Diese Band gibt es eigentlich gar nicht. Und trotzdem veröffentlichen THE BREEDERS ihr drittes Album
Nach 29 Jahren kam der König zurück nach Kabul, nach neun Jahren haben die Breeders eine neue Platte gemacht Es gibt auch eine Bandbesetzung zu „Title TK“, aber wenn man überhaupt davon sprechen will, dass sich hier jemand zurückmeldet, dann: Kim Deal, die einzige Konstante in der Gruppe, deren Geschichte man sich aus Momenten, Launen, Zu- und Unfällen zusammenstöpseln muss.
Die Knotenpunkte: Anfang der achtziger Jahre spielten Kim und ihre Zwillingsschwester Kelley in einer Autobahnkneipe bei Dayton/Ohio als The Breeders Songs von Elvis Costello, Hank Williams, den Everly Brothers. „Ich schwöre, den Truckern standen die Tränen in den Augen!“ sagt Kim Deal und verliert sich in eine Schilderung der dortigen Hinterwald-Rockszene, in der Frauen nur in Hair-Metal-Bands am Keyboard stehen durften. Zeug, das ihr plötzlich in den Kopf kommt, rhetorische sideprojects, wuchern im Gespräch zu riesigen Hauptsträngen aus – wie die Band Breeders, die in der zweiten Version von 1990 ja vor allem eine Alternativ-Veranstaltung für sie (Pixies-Bassistin) und Tanya Donelly (Throwing Muses) war, ihr ganz eigenes Jodel-Diplom, weil sie in den anderen Bands nicht genug sagen durften. Dann verkauften die Breeders mit ihrem verschlurften Boston-Rock mehr Platten als alle zusammen.
1993 bei „Cannonball“ (angeblich als Antwort auf menschenfeindliche Aspekte der Philosophie von de Sade gedacht) war auch Kelley Deal in der Band, bis das nicht mehr ging, weil Kim ungern mit Junkies arbeitet- die schlafen ständig ein, merkte sie damals an, und kotzen einen dann voll. Dass die längst entwöhnte Kelley auf „Title TK“ wieder dazugehört, ist noch so ein Zufall: Sie hätte die Breeders auch ohne die Schwester fortgeführt, achselzuckt Kim. Kelley kam halt vorbei, das war’s.
Entscheidender war Kim Deals Bekanntschaft mit den drei männlichen Neuzugängen, denn zwischendurch waren ihr die Musiker ausgegangen. The Amps (ein sideproject der Breeders) waren zerbrochen, weil der koksende Schlagzeuger zu schlurig spielte, „und das waren die späten Neunziger, da entdeckten alle die ProTools-Software und schlössen sich in ihre Kämmerchen ein“. Also lernte Kim selbst Schlagzeug, wollte als One-Woman-Band aufnehmen, aber auch die Tontechniker waren in ProTools vernarrt. „Ich sagte: Sony, das kommt auf normales Tonband! Später merkte ich, dass sie die Bandmaschine nur zur Tarnung mitlaufen ließen und alles digital aufnahmen.“ Ein Vortrag über analoges Glück, so ausführlich wie von Neil Young – bei Produzent Steve Albini mietete Kim Deal sich ein, weil sie wusste, dass der kein digitales Equipment hat. Die neuen Musiker suchte sie, weil Solo-Tourneen mit Session-Söldnern doch doof seien.
Kim Deal hat gar nicht gemerkt, wieviel Zeit über all dem vergangen ist. Die Breeders funktionieren nach rein assoziativer Logik, und die ist in ihrem Kopf bestens aufgehoben.