Die heimliche Mach tder Montage
Die Fotobearbeitungs-Software Photoshop ist nicht nur ein beliebtes Spielzeug, sondern auch eine politische Waffe im amerikanischen Wahlkampf geworden
Wenn Michael Moore und George W. Bush händchenhaltend über die grüne Wiese des Weißen Hauses schlendern, weiß auch der gutgläubigste Zeitgenosse, dass da irgendwas faul sein muss.
Es ist kein Zufall, dass gerade Moore, der schon auf seinem letzten Buchcover heftig montierte, begeisterter Anwender einer Computer-Software ist, die seit Jahren zum Handwerkszeug professioneller Grafiker gehört, inzwischen aber auch Millionen von Freizeit-Monteuren inspiriert. Die scheinbar nahtlose Collage von Fiktion und Realität, durch simples „Cut & Paste“ ermöglicht, ist schließlich nichts anderes als das grafische Äquivalent zu Moores filmischer Montagetechnik. Gelehrte Köpfe sehen bereits die endgültige „Demokratisierung der Technologie“ am Horizont aufziehen, die digitale Fotomontage als Fortsetzung des politischen Cartoons, mit dem gravierenden Unterschied, dass handwerkliche Fähigkeiten hier auf ein Minimum beschränkt – und der anschließenden Verbreitung im Internet keinerlei Grenzen gesetzt sind.
Photoshop von Adobe, seit 1989 auf dem Markt, gilt noch immer als der Rolls Royce unter den Fotobearbeitungs-Programmen, die in abgespeckter Form aber heute schon auf jedem Aldi-PC vorinstalliert sind. „Gulf Wars – Episode II“, eine Collage des „Mad“-Magazins, das in unzähligen Varianten im Netz kursierte, war letztes Jahr vermutlich einer der Auslöser dafür, dass „Photoshopping“ inwischen zum amerikanischen Volkssport geworden ist. Auf Websites wie Freakingnews.com beispielsweise wird täglich ein süffiges, meist politisches Thema vorgegeben, das dann von fantasievollen Amateur-Grafikern lustvoll visualisiert und variiert wird. Ein Gewinnspiel mit Sieger und Jackpot darf bei einem zünftigen amerikanischen „Contest“ natürlich nicht fehlen.
Dass dieser digitale Malwettbewerb primär von einer jüngeren Klientel frequentiert wird, lässt sich allein schon an der Vielzahl der popmusikalischen Querverweise ablesen. Plattencover und Filmplakate sind eine beliebte Inspirationsquelle, Popstars eine bevorzugt benutzte Schablone. Angesichts dieser demografischen Basis kann es denn auch nicht überraschen, dass in diesen Tagen vor allem George W. sein Fett abbekommt.
Doch dass eine Software keine politischen Präferenzen kennt, musste unlängst die linksliberale „Washington Post“ feststellen, als sie ein frühes Foto der Vietnam-Gegner John Kerry und Jane Fonda publizierte. Richtig: Bush-Gegner sind – und Vietnam-Gegner waren – sie beide, doch ein gemeinsames Foto, das gab’s nie.