Die Prinzen von Amerika – Will Smith löst Tom Cruise als Superstar ab – nun kommt Barack Obama

Großes Kino konnte man in den letzten sechs Monaten sehen. Es wurde gejubelt und geweint mit der Melodramatik eines Monumentalfilms, getrickst und gekämpft wie in einem Survival-Thriller. Der Plot bot überraschende Wendungen und dramatische Momente, die Hollywood als Drehbuch Millionen wert wären. Das Duell zwischen Hillary Clinton und Barack Obama um die Kandidatur der Demokraten fürs Amt des amerikanischen Präsidenten wirkte wie ein Zusammenschnitt aus Franklin J. Schaffners „Der Kandidat“ (1964) und Mike Nichols‘ „Mit aller Macht“ (1998). Und die Fortsetzung könnte noch spannender ausfallen: Denn als erster Schwarzer hat Obama eine reale Chance, erster Mann im Staate zu werden.

Im Showbiz hat Will Smith diese Position bereits erreicht. Der von Kritikern lange belächelte Entertainer ist derzeit Amerikas erfolgreichster und beliebtester Star. The Fresh Prince, wie er sich als Rapper zu Beginn seiner Karriere Anfang der 90er Jahre nannte, verdiente im letzten Jahr 31 Millionen Dollar. „I Am Legend“ setzte weltweit 590 Millionen Dollar um, selbst das Drama „Das Streben nach Glück“ schaffte knapp 300 Millionen und bescherte ihm die zweite Oscar-Nominierung. Für jeden Dollar seiner Gage spielen seine Filme im Schnitt zehn ein. In der „Power List 2007“ der Zeitschrift „Premiere“ über Hollywoods mächtigste Zeitgenossen kam der 39Jährige immerhin auf Rang neun – vor Kollegen Johnny Depp, Brad Pitt, Tom Hanks und George Clooney.

Vor allem hat Smith damit seinen engen Freund Tom Cruise als einflussreichster Schauspieler entthront, der noch 2006 vor allen Kollegen den achten Platz belegt hatte und jetzt weit nach unten durchgereicht worden ist. Cruise dominierte seit „Top Gun“ (1986) das Geschäft, vor allem in den 90er Jahren unter Präsident Bill Clinton, mit dem ihn das stets strahlende Lächeln und der jungenhafte Charme verband. Beide galten als Sexsymbole und wurden trotz aller Erfolge nie so ganz ernst genommen.

Clinton hielt zwar zwei Regierungszeiten durch – nahm mit dem Monika-Lewinsky-Skandal aber vorweg, was Cruise erst in den vergangenen zwei Jahren gelang: die komplette Selbstdemontage. Allerdings begann dessen Krise bereits mit dem Amtsantritt von Präsident George W. Bush. Im rasanten Wandel zwischen 9/11 und Irakkrieg, Fantasy- und Superhelden-Blockbustern war Cruise zunehmend auf verlorenem Posten.

Mit Cruise endet eine Ära – und womöglich auch die des Clinton-Clans. Bizarre Auftritte und Äußerungen haben ihn ins Abseits manövriert. Sein Verhalten ähnelt dem Hochmut und der Nervösität, mit der auch Hillary Clinton sich wohl letztlich um ihre Chancen bei den Vorwahlen gebracht hat. Cruise benahm sich wie ein Sonnenkönig, schätzte bei seiner PR-Offensive seine Wirkung in der Öffentlichkeit falsch ein. Und Hillary Clinton unterschätzte Barack Obama. Sie und ihr Team glaubten erst selbstherrlich an einen Triumphmarsch, dann schlugen sie wild um sich. Nun erscheinen Smith und Obama wie das Fanal einer Zeitenwende.

Freilich ist Rassismus weiterhin existent. Auch sind Armut, Kriminalität und Drogenprobleme in der afroamerikanischen Bevölkerung immer noch stark verbreitet, der große Aufschwung lässt auf sich warten. Anders als etwa Eddie Murphy in den 80er Jahren („Ich bin dein Albtraum – ein Nigger mit Polizeimarke“) aber thematisieren Obama und Smith die Hautfarbe lieber nicht. Sie erhalten schließlich Sympathien aus allen Schichten, die Wert auf amerikanische Tugenden legen: Familie, Glaube, Ehrgeiz. Will Smith, der permanent von seiner glücklichen Ehe und den Vaterfreuden schwärmt, kokettierte schon vor Jahren damit, er wolle einmal US-Präsident werden. Sollte es Barack Obama gelingen, könnte Smith ihn zumindest im Kino spielen.

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