Die Liebe feiern
Cody Chesnutt sitzt auf der schmalen Fensterbank eines Zimmers im 33. Stock. Wobei „sitzt“ die Sache nicht ganz trifft: Sein ganzer Körper ist in Bewegung, der Oberkörper schwingt hin und her, sein Fuß wippt den Takt, seine linke Hand schnippt den Rhythmus, mit der rechten klopft er mal an die Zimmerwand, mal auf den Tisch. Immer wieder grinst und lacht er, während er spontan eine A-cappella-Version seines Songs „What Kind Of Cool (Will We Think Of Next)“ improvisiert, mit einer Stimme, die fast zu groß ist für diesen kleinen Raum. Es ist wohl diese Verbindung aus Magie und Spontaneität, die auch das Comeback von Cody Chesnutt zu einem der stärksten Soul-Alben des Jahres macht. „Landing On A Hundred“, der Nachfolger des 2002 erschienenen Debüts, „The Headphone Masterpiece“, hat eine besondere Aura, die auch daher rührt, dass es an historischer Stelle aufgenommen wurde: in den Royal Studios in Memphis. Dabei wollte er gar nicht der Vergangenheit nachjagen: „Ehrlich, der Hauptgrund, dort die Rhythm-Tracks aufzunehmen, war der günstige Kurs für Analog-Tapes. Aber sobald du diesen Raum betrittst, in dem all die Songs eingespielt wurden, die deine Kindheit geprägt haben, kannst du dich natürlich gegen diese Aura nicht wehren. Boo Mitchell, Willies Sohn, der das Studio übernommen hat, erzählte mir, wie Al Green dort, Love And Happiness‘ angezählt hat, indem er auf eine hölzerne Coca-Cola-Kiste stampfte.“
Man höre nur „Love Is More Than A Wedding Day“ – Chesnutts Lieblingssong des Albums, der seine Läuterung vom Womanizer zum treuen Ehemann in schönsten Soul gießt. „Dieses Lied ist für mich der stärkste Beweis für die Kraft der Musik. Es hat unsere Beziehung zumindest ein Stück gerettet, und immer wenn ich es singe, erinnert es mich daran, wie wichtig es ist, die Liebe zu feiern und sich nicht von den Oberflächlichkeiten und dem Alltag auseinanderbringen zu lassen.“