Drei Jahre im Schlafzimmer

Zurück aus der Isolation, wollen WEEZER nun statt ihres Innenlebens lieber Globales thematisieren

Rivers Cuomo ist ehrlich überrascht. „Und du meinst wirklich, dass es in Deutschland Leute gibt, die so ähnlich aussehen wie wir, die die gleiche Lebenseinstellung haben und denselben Sinn für eine bestimmte Art von Humor?“

Der Mann, der bei Weezer für Gesang, Gitarre, Texte und nicht zuletzt auch für das schrullige Songwriting verantwortlich ist, kann die Aufheiterung (in Form einer Bejahung dieser Frage) gut brauchen. Nachdem 1996 mit „Pinkerton“ das zweite Album des Quartetts aus L.A. erschien und anfangs eine kommerzielle Katastrophe zu werden schien, zog sich der verunsicherte Songschreiber enttäuscht zurück und lebte für lange Zeit in völliger Abgeschiedenheit. „Ich habe drei Jahre in meinem Schlafzimmer verbracht“, gesteht Cuomo rückblickend, „und hatte so gut wie keinen Kontakt zu anderen Menschen. Ich hielt ,Pinkerton‘ damals für eines der besten Rock-Alben aller Zeiten und steckte all meine Hoffnungen hinein. Doch dann schien’s jeder zu hassen. Der US-ROLLJNG STONE wählte es sogar zum zweitschlechtesten Album des Jahres. Nur Bush waren noch schlechter!“

Und auch wenn „Pinkerton“ in den USA letztendlich doch noch Gold-Status erlangte, konnte der fanatische Kiss-Fan diesen Rückschlag einfach nicht überwinden.“Ich fragte mich fast täglich, ob wir überhaupt noch Fans haben, die uns hören wollen, und je mehr Zeit verging, desto geringer wurde mein Selbstvertrauen. Aber irgendwann rief ich die anderen doch wieder an. Und bei den wenigen Konzerten,

die wir nach und nach gaben, bemerkte ich, dass wir tatsächlich mehr Fans hatten als je zuvor. Großartig!“

Cuomo, Gitarrist Brian Bell, Bassist Mikey Welsh und Drummer Patrick Wilson nahmen also mit Ric Ocasek, der schon das Weezer-Debüt produziert hatte, 19 Songs auf, von denen es lediglich zehn auf das knapp halbstündige neue Album „Weezer“ schafften. Cuomo versuchte verzweifelt, den einen oder anderen weiteren Song mit auf das „grüne Album“ zu nehmen, doch am Ende „passten nur genau diese zehn Stücke zueinander. Es gab einfach keine andere Möglichkeit.“ Jetzt gibt es eben B-Seiten.

Sehr konkret hat sich Cuomo bei den Aufnahmen zum „Comeback-Album“ mit seiner Funktion als Texter auseinandergesetzt: „Ich wollte diesmal nicht ganz so konkret und autobiografisch sein wie noch auf ,Pinkerton‘. Ich fand es ziemlich seltsam, dass sich nach der letzten Platte, die vornehmlich von mir selbst handelte, viele Fans so stark mit meinen Texten identifiziert haben. Ich bin ein eigenartiger Typ und kann es nicht glauben, wenn diese eigenartigen Gedanken von anderen geteilt werden. Deshalb sage ich jetzt gleich: ,Diese Platte ist anders, es geht mehr um globale Dinge als um mein Innenleben.'“

Angesprochen auf die Haupteinflüsse Weezers entpuppt sich der schmalbrüstige Hornbrillenträger, der so selten Interviews gibt, nicht nur als ehrliche Haut, sondern auch als eine wirkliche Ausnahme. Die möglichen Quellen für Cuomos signifikante Songs werden nämlich sofort von ihm bestätigt: „Die frühen Sachen der Beatles und der Beach Boys und natürlich die Pixies hatten definitiv den größten Einfluss auf mein Songwriting. Ebenso Nirvana. Auch ohne die ersten drei Metallica-Alben könnte ich nicht leben. Und im Moment stehe ich auf Limp Bizkit.“

Den letzen Satz meint er tatsächlich ernst – und ergänzt betroffen: „Weißt du, ich bin gar nicht so schüchtern, wie manche mich darstellen. Ich unterhalte mich sehr gern über Musik und andere Dinge. Ich würd auch gern mehr über mich und die Band erzählen, aber da ich weiß, wie viele Menschen das nachher lesen, kann ich es nicht. Ich fühle mich einfach völlig unwohl dabei.“

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates