Die Rebellion der Stunde
Fünf gegen den Rest der Welt: MOGWAI zeigen ihrem Publikum zwar auch mal die nackten Hintern, versuchen aber, sich mit der Industrie zu arrangieren
Wenn Mogwai-Gitarrist Stuart Braithwaite sehr betrunken ist, kommt manchmal der Geist des Rock’n’Roll über ihn. Dann verkündet er in irren Reden die V&hrheit über seine Band: Dass nämlich Mogwai, die fünf Wichtel aus Glasgow, viel mehr Punk sind als alle Drei-Akkord-Wunder. Dass ihr Hass auf das Kunstgewerbe Jndie-Rock“ die Rebellion der Stunde ist. Dass sie Außenseiter sind, weil sie nicht singen wollen, und dass Kappa die einzig wahren Kapuzenpullis macht. Das ist normalerweise alles intern und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt – die würde denken, Mogwai wollten bloß respektierte Anti-Helden sein.
Vor zwei Jahren war leider ein Journalist dabei, als Braithwaite mit Brausekopf sprach, und der hat alles drucken lassen. Dann zettelte der NME noch eine kleine Debatte über Mogwais Tour-T-Shirts mit der Aufschrift „Blur are shite“ an – ein Buben-Witz natürlich, für den die Band aber viel leiden musste. Weil ihre Hörer nun mal keine Leserbiefe schreiben.
Wo die passende Solidargemeinschaft sitzt? Auch nicht in der Postrock-Zentrale Chicago. Mogwais nachtblaue Gitarrenstücke stillen zwar ähnliche Sehnsüchte, aber Tortoise haben sicher noch nie dem Publikum die nackten Hintern gezeigt, wenn zu wenig geklatscht wurde. Bleiben nur die Glasgower Zechkumpane von Arab Strap und ihrem Label Chemikal Underground, denen sie vor kurzem allerdings die Zusammenarbeit aufkündigten. Mit ziemlich schlechtem Gewissen immerhin. Dafür reichte das Geld der neuen Firma Southpaw eben für genug Studiozeit, um US-Produzent David Fridmann (Mercury Rev, Fläming Lips) auf dem dritten Album „Rock Action“ Geigen und Soundspiele installieren zu lassen. Und der Vertrieb in kleine Länder funktioniert jetzt auch endlich. Dass die Industrie der Antichrist ist, haben Mogwai ja schließlich auch nie gesagt Höchstens der Geist in Stuart Braithwaite.