Ein brillantes Buch erhellt den Kinokosmos Quentin Tarantinos
The neverendingstory: Er hat mit „Pulp Fiction“ den erfolgreichsten Independent-Film aller Zeiten inszeniert und Hollywood mit seinen Drehbüchern „Natural Born Killers“ und „True Romance“ zu Eklat- und Edelfilmen verholfen, dann Dialoge von Blockbustern wie „Crimson Tide“ geschliffen und in Kurzauftritten brillant über das Kino parliert wie in „Sleep With Me“ mit seinem Monolog „You know what one of the greatest fucking Scripts ever written in the history of Hollywood is?“ über den „gay way“ von „Top Gun“. Quentin Tarantino ist ein Eichhörnchen als Maulwurf, der Filmzitate hortet, Filme im Film anlegt, seine Filme in eigenen und anderen Filmen weiterwuchern läßt.
Zu sehen ist das nun auch in Reb Braddocks „Curdled“ (ab 24.7.), der 1992 ein Kurzfilm war. Tarantino bot damals Hilfe an, falls der aus dem Plot einen Spielfilm machen wolle. Daran ist er als executiveproducer beteiligt Eine schaulustige Schöne (Angelas Jones, Foto) jobbt für eine Firma, die Tatorte reinigt, bis ihr Putztick sie auf die Spur des Frauenmörders (Alec Baldwin) bringt Wie in „From Dusk Till Dawn“ zeigt Kelly Preston als Nachrichtensprecherin noch einmal die Fahndungsfotos der Gecko-Brüder, Jones spielte die mordsneugierige Taxifahrerin aus „Pulp Fiction“, in dem das Cleaner-Motiv ebenfalls vorkommt.
Tarantinos Universum und die Kontroverse darum zeigen die Filmkritiker Robert Fischer, Peter Körte und Georg Seeßlen in „Quentin Tarantino“ (Bertz Verlag) auf. In drei Kapiteln und der kommentierten Filmographie entschlüsseln sie sein Referenzsystem, seine narrativen Exkurse als raffinierte Zeitsprünge in der gebrochenen Erzählstruktur, die Meta-Ebene der Gewalt und seiner coolen Killer bis hin zur Bedeutung von Popzitaten und Diners, den schwarzen Anzügen und dem Internet-Kult um den Inhalt von Marcellus Wallaces Koner. Körte analysiert die Tarantinomania, Fischer rezeptiert mit Originaldialogen und Fotosequenzen die Filme (zu Recht vor allem „Reservoir Dogs“), Seeßlen hat Zitate mit Fiktivem zum Script verknüpft, das Tarantinos Schaffen als Hypertext belegt, was sonst nur für die Bibel gilt. Ein Buch über Tarantinos Filme, das wie diese funktioniert.