Die Unmoderne
Nach 23 Jahren kehren Any Trouble mit einem Album zurück, das wieder an ihre alte "StifF"-Zeit erinnert
Es ist der Nachmittag nach der Show in London. Es war das erste Konzert von Any Trouble seit Dezember 1984. „Wir waren schon sehr nervös“, sagt Clive Gregson noch leicht verkatert und schwer erleichtert. „Aber dann war es toll, auch sehr emotional. Die Leute haben die Songs mitgesungen -und wir klangen fast so, als ob wir gewusst hätten, was wir da taten (lacht).“
Die geglückte Reunion in Fast-Originalbesetzung – nur der inzwischen im Filmgeschäft erfolgreiche Ur-Bassist Phil Barnes musste passen – ist nicht zuletzt eine späte Genugtuung für Gregson, der nach Any Trouble u.a. für Richard Thompson spielte, mit Christine Collister sang und schon seit 1992 in den USA lebt. „Damals dachte ich immer, dass wir nicht gut genug waren“, rekapituliert der Sänger und Songschreiber aus Manchester. Inzwischen sei er aber davon überzeugt, dass Any Trouble als „verzweifelt unmodische Band wirklich unter Wert verkauft wurden“. Eine „Melody Maker“-Konzertkritik eröffnete Allan Jones damals mit dem schönen Satz, „Any Trouble zu mögen, macht mir jetzt keine Schuldgefühle mehr.“ Wozu nie Anlass bestand, auch wenn Gregson der Furor der Costellos und Jacksons abging – deren schlechte Manieren allerdings auch -, wenn er in Songs wie „Nice Girls“ und „Second Choice“ seinen Frust mit den Frauen in unprätentiösem Soul-Pop sublimierte.
Für das neue Album „Life In Reverse“ saß mit John Wood wieder der Mann im Produzentensessel, der schon die ersten beiden Alben betreut hatte. Über gemeinsame Arbeiten für andere Künstler war der Draht zwischen ihm und Gregson nie abgerissen. Erstaunlicher und kurioser ist indes, dass mit Stift Records auch die alte Firma den neuen Anlauf veröffentlicht. Die reaktivierte Label-Legende, anno ’77 Sprungbrett für Costello, lan Dury und Hausproduzent Nick Lowe, hatte den Kontakt zu Gregson schon gesucht, als die Wiederveröffentlichung des Debüts „Where Are All The Nice Gir]s?“ anstand. 1981 hatte Stiff der Band mitten in einer US-Tournee im Gefolge des zweiten Albums „Wheels In Motion“ den Laufpass gegeben – ein Schock, von dem sich Any Trouble trotz eines zweiten Versuchs mit neuem Personal nie aiehr erholen sollten. „Es sind andere Zeiten und andere Leute“, konzediert Gregson. „Pete Gardener, der neue Stift-Chef, ist bei der Reissue-Geschichte unheimlich fair zu uns gewesen. Das gab mir auch für das neue Album ein gutes Gefühl.“
Die neuen Songs, „ohne die eine Reunion für mich keinen Sinn ergeben hätte“, hat Clive Gregson größtenteils wirklich neu geschrieben. „Ich musste mich wieder fragen: Worum ging’s eigentlich bei Any Trouble? Es ging um kurze Up-Tempo-Pop-Songs mit Hooks und Jangle-Gitarren.“ Und auch um eine gewisse Pop-Unschuld, die „That Sound“ gleich zum Auftakt von „Life In Reverse“ transportiert. Aber glaubt Gregson wirklich noch oder wieder daran, 23 Jahre später? „Ich denke schon“, sagt er lachend. „Aber die Mischung muss stimmen. Einiges hätte schon aufs erste Album gepasst, während anderes immer noch wie Any Trouble klingt, aber doch ein wenig reifer und moderner. Die Leute sollen ja nicht denken, dass wir in all den Jahren nichts gelernt hätten.“