Die hohen Qualitätsansprüche am Standort Koblenz haben Blackmail zu einem Alternative-Rock-Meisterwerk getrieben. Nur Feinde hören hier weg
„Friend Or Foe?“, fragen Blackmail im Titel ihres vierten Albums, und man wundert sich ein bisschen über diese Zuspitzung. Dass die vier Jungs vom Rhein eigentlich alles richtig machen und sich schön absondern vom bloßen Vasallentum der meisten nationalen Kollegen, das hat man auch dann wohlwollend bemerkt, wenn man angesichts der bisherigen Veröffentlichungen nicht gleich in übermäßige Begeisterung ausgebrochen ist. Der kreative Koblenzer Klüngel um Aydo Abay und Kurt Ebelhäuser schien in Haupt- und Nebenwerk festen Willens, Kontur zu entwickeln und die eigenen kreativen Potenziale voll auszuschöpfen, und dafür gab’s Applaus aus allen Lagern – das auch freilich, weil Blackmail, Scumbücket und zuletzt Abays Zweitband Ken trotz Major-Verträgen und relativem Ruhm alles allzu Vordergründige mieden und sich ein großes Maß an künstlerischer Integrität erhielten.
Warum Blackmail einem nun also ein klares Bekenntnis abfordern und dazu irgendwie anmaßend Christus auf dem Cover leiden lassen, das würde man gern wissen. „Für uns ist „Friend Or Foe?’die Essenz all unser bisherigen Platten“, verteidigt sich Abay, „insofern ist der Titel doch richtig; wer diese Platte hört, der hört Blackmail – und kann dann Stellung beziehen.“ Großer Zwist ist indes nicht zu befürchten. „Friend Or Foe?“ löst tatsächlich viele der bislang hier gemachten Versprechen ein und ist nach einigen Gesellenstücken so eine Art Meisterprüfung im selbst gewählten Fach der alternativen Rockmusik. Die Songs, die Sounds, die Souveränität, all das ist so, dass man nun so auch die offizielle Sprachregelung – Blackmail nicht mehr mit anderen Bands vergleicht, sondern andere Bands mit Blackmail. Dabei war zunächst alles schwierig. „Ich hatte mir für diese Platte viel vorgenommen“, erklärt Abay, „meine Stimme sollte anders klingen, und ich wollte Texte schreiben, die reflektieren, was uns seit dem letzten Album so passiert ist Das Singen und Texten war dann zunächst leider eine Tortur. Ich war unzufrieden, wusste aber nicht, wie ich’s besser machen kann – so richtig zusammengekommen ist alles erst am Ende. Aber so ist das. Manchmal muss man ziemlich kämpfen, bis man den Weg findet, auf dem’s der Hammer wird.“
Dass das kreative Ringen um „Friend Or Foe?“ beschwerlicher geriet als in der Vergangenheit, mögen Blackmail sich dabei selbst zuzuschreiben haben; Aydo Abay, Kurt Ebelhäuser, Carlos Ebelhäuser und Mario Matthias investierten den auch in mageren Zeiten offenbar noch tolerablen Vorschuss der Plattenfirma in das Band-eigene Studio „45“ (eine genaue Kopie des „Blu-Box“-Studios von Tonmeister-Star Guido Lucas, der die ersten Blackmail-Aufnahmen betreut hatte) und machten sich ganz allein ans Produzieren. „Die Sache mit dem Studio lag nahe“, erklärt Abay.“Kurt hat sich als Produzent für raue, nicht so hochproduzierte Sounds mittlerweile einen guten Namen gemacht, und genau dieser Sound schwebte uns fürs neue Album vor. Da hätte ein außenstehender Produzent nur gestört.“
Mit Außenstehenden sind Blackmail im Moment ohnehin eher vorsichtig. „Nach dem ja doch ziemlich großen Erfolg unseres letzten Albums haben wir schon mit viel Unehrlichkeit und Geschleime zu tun gehabt“, sagt Abay, „wir mussten lernen, abzublocken und genau auszuchecken, mit wem wir es zu tun haben. Das war eine ziemlich bittere Erfahrung.“ Nun denn: Friend or foe?