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Arne Willander schaut fernKolumne

Dschungelcamp vor der Wahl: die Schlachtordnung

Morgen beginnt bei "Ich bin ein Star - ich will hier raus!" die Abwahl der Kandidaten. Ein Blick auf die Gemengelage. Von Arne Willander

Nach einer Woche klären sich die Fronten – oder, mit den Worten von Olivia Jones: „Man kann nicht so lange eine Maske tragen.“ Was in ihrem/seinem Fall freilich nicht zutrifft: Der hermaphroditische Riese trägt weiterhin Schminke auf und gibt sich ansonsten umstandslos pragmatisch, zeigt auch mal den knäbischen Oberkörper. Als Schlange im Camp hat Jones den eloquenten Musiker Silva Gonzalez ausgemacht, der trotz seines südländischen Hintergrunds das ist, was man in Norddeutschland einen „Schnacker“ nennt: Er ist selten um einen Spruch verlegen und spricht mit jenem Zungenschlag, den man von Hamburgern und Dieter Bohlen kennt.

Auch der flotte Silva musste aber schweigen, als er die unter Tränen vorgetragenen Leiden von Fiona Erdmann hörte, die schon früh Verantwortung übernehmen musste, weil ihre Mutter sich ob einer Nervenkrankheit vor Weh mit dem Nudelholz ins Gesicht schlug. Fiona, eigentlich als Luder und Zicke besetzt, ist die Schmerzensfrau unter den Campern: Mag sie auch „Oberschenkel wie beim Fußballer“ an sich erkennen – ihre Bulimie hätte die Ärzte erbarmen müssen, die über die Delinquenten wachen.

Bei Helmut Berger, dem Maskottchen und Promotion-Motor dieser Staffel, hatten die Mediziner ein Einsehen: Der Salzburger Rappelkopf war offenbar ruhig gestellt worden und saß seine 24 Stunden am Lagerfeuer ab, ohne durch andere Unbotmäßigkeiten als illegales Pinkeln und für ihn sonderbare Höflichkeit aufzufallen. Olivia Jones hatte sofort die Rolle der Krankenschwester und Gouvernante übernommen, die ja im wirklichen Leben Bergers abwechselnd von drei Frauen aufopferungsvoll interpretiert wird. Als Grund für den Abschied des verlebten Beaus gab RTL die steigende Hitze an – für die Region, in dem das Camp liegt, sind die angekündigten 42 Grad freilich ewiger Hitze-Rekord, wie emsige Internet-Rechercheure nachrechneten – tatsächlich wurden dann allenfalls 34 Grad erreicht. Aber der, sagen wir: nicht gesunde Berger hätte auch aus anderen Gründen nicht lange durchgehalten.

Auch der nachgerückte Klaus „An der Nordseeküste“ Baumgart, ein unzerstörbarer Typus von Launebär, darf aus gesundheitlichen Gründen nicht an den Prüfungen teilnehmen. Die sind ohnehin für die zänkische Georgina (ohne Nachname) reserviert, die nach ihrem Versagen zu Beginn immer wieder von den Zuschauern ausgesucht wird. In der Gruppe ist die ehemalige „Bachelor“-Brautbewerberin eine larmoyant quengelnde Außenseiterin, die ihre nassen Schuhe unbedingt am Feuer trocknen will und durchaus undamenhaft agiert. An den Flanken haben sich zwei Fraktionen gebildet: Olivia sympathisiert mit der robusten Katzenberger-Mutter Iris Klein, Silva hat Fiona und die derangierte Tony-Curtis-Tochter Allegra zur Seite. Vollkommen randständig, ja gespenstisch ist die Schauspielerin Claudelle Deckert, während der knuffige Einfaltspinsel Joey Heindle nur noch nach Hause will – und Patrick Nuo und Arno Funke sich taktisch zurückhalten und noch nicht in die Scharmützel eingreifen. Der eine machte mit dem Geständnis seiner angeblichen Pornofilm-Sucht auf sich aufmerksam, der andere mit der Koketterie mit Suizidgedanken, die ihn später angeblich zum Kaufhaus-Erpresser werden ließen. Es ist schwer zu entscheiden, was fataler wäre: die (na ja) Lebenslüge – oder die ausgeplauderte Wahrheit.

Jedenfalls wird auch diese Camp-Ausgabe auf linguistischer Ebene entschieden: Wenn der Pulverdampf sich gelegt hat, werden Olivia und Silva als Kombattanten übrig bleiben; Außenseiter-Chancen hat Iris. Am Ende siegt doch stets die pragmatische Vernunft.

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