Die Red Hot Chili Peppers sind heute gesünder denn je, schwächein aber trotzdem: Sie haben den Kontakt zum Publikum verloren

MÜNCHEN, OLYMPIAHALLE. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Es wird geklatscht, getrampelt und geschrien, als wären die Beatles auferstanden. Dabei sind es nur die Chili Peppers, und deren bester Abend ist dies nicht. Die lautstarke Begeisterung übertüncht gnädig manchen Missklang, aber schon nach wenigen Songs lässt sich nicht mehr verbergen, dass Anthony Kiedis die hohen Töne nur sehr selten trifft. „Warum schreiben die denn keine Lieder, die sie auch singen können?“, fragt meine Begleitung mit einiger Berechtigung.

Der Rest der Band strampelt sich ordentlich ab, um Kiedis‘ Schwächen auszugleichen. Gitarrist John Frusciante singt, so viel er kann (und er kann nicht besonders viel), Flea springt immer noch wie ein Rumpelstilzchen herum und spielt Bass-Soli, die keiner braucht. So grandios fast alle Songs auf „By The Way“ sind, so schön es ist, sich an „Otherside“, „Under The Bridge“ und so weiter zu erinnern – live klingt all das kein bisschen dynamischer oder spannender, nur schlampig.

Es hilft auch nichts, dass Kiedis viele gymnastische Übungen macht und die ganze Bühnenbreite ausnutzt – mit dem Publikum spricht er so gut wie gar nicht, die Verbindung ist gekappt. Es ist fast, als sähe man ihn bloß auf einer Videoleinwand. So eine haben die Peppers tatsächlich auch, aber dort tauchen nur barbusige Tänzerinnen auf. Irgendwas läuft hier falsch.

Heutzutage nehmen die Chili Peppers zwar keine Drogen mehr und haben trotz ihrer Hänger das Geschehen einigermaßen im Griff. Sie spielen fast immer alle denselben Song und geraten sich selten in die Quere. Sie fallen nicht mehr um – aber auch nicht mehr auf. Sie sind Kräuterteetrinker geworden und Vitaminpillenfresser. Sie gehen mit Supermodels aus und surfen wahrscheinlich nur noch, wenn die Brandung nicht so stark ist. Sie sind das geworden, was man von dieser Chaotentruppe wohl als allerletztes erwartet hätte: langweilig.