomas den New- Orleans-Sound quasi im Alleingang definierte, verblüffte die Hamburger Crew nicht nur mit bis dato ungewohnter Arbeitsweise – so ließ er alle Songs grundsätzlich in einem Take aufnehmen -, sondern auch mit ungeahnten Sounds. Denn als Maxim das endgültige „OW-Resultat mit seinen herzerwärmenden Bläsersätzen und den unorthodoxen Chor-Arrangements vernahm, da erkannte er seine eigenen Titel kaum wieder.
Ist dieses Opus maximus für Produzent Clive Langer (Madness, Morrissey) die Meßlatte, an dem sich das derzeit im Hafenklang-Studio entstehende Nachfolge-Werk messen lassen muß? Langer:,,Nein, denn die Band kann man ja nicht als .neu‘ bezeichnen. Außerdem will sie sich nicht auf einen Stil fesdegen lassen.“ Maxim Rad: „Was ich in New Orleans gemacht habe, das läßt sich nicht wiederholen. Das neue Album ist die Weiterentwicklung dessen, was wir in letzter Zeit live gespielt haben. Die Band wurde lauter, und schließlich habe ich die akustische weggelegt und zur elektrischen Gitarre gegriffen. Deshalb ist meine Musik härter und weißer geworden.“ Maxim Rads weiße Seite wird man im Februar begutachten können. Bis dahin aber läßt sich mit „Old“ noch herrlich leben.