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Arne Willander schaut fernKolumne

Dschungel-Camp: Der Triumph des Kükens

Joey Heindle wird Dschungelkönig vor seiner Lehrerin Olivia Jones - eine bittersüße Lektion

Dass  es so kommen würde, war an den letzten Tagen abzusehen: Joey Heindle wurde zum Liebling der Camper wie der Zuschauer und stellte Olivia Jones, die ihre Rolle als Mutter der Kompanie sofort übernommen hatte, in den Schatten. Denn beim Dschungel-Camp geht es natürlich auch um Behauptung, Durchhalten und Entwicklung: Joey hatte nach ein paar Tagen behauptet, er könne jetzt aber überhaupt nicht mehr bleiben, und wurde unter anderen von Olivia dazu gedrängt, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. Natürlich wollte Joey das Lager durchaus nicht verlassen, sondern seine Akzeptanz überprüfen und auch einmal so wehleidig sein wie einige der Älteren.

Seine halb einfältige, halb durchtriebene Inszenierung von Tolpatschigkeit, Dümmlichkeit und Neologismen bildete ein eigenes Genre aus und übertraf noch die Raffinesse des legendären Daniel Küblböck. Der tumbe Tor hat eine Schläue, die nützlicher ist als die emotionale Intelligenz von Olivia, das Mitleidheischen von Fiona und das Verstecken von Claudelle und Patrick: Unterhaltsamkeit und Arglosigkeit werden von den Zuschauern goutiert, und Learning by doing ist die härteste Währung im Urwald. Aus Joey wurde ein Held wie Stan Laurel oder Forrest Gump, dessen Fehlleistungen und Defizite fast immer Gutes bewirkten – vor allem für ihn selbst. Nach einer Prüfung musste das Jüngelchen sogar beatmet werden und gab sich desorientiert, dachte dann aber doch daran, den Hut mitzunehmen. Wortverdreher und Kolores wie sein triumphierender Ausruf „Let’s geddy to rumble!“ könnte man nicht erfinden, und Daniel Hartwich blieb auch nichts anderes übrig, als den Unfug leise zu wiederholen.

Der Ehrliche war diesmal also der Dumme: Olivia-Oliver gewann 13 von 16 Tagen souverän und wurde dann von seinem Schüler überflügelt. Sehr spät erst wurde Claudelle aus dem Camp befördert, die am Ende dreisterweise noch „Charme“ und „Witz“ versprochen hatte, zwei Entitäten, die ihr in zwei Wochen vollkommen fehlten. Sie salbaderte schließlich sogar noch darüber, wann Olivia wohl mal Oliver ist und verstand dessen Kosmetik als „Maske“, hinter der sich der wahre Oliver verbirgt. Nun je – es gibt verblüffende Masken, die einfach identisch sind mit dem Gesicht eines Menschen, der zum Beispiel aussieht wie Claudelle-Claudia. Die kann man allerdings nicht abschminken. Ob Klaus Baumgart, Fiona Erdmann oder Allegra Curtis noch Lebenslügen sind oder schon Parallel-Existenzen – auch das anstehende „Promi-Dinner“ wird es wohl nicht verraten.

„Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ hat mit dieser Staffel den Grad der höchsten Ausdeutung erreicht. Ein Aufsatz von Peter Sloterdijk fehlt noch, um das langwierige Spektakel mit den Weihen der Bedeutsamkeit zu adeln. Jetzt muss es das Ziel sein, das intellektuelle Niveau im Camp selbst zu heben – die Fragen an Fiona im Fischschlamm waren einen guter Anfang. Vielleicht hat Rainer Brüderle im nächsten Jahr ein paar Tage Zeit. 

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