Die Rückkehr der Rückkehr des Prog-Umhangs oder Thrashmetal-Duos im Zentrum der Erde
Für Uneingeweihte: Rick Wakeman erzählt mit ganz viel Tschingderassabum und Akustiknebel die auf Jules Vernes Niederschrift basierende Geschichte des Professor Lidenbrok, der mit seinem Neffen Axel und einem weiteren Protagonist namens Hans zum Erdzentrum vordringt. Ja, meine Damen, von so etwas sollten alle Alben handeln!
Folge 49
Was für eine Woche liegt hinter uns: Bob Dylan kündigt ein Cover-Album mit Torch-Songs an, Blumfeld tun sich für eine Tour in Originalbesetzung zusammen und Costa Cordalis bekennt in der „Bild-Zeitung“: „Ich war einer Hure hörig.“
Mich beschäftigt in diesen Tagen indes anderes: Der britische Prog-Keyboarder und leidenschaftliche Umhang-Träger Rick Wakeman zum Beispiel. Lassen Sie mich erklären: Menschen, denen offenbar massiv der Schalk im Nacken sitzt, gefiel es, mir Wakemans neue CD „Journey to the Centre of the Earth“ zuzusenden. Es handelt sich um eine Neueinspielung des 1974 veröffentlichten Irrsinnswerks gleichen Titels, dem Wakeman 1999 das Sequel „Return to the Center of The Earth“ folgen ließ. Nun, da er das Fieberwerk neu eingespielt hat, muss man eventuell von der „Return to the Return of the Return of the Center of the Earth“ sprechen. Eventuell auch nicht. Um es klar zu sagen: Ich bin vollkommen besessen von der Musik und werde für den Rest meines Lebens vermutlich nichts anderes mehr hören. Die Musik ist zwar nicht gut, dafür aber toll.
Für Uneingeweihte: Wakeman erzählt hier mit ganz viel Tschingderassabum und Akustiknebel die auf Jules Vernes Niederschrift basierende Geschichte des Professor Lidenbrok, der mit seinem Neffen Axel und einem weiteren Protagonist namens Hans zum Erdzentrum vordringt. Ja, meine Damen, von so etwas sollten alle Alben handeln!
Doch zur Musik: Wer Fanfaren-Getröte, wildes Pauken, Flötengesäusel, donnernde Chöre, effekthascherische Streicher und bedenkliche Synthie-Sounds zu schätzen weiß, dem dürfte hier das ein oder andere „Hallelujah“ abgehen! Auch ganz toll: Der distinguierte Erzähler des Ganzen. Ich glaube, ich höre mir nie wieder eine Platte an, auf der es keinen Erzähler gibt, der Sätze wie diesen spricht: „According to the original parchment of Arne Saknussemm, in the last days of the month of June, the shadow of Scataris would fall upon the opening they were to enter.“ Aber auch so qualmt es hier aus jeder Rille: Das Prog-Pomp-Mantra wird mit viel Inbrunst und ohne jede Angst vor Kitsch intoniert. Manchmal meint man, ein irre gewordener Musical-Komponist habe endgültig allen falschen Subtilitäten die Tür gewiesen und mal so richtig Vollgas gegeben. An anderen Stellen klingt es wie die indiskutabelsten Stellen eines „Night of the Proms“-Abends. Rick Wakeman MUSS während der Produktion einen Umhang getragen haben, anders ist diese Nebelkerzen-Musik nicht zu erklären!
Ich glaube, wenn zu viele Menschen von dieser Platte erfahren, ist als Gegenreaktion ein reflexhaftes Punk-Revival nicht auszuschließen. Ich werde die Sache im Auge behalten!
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Eine Geschenkidee: Wer tolle Kindermusik für Leute sucht, die auch für edles Kristallglas schwärmen, dem empfehle ich die Platten von Rolf Swarovski und seinen Freunden. Wer wiederum ein Buch sucht, in dem der debile Erbe einer Kristallglas-Dynastie mit seiner aus unterprivilegierten Verhältnissen stammenden Jugendbande knifflige Kriminalfälle löst, dem sei das Buch „Rolf Swarovski und seine fünf Freunde jagen die Phantomeidechse“ ans Herz gelegt. Etwas schwächer, weil mit blöden Subplots überladen, ist das Nachfolgebuch „Rolf Swarovski und seine fünf Freunde jagen den Schriftsteller mit dem Fimmel für blöde Subplots“.
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The Flaming Lips – ist das nicht die Band, die dauernd irgendetwas mit Miley Cyrus macht?
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Die Barbecue-Smoker qualmen, die Haut riecht nach komischen Ölen und die Welt trägt einen Schokoladeneisrand um den Mund. Eine gute Zeit, um saisonal angemessene Musik zu hören. Einigermaßen geeignet schien mir da zunächst die Band Shitfucker, deren Album „Suck Cocks In Hell“ sich anhört, als würden der alte Computer, auf dem ich diesen Text schreibe, und meine Waschmaschine gemeinsam beim 666. Satanistischen Song-Contest das Land Transsylvanien vertreten. Gestolpert bin ich über die Band mit dem erfrischend sorglosen Bandnamen beim Durchschmökern der 2013er-Jahresbestenliste der stets verlässlichen Seite The Quietus, in der die Gruppe den 100. Platz zu belegen die Freude hatte.
Aber wie schade: Gerade als ich meinte, eine schöne neue Band zum Verschrecken meiner Indierock-Freundinnen gefunden zu haben, musste ich feststellen, dass die Knallbirnen von Shitfucker eine abgewandelte Swastika als Bandlogo benutzen, was ihrem letzten Album bereits eine Cover-Indizierung in Deutschland einbrachte. Man verstehe das nicht falsch: Shitfucker sind keine Nazis, aber das effekthascherische Provozieren mit der Swastika ist leider immer eine ganz traurige Selbstentlarvung. Wenn der Einfallsreichtum für selbstgezimmerte Geisterbahn-Effekte nicht ausreicht, muss eben die Swastika her. Leider doof.
Kleiner Exkurs: Ich muss bei diesem Musik-Genre immer an meinen Kindheitsfreund Alfons denken. Alfons war ein wenig älter als ich und wohnte mit seinem Säufervater im Hochhaus. Ich war 14 und in Stil-Angelegenheiten noch nicht so gefestigt wie mein Kumpan: Alfons nämlich gebot über dünnes langes Haar, einen Oberlippenflaum und eine Flying-V-Gitarre. Und er liebte die Musik von Venom und Anthrax und anderen Prügel-Metallern. Irgendwann beschloss er, mit mir als Schlagzeuger ein Thrash-Metal-Duo zu gründen. Da ich nicht den Schneid hatte, meinem Freund die Sache auszureden und sein Enthusiasmus keine Grenzen kannte, tat ich halbherzig mit. Er legte sich bald den Künstlernamen Alfons Asche zu. Bevor ich zu einem einigermaßen angemessenen Nome d’arte finden konnte, musste ich Alfons schweren Herzens doch meinen Ausstieg mitteilen. Mir schien die Sache mit dem Trash-Metal-Duo einfach nicht probat (Welch Irrglaube! Wir hätten legendär werden können, gibt es meines Wissens doch bis heute kein Trash-Metal-Duo!). Vor allem aber konnte ich dann doch nicht so wahnsinnig viel mit dem Genre anfangen. Alfons war am Boden zerstört. Ich werde nie vergessen, wie ich ihm auf unserer Terrasse neben der quietschbunten Hollywoodschaukel meinen Ausstieg verkündete und er, den Tränen nah, mit der Stiefelspitze Ameisen zertrat.
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Auf seiner Homepage empfiehlt der tolle Dean Wareham, seines Zeichens ehemaliger Vorsteher von Galaxy 500 und Luna, in der Rubrik „Song of the Week“ jede Woche ein Stück. Das Lustige: Fast alles klingt wie Dean Wareham. FAST alles! Gar nicht so sehr nach Dean Wareham tönt eine mir bis dato unbekannte Band, die er vor ein paar Wochen empfahl: Parsley Sound hören sich an, als seien bislang verschüttet geglaubte Aufnahmen eines 80er-Jahre-Lo-Fi-Projekts von Syd Barrett aufgetaucht. Was die Texte angeht, regiert THC-Lyrik: „Twilight Mushrooms over my head, that’s all she said“. Sehr schön.
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Gestern nun war zu erfahren, dass die Flaming Lips mit unter anderem Moby und Miley Cyrus das komplette „Sgt. Pepper“-Album gecovert haben und dieses im Herbst zu veröffentlichen gedenken. Vielleicht sollten die Flaming Lips lieber Rick Wakemans „Return to the Return of the Return of the Return“ nachdudeln. Oder alles von Shitfucker. Ich gründe jetzt jedenfalls doch noch schnell ein Trashmetal-Duo, um im Erdenzentrum das Gesamtwerk von Keith Emerson nachzuspielen. Alfons Asche will reign in Ketchup! Es gibt viel zu tun!