Die Furien des Verschwindens
Im Showbusiness regieren anorexische "Size 0"-Schneewittchen wie die Teen-Ikone Mischa Barton
Der Herbst fängt mit einer Tragödie an. In der Fernsehserie „O.C.California“ stirbt Marissa Cooper – überraschenderweise bei einem Autounfall, nicht an einer Diät. Die Schauspielerin Mischa Barton – schon als hübsches, allerdings bereits damals zickiges Kind vor der Kamera – hatte in den vergangenen Monaten ihren Ausstieg schon vorbereitet: Sie war langsam immer weniger geworden. Das momentan wichtigste Hollywood-Prinzip: bloß keine 55 Kilo wiegen. Deutliche Schlüsselbeine sind jetzt der Hit, nicht bemerkenswerte Brüste. Und die Beinchen bitte nur in Streichholz-Dicke, damit jede Barbie neidisch wird. Ein Phänomen, das auch bei „Desperate Housewife“ Teri Hatcher zu beobachten ist. Und die war mal ein Bond-Girl.
Begonnen hat der Trend vielleicht mit Victoria Beckham, die ja stolz darauf ist, ihre Marken-Jeans in „Size zero“ zu tragen, obwohl sie aus der Kinder-Abteilung wahrscheinlich billiger wären. Als VH-1 vor kurzem die „20 Skinniest Celebs“ wählte, war sie natürlich ganz vorne mit dabei – als „Skelett mit Brüsten“, wie ein Juror feixend anmerkte. Perfektioniert haben den Mager-Wahn allerdings zwei Freundinnen: die „Skeleton Sisters“ Nicole Richie und Lindsay Lohan – beide nicht gerade für ihre Schauspielkünste berühmt (nennen Sie mir einen Film!), aber für die allwöchtliche Debatte in „People“, „US Weekly“ und so weiter: Wer ist am dünnsten, wer ist schon krank, wer ist wieder dick, wer sieht am irrsten aus? Zwischendurch gibt es natürlich auch mal Diät-Tipps von Kirstie Alley, die aus ihrer Rosskur eine öffentliche Angelegenheit machte und schließlich im Badeanzug den Erfolg vermeldete. Ihrer maladen Karriere hilft das ebenso wenig wie die Fitness-Geheimnisse die Jojo-Künstlenn Janet Jackson noch einmal interessant machen. Am Ende kennt man diese Grazien überhaupt nur noch für ihre Gewichtstorturen.
40 Kilo soll die 1,55 Meter große Richie wiegen, aber es geht gerade aufwärts: Fünf Pfund hat sie zugelegt, berichtete sie stolz, seit sie sich dann doch mal ärztliche Hilfe geholt hat. Kann natürlich wieder alles verschwunden sein, bis dieses Heft gedruckt ist.
Doch auch tatsächliche Schauspielerinnen können ihre Roben bei den „Oscars“ nur noch mit Mühe auf den knochigen Schultern halten. Keira Knightley („Fluch der Karibik“) und Kate Bosworth sehen aus wie gesichtsalte 15-jährige Hühnerbrüstchen, und Eva Herzigova, einst vollbusiges „Wonderbra“-Model, hat es ebenso erwischt wie Tennis-Schnuckel Anna Kournikova, die schon „Annarexic“ genannt wird: Sie haben sich erfolgreich alle Kurven weggehungert und wegtrainiert. Inzwischen kommt uns Kate Moss ja normal vor, und Ally McBeal würde auch nicht mehr weiter auffallen. Schon naht der Backlash, warnen Ärzte und Psychologen vor dem verderblichen Einfluss auf die weibliche Jugend, die sich auf „Pro Ana“-Webseiten für jede „Thinspiration“ aus Hollywood bedankt: Wo sind so gutmütige, pfundige role models wie Kathy Bates und Rosanne Barr, wo blieben die Rundungen der einst handfesten Christina Ricci, die heute so fragil ausschaut? Wird Kate Winslet auf ewig allein gegen den schmalen Rest der Welt ankämpfen müssen?
Da sind wir doch froh, dass in Deutschland alles viel besser ist als in Hollywood. Hier erweisen sich Bekannte aus Funk und Fernsehen beim „Perfekten Promi-Dinner“ als gute Köche und tischen den Kollegen ordentlich was auf. Nur die dürre Schuh-Fetischistin Collien Fernandes kam da nicht mit. Muss man zum Essen wirklich Wein servieren? Gar kochen? Aber wir haben ja Ruth Moschner, die gern lacht, gern isst und bestimmt auch sonst das Leben genießt. Dass sie unlängst zehn Kilo abgenommen hat, lag nur daran, dass sie bei „Dancing On Ice“ so irre viel Schlittschuh laufen musste. Aber das wächst sich schnell wieder zurecht.