Die größten Musiker aller Zeiten: Aerosmith – Essay von Slash
Ich glaube, die heutige Generation hat nicht die leiseste Ahnung, wie gut der klassische Aerosmith-Stoff war.
Ich glaube, die heutige Generation hat nicht die leiseste Ahnung, wie gut der klassische Aerosmith-Stoff war. Sie lieferten nicht nur die Vorlage für mich, sondern hinterließen auch ihre Spuren bei diversen Post-Guns-N’-Roses– Bands: Soundgarden, Nirvana, Alice In Chains und Pearl Jam haben alle ein Stück von ihrem Kuchen abgebissen.
Meine große Erleuchtung passierte, als ich 14 war. Ich hatte eine ältere Freundin, der ich unbedingt an die Wäsche wollte; nach langem Quengeln lud sie mich schließlich nach Hause ein. Wir hingen rum, rauchten Pot und hörten Aerosmiths „Rocks“. Es traf mich wie ein Donnerschlag. Ich saß nur da und legte das Album immer und immer wieder auf – und hatte das Mädchen längst vergessen. Ich erinnere mich noch, wie ich an dem Abend mit dem Fahrrad zurück zu meiner Großmutter fuhr und wusste, dass sich mein Leben verändert hatte. Ich hatte etwas gefunden, mit dem ich mich identifizieren konnte.
Der Schlüssel zu „Rocks“ sind die beiden ersten Songs: „Back In The Saddle“ und „Last Child“. Diese Links-rechts-Kombination riss mir den Kopf weg. Mein Favorit war aber immer „Nobody’s Fault“, das zweite Stück auf der B-Seite: Sie hatten diese aggressive, psychotische, durchgekokste Ausstrahlung, hatten gleichzeitig aber auch ihr kleines Stones-artiges Blues-Ding am laufen.
Sie waren so laut, dass man kaum eine Note identifizieren konnte – und trotzdem war es höllisch gut
Als ich Gitarre lernte, gaben mir Aerosmith den nötigen Tritt in den Arsch. Ich identifizierte mich mit Joe Perry, musikalisch und visuell. Er hatte einen ganz eigenen Schliff, der mich irgendwie an Keith Richards erinnerte; er war immer so wunderbar kaputt und bearbeitete seine Gitarre mit unglaublicher Coolness. Ich stand auch total auf Brad Whitfords Soli: Er hatte einen größeren Einfluss auf mich, als den meisten wohl bekannt ist.
Mein erstes Aerosmith-Konzert war 1978 – bei einem Festival mit Van Halen: Sie waren so laut, dass man kaum eine Note identifizieren konnte – und trotzdem war es höllisch gut. Kurz danach lösten sie sich auf, was für mich das Ende des 70s-Rock war. Sechs Jahre später, als sie wieder zusammengekommen waren, sah ich sie erneut – und sie waren atemberaubend. Kurz darauf wurden Guns N’ Roses gefragt, ob sie auf der „Permanent Vacation“-Tour als ihre Vorband auftreten wollten. Im Hotelzimmer ihres Managers bestellten wir für 1500 Dollar beim Roomservice, als er gerade im Bad war. Und verwüsteten anschließend das Zimmer. Sie müssen uns wohl gemocht haben, weil sie uns trotzdem mit auf Tour nahmen.