Die Rache des komischen Mannes: Mit FAULTLINE will David Kosten jetzt den Mainstream infiltrieren
David Kosten Ist ein komischer Mann. Am liebsten sitzt er in seinem Studio, das er „Bunker“ nennt und dessen fehlende Fenster ihn nicht stören. „Wenn ich dort bin, grabe ich mich völlig ein. Ich habe ja keine Band, also bin ich auf mein eigenes Urteil angewiesen.“ Es hat ihn nicht getäuscht beim zweiten Album seines Projekts Faultline, „If Our Love Means Everything“. Kosten, der sich selbst für einen „schrecklichen Tüftler“ hält, ist froh, dass die Mischung aus Elektronik-Sounds, Pop-Melodien und Gaststimmen so gut gelungen ist: „Es fällt mir immer schwer, Entscheidungen zu treffen, aber bei Musik geht es: Da weiß ich, wann Schluss ist. Ich hasse es, Songs zu überladen.“
Ausgezahlt hat sich vor allem der Mut Kostens, verschiedene Sänger zu suchen. So schön seine Instrumentals sind, am einprägsamsten sind doch die Stücke mit Stimme. Kosten wusste von Anfang an, dass er Sänger haben wollte, aber wie sollte er an solche rankommen? Jahrelang hat sich keiner für mich interessiert, ich war wie unsichtbar. Letztendlich habe ich einfach die Menschen angeschrieben, deren Musik mir etwas bedeutet.“
Er versuchte es zuerst bei Michael Stipe, weil er „dessen Stimme und Worte liebte“, und bei Wayne Coyne von den Fläming Lips, dessen Humor und herrliche Stimme nun „The Colossal Gray Sunshine“ ziert. „Vielleicht war es naiv, aber ich dachte, wenn sie die Deos erst mal anhören, dann werden sie sich vielleicht auch bei mir melden. Und das haben sie getan.“ Für Stipe suchte er schließlich ein bekanntes Stück aus „Das Traditional ‚Greenfields‘ kenne ich seit 30 Jahren, aber wenn ich es jetzt höre, denke ich immer an Michaels Stimme. Es ist jetzt sein Song.“
Leicht war es indes nicht, den Mann vors Mikro zu kriegen. „Keiner glaubte, dass es funktionieren würde. Aber Michael ist wohl auch so erfolgreich, weil er Musik wirklich liebt – und es ist ihm egal, ob sie von einem Prominenten kommt oder von einem unwichtigen kleinen Mann wie mir.“ Am problematischsten war es, einen Termin zwisehen all den Terminen zu finden. „Es hat alles irrsinnig langgedauert Irgendwann kam plötzlich ein Anruf von ihm aus London – er wollte mich sehen. Wir trafen uns in einem Fischladen in Nottinghill. Redeten über Musik. Verstanden uns gut. Einige Monate später flog ich nach New York, wir redeten wieder, und dann wurde endlich ein Studio gebucht. Am Ende war alles so surreal das Warten, der Jetlag, die Aufregung. Aber es hat sich sehr gelohnt!“
Gleich bei zwei Liedern ist Chris Martin mit dabei, von dem Kosten schon bei den ersten Londoner Konzerten von Coldplay begeistert war: „So ein beeindruckender Sänger! Der Einzige, der auf meine Anfrage nicht geantwortet hat, war Scott Walker. Ich weiß gar nicht, ob er das Demo gehört hat. Das war schade, aber andererseits: Diese vier sind schon genug!“ Vierter im Bunde ist Jacob Golden, dem Kosten wünscht, dass er „so berühmt wird wie die anderen drei, das hat er verdient“.
Für sich selbst hat sich Kosten das Ziel gesetzt, weiter bei einem Major-Label zu bleiben: „Es ist wie ein chemisches Experiment. Ich will sehen, ob man im Mainstream existieren kann und ihn infiltrieren, ohne Kompromisse zu machen. Mit purer Musik. Ohne Lärm. Es wäre großartig, wenn ein ulkiger Bastard wie ich damit durchkäme.“ Sicher, dass es klappen wird, ist er sich nicht: „Ob bei diesem Experiment am Ende ein kleiner Mist-Klumpen überbleibt oder grandioses Bouquet, weiß ich nicht. Aber ich weiß, was mir lieber wäre!“