Echte Knochenarbeit
Nach ihrem erfolgreichen Debüt und langer Tour mußten die Yeah Yeah Yeahs sich erst einmal voneinander erholen. Jetzt schlagen sie vereint zurück. Nach ihrem erfolgreichen Debüt und langer Tour mußten die Yeah Yeah Yeahs sich erst einmal voneinander erholen. Jetzt schlagen sie vereint zurück
Die Hände in die Hüften gestemmt, steht sie verloren in einer verglasten Kabine am Mikrophon. Das Tonstudio ist in warme Ockertöne getaucht, die Deko hinten an der Wand wirft lange, traurige Schatten. Das ist nicht die wilde Karen O., wie man sie von den furiosen Auftritten der Yeah Yeah Yeahs kennt. Das Foto hat einen stillen Augenblick eingefroren. Eine Momentaufnahme, die die vielleicht eher Rückseite des Rock’n’Roll zeigt – so wehmütig wie ein Bild von Edward Hopper. „Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen Fotografen und Musikern“, sagt Nick Zinner, der die Aufnahme gemacht hat, „denn sie sind meistens einsame Seelen, die die Welt als Außenseiter wahrnehmen und ihre Erlebnisse und Erfahrungen auf unterschiedliche Weise zurückgeben möchten.“ Nick Zinner muß es wissen, schließlich ist er Fotograf und Musiker: Der Gitarrist der Yeah Yeah Yeahs hat gerade seinen dritten Bildband „I Hope You Are All Happy Now“ veröffentlicht, der sich um eine etwas andere Sicht des Rockzirkuses bemüht. Egal ob seine Fotos abgewrackte Backstageräume, blutig gespielte Finger, knutschende Paare, einen liegengebliebenen Bandbus oder das stumme Kreischen der Fans in der ersten Reihe zeigen – immer durchdringt sie die Ahnung von Einsamkeit. „Ich wollte auf keinen Fall einen Yeah Yeah Yeahs-Fotoband machen“, erklärt Nick. Das ist ihm gelungen. Denn auch auf ihrem zweiten Album „Show Your Bones“ fordern die Yeah Yeah Yeahs ihr Publikum nicht zur melancholischer Kontemplation auf, sondern wollen es unter Strom setzen: „Der Titel des Album spielt auf das an, was man sieht, wenn eine Trickfilmfigur in eine Steckdose faßt und einen Stromschlag kriegt“, sagt Nick. „Wir wollen zum einen zeigen, was sich bei uns unter der Haut befindet, zum anderen hoffen wir, daß sich die Elektrizität auf die Zuhörer überträgt.“
Trotzdem ist das Trio aus New York nicht mehr für jede Krachmacherei zu haben, scheppert und dröhnt es auf der Platte, die von Squeak E. Clean koproduziert und von Alan Moulder gemixt wurde, nicht mehr ganz so laut und ungeniert wie auf dem Debüt „Fever To Tell“ von 2003, das als bestes Alternative-Music-Album für einen „Grammy“ nominiert und von der „New York Times“ zum besten Album des Jahres erklärt worden war.
Die anschließende Tour war für alle Beteiligten doch sehr kraftraubend, und man ging sich danach erstmal aus dem Weg. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Yeah Yeah Yeahs wieder bereit waren, sich aufeinander einzulassen. Doch dann haben sie konzentriert an den Songs von „Show Tour Bones“ gearbeitet: „Es gab diesmal keine Formel“, sagt Nick, „mal haben wir in ,Fancy‘ mit einem Drumbeat angefangen, mal mit einer Idee auf der Gitarre oder für eine Gesangslinie oder mit einer Akkordfolge. Die Lieder haben wir dann Stück für Stück zusammengesetzt.“ Auch auf der Bühne will die Band nun etwas behutsamer zu Werke gehen, nachdem Karen sich in Sidney bei einem Sturz von der Bühne fast das Genick gebrochen hätte. „Ich glaube, sie wir künftig vorsichtiger sein“, so Nick, „denn wenn du eine Grenze erreicht hast, und die einzige Möglichkeit, diese Grenze zu überschreiten, der Tod ist, kommst du ins Grübeln.“ Daß er selbst nicht den wilden Mann spielt, ist dagegen nichts Neues: „Ich muß da viel zu viel tun, um mich wirklich gehen zu lassen: Samples im richtigen Moment starten, Instrumente bedienen. Das Herumtoben habe ich darum immer schon lieber Karen überlassen.“