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Arne Willander schaut fernKolumne

Dschungelcamp, Tag 9: Wenn erwachsene Männer weinen – und Jenny Elvers gehen muss

"Ich bin ein Star, holt mich hier raus!": Eine Favoritin muss das Camp verlassen. Und die Männer können ihre Gefühle nicht mehr verbergen.

Na gut. Anders als gestern vermutet, war Jenny Elvers vielleicht doch nicht die Stellvertreterin der Zuschauerinnen. Oder sie war es so sehr, dass sie nun in einem Akt des Selbsthasses aus dem Camp geschickt wurde. Nathalie Volk hat die zweitwenigsten Stimmen bekommen, aber sie bleibt. Es gibt ja auch männliche Anrufer! Was war es bloß, das David Ortega erledigt hat? Womöglich dachten alle, dass er sowieso bleiben würde. Und niemand rief für ihn an.

Die zweite Korrektur: Rolf Zacher hat sich nicht polnisch verabschiedet, sondern im Einklang mit seiner feierlich angelegten Rolle. Von Gentechnologe David ließ er sich bestätigen, dass sein „Herz aus dem Takt“ sei, und Dr. Bob erkannte ebenfalls Anzeichen von Herz- und Rückenschwäche. So konnte Rolf mit Leidensmiene, schief sitzendem Hut und Tapferkeitsattest von Dr. Bob gebrechlich aus dem Camp tapern und zum Abschied leise „I love you!“ rufen. Später versichert er mit ersterbender Stimme: „War super hier. Fantastisch!“

Ich bin ein Star _ Holt mich hier raus!

Die dritte Korrektur: Jürgen Milskis Zuneigung zu Rolf Zacher war doch der Erinnerung an seinen Vater geschuldet, von dem er sich nicht verabschieden konnte. Jürgen weint.

Wenn Männer weinen: Auch Thorsten Legat hat einen Weinkrampf, denn er denkt daran, dass er früher als Versager verspottet wurde. Thorsten ist ein Terminator auf tönernen Füßen, seine Achillesferse ist seine Sentimentalität. Endlich bekommt er seine Prüfung, endlich bekommt er alle Sterne. Aber zu Hause, in Deutschland, sind seine Frau und seine Kinder. Nach drei tagen, die er für eine Koch-Show auswärtig verbrachte, vermisste er sie so sehr, dass er nie mehr weggehen wollte. Nun ist er im Dschungel, und er hat Heimweh.

Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!

Bei der Zuordnung der Teilnehmer zu Geschöpfen des Tierreichs wird er naturgemäß als Gorilla identifiziert. zwar mag Thorsten keine physischen Ähnlichkeiten erkennen, doch akzeptiert er die Analogie. Nun weint auch Ricky, dem nach seinem peinlichen Auftritt auf und nach der Hängebrücke die Schlange zugeordnet wird. Am Dschungeltelefon schüttelt es ihn vor Selbstmitleid: Er will keine Schlange sein. Für die Kombattanten sei er „nicht mehr wichtig“. Er war aber auch vorher nicht wichtig für sie.

Attacken und Rückzüge

Sonja Zietlow und Daniel Hartwich sprechen die pivotalen Momente des Dialogs auf der Brücke überdeutlich nach. Es sind Momente, die in die Historie des Dschungelcamps eingehen werden, Momente, die an die Augenblicke der Angst am Abgrund in so vielen Filmen erinnern, die aber zugleich von bizarrer Komik sind. Helena musste sich einer virtuellen Todesgefahr stellen, aber sie empfand wirklichen Horror, und Ricky überwand seinen Grusel in einer Art kindlicher Befreiung – aber auch er schwebte gar nicht in Gefahr. Es war eine perfekte Versuchsanordnung, und anschließend explodierte alles.

Auch das militärische Nachspielen der taktischen Situation anhand der Puppen gelingt Zietlow und Hartwich (und ihrem Autor) glänzend: In dem scheinbar unübersichtlichen Gemenge gibt es klare Linien, Seitenwechsel, Attacken und Rückzüge, und mit dem Herausnehmen von Akteuren verschiebt sich das Gefüge sofort.

Die Strategie der Zurückhaltung hat Jenny Elvers nichts genützt. Jenny war die Stimme der Vernunft, des Maßhaltens, der Berechnung. Niemand will Vernunft, Maßhalten und Berechnung beim Dschungelcamp. Nathalies unverstellte Bestürzung über Davids Abgang hat sie womöglich gerettet. Sie hat vorher kalt gewirkt.

Aber sie war nur interesselos.

RTL
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