Drei Klicks zum Glück
DAS KIND HAT ENDlich einen Namen. Dass man sich Filme und Serien digital kaufen kann, ist längst nichts Neues mehr. „Homeland“- oder „Sons Of Anarchy“-Süchtige laden sich die neuen Staffeln gleich nach dem US-Start bei iTunes oder anderen Anbietern runter, um nicht monate-oder gar jahrelang auf die Ausstrahlung in Deutschland warten zu müssen. Aber wie heißt das Produkt, das man dann auf dem Computer, Tablet oder Smart-TV hat? Die größten Hollywood-Studios haben sich jetzt auf „Digital HD“, kurz DHD, geeinigt -ein wichtiger Schritt, sagt Joachim Spang, Geschäftsführer von Twentieth Century Fox Home Entertainment Germany: „Jeder weiß, was eine DVD ist, aber die wenigsten wissen, dass das eigentlich digital versatile disc heißt. Abkürzungen wie DVD oder SMS sind so eingängig, dass daraus sogar neue Wortschöpfungen resultieren -wie simsen oder googeln. DHD hat das Zeug, in den normalen Sprachgebrauch von Konsumenten einzugehen.“
Die Vorteile von DHD sind schnell genannt: frühe Verfügbarkeit (nicht nur Serien, auch Blockbuster wie „Wolverine“ werden oft noch vor der DVD/Blu-ray-Veröffentlichung digital verkauft), attraktiver Preis, überall nutzbar. Vor allem aber braucht man, nachdem man sich vielleicht gerade einen Bluray-Player gekauft hat, nicht schon wieder ein neues Gerät. Man kann die gut vernetzten Leute, so Spang, da abholen, wo sie sowieso schon sind:“Wir haben knapp 140 Millionen Mobile Devices in Deutschland. Bei 82,1 Millionen Bürgern heißt das, dass jeder fast zwei davon hat. Die will man natürlich nutzen, und da ist Digital HD ideal.“
Fox war in Sachen Digitalverkäufe international der Vorreiter, inzwischen hilft den Filmfirmen auch die verbesserte Infrastruktur: Es gibt immer mehr Anbieter, die das DHD-Format unterstützen (siehe Kasten). Aber machen wir uns nichts vor: Der Deutsche ist an sich eher konservativ, das Gerede vom „digital ownership“ ist zumindest den Über-40-Jährigen oft noch suspekt, man hat halt nichts in der Hand. Kann ich wirklich jederzeit darauf zugreifen, bei wem reklamiere ich, wenn etwas nicht funktioniert (versuchen Sie das bei iTunes mal!), wo speichere ich den Kram? Gerade beim letzten Punkt hat sich schon einiges getan: Auf etlichen Plattformen kann man die Dateien einfach online speichern, in der sogenannten Cloud -was bei großen Datenmengen allerdings ganz schön kostspielig werden kann.
Um die „alten“ Formate muss man sich trotz der Konzentration auf DHD keine Sorgen machen: Mit 1,8 Milliarden Euro Umsatz ist der deutsche Home-Entertainment-Markt auf dem höchsten Niveau aller Zeiten. 70 Prozent der deutschen Haushalte haben einen DVD-Player, aber bisher nur 25 Prozent einen Blu-ray-Player -da ist also auch noch Luft nach oben. Spang glaubt jedenfalls an eine friedliche Koexistenz: „Digital kommt on top, es ersetzt nichts. DVDs und Blurays wird es weiterhin geben. Digital HD bietet nur zusätzlich neue Möglichkeiten, Filme zu konsumieren, zum Beispiel unterwegs oder auf verschiedenen Geräten. Und man kann jetzt mit drei Finger-Klicks einen Film anschauen -deshalb kommen viele Digital-HD-Käufer aus der Nichtnutzung. Die haben sich irgendwann aus Bequemlichkeit aus dem Markt verabschiedet und kehren jetzt zurück. Das ist ein tolles Wachstumspotenzial. Und der zweite, mindestens genauso wichtige Punkt ist, dass wir auch sehr, sehr viele Neuverwender für Digital HD haben, die aus der ehemals illegalen Nutzung kommen. Deshalb sehen wir keine Kannibalisierung. Bei den DVDs verlieren wir zugegebenermaßen leicht, bleiben aber auf hohem Niveau. Die Blu-ray wächst weiter, sogar mehr als das digitale Geschäft, das spricht einfach für ihre Qualität. Zum Beispiel ist 3D vorerst primär auf Blu-ray verfügbar.“
Wer sich also gerade einen Bluray-Player gekauft hat, muss nicht befürchten, schon wieder veraltet zu sein – fünf Jahre, nachdem das Format mit großem Tamtam als Revolution gefeiert wurde. Immerhin ist das Teil ja auch abwärts kompatibel, spielt auch DVDs ab. Traumatische Entsorgungsaktionen wie damals bei Einführung der DVD, als Videokassetten plötzlich obsolet waren, stehen also in nächster Zeit nicht an. Haptisch veranlagte Menschen, die gern einen Agentenkoffer mit James-Bond-DVDs besitzen oder eine Blu-ray-Box mit allen „Alias“-Folgen, die wie ein mystisches Artifakt aussieht, können beruhigt sein. Aber wenn die neue Staffel von „24“ anläuft, will man vielleicht doch sofort mit Jack Bauer auf die Jagd gehen -per DHD. Vielleicht geht uns der Begriff bis dahin schon leicht von den Lippen.