Ein Frankfurter mit Wohnsitz in Chile dekonstruiert als Senor Coconut Songs von Deep Purple und den Doors im Mambo-Stil

Der Song schien unzerstörbar, ein Monument des Hardrock, stumpf, behäbig und genial zugleich. Festzelte, Jugendzentren und Rock-Pubs waren sein Revier. Und wenn es überhaupt ein Deep Purple Stück gibt, das jeder kennt, dann ist es „Smoke On The Water“.

So weit, so gut. Doch nun kommt dieser ominöse Senor Coconut und spielt den Klassiker im Cha-Cha-Cha-Rhythmus. Aus der rauen Headbanger Hymne hat er einen eleganten Gigolo-Schieber gemacht. Mehr noch: „Riders On The Storm“, das existenzialistische Manifest der Doors, erklingt bei Senor Coconut als atemloser tänzelnder Merengue; „Blue Eyes“ wird zum schwülen Bolero. Dem musikalischen Programm entsprechend heißt das dazugehörige Album „Fiesta Songs“ und bietet außerdem weitere fidele Feten-Hits wie „Beat It“ oder „Smooth Operator“. Alles im Happy-Big-Band-Stil der späten Sechziger. Perez Prado und Tito Puente lassen grüßen.

Doch was klingt, wie von leibhaftigen Südamerikanern eingespielt, ist in Wirklichkeit eine Computer-Simulation. Das Orchester kommt von der Festplatte. Und der vermeintliche Senor Coconut, der glutäugig und Macaras schwenkend vom Cover grinst, ist nur ein Model. Der wahre „Bandleader“ heißt Uwe Schmidt, kommt aus Frankfurt und lebt seit 1997 in Santiago de Chile. Unter wechselnden Pseudonymen veröffentlichte Schmidt bisher weit über hundert Platten mit raffinierter, abstrakter Elektronik und futuristischem Jazz. Auf dem Album „Pop Artifizielle“ hat sich Schmidt schon einmal mit Coverversionen beschäftigt. Songs von John Lennon („Jealous Guy“) oder David Bowie („Ashes To Ashes“) wurden dabei dekonstruiert und in einen digitalen Kontext übertragen. Auf „El Baile Alemán“ hat er als Senor Coconut den unterkühlten Kompositionen von Kraftwerk ein tropisches Arrangement verpasst. Selbst die notorisch humorlosen Kraftwerk haben darüber geschmunzelt. Mit „Fiesta Songs“ geht Senor Coconut noch ein Stück weiter: „Ich sage immer, das ist ’ne Gringo-Platte. Auch Ry Cooder ist ein Gringo, aber einer, der versucht, so kubanisch zu klingen wie möglich. Das will ich nicht. Ich orientiere mich an den Gringos aus den Sechzigern -Martin Denny, Les Baxter. Exzentrische Nordamerikaner mit einem Faible für Exotika, die es nie darauf anlegten, authentisch zu sein.“

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