Die Frau im Mann – Das seltsame Hippie-Kind Devendra Banhart schreibt derzeit die schönsten Songs
Die Eltern des Typen, der mir gegenübersitzt, haben alles falsch gemacht: Erst kaufen sie jede Menge rosa Strampelanzüge und Kleidchen, weil sie sich unbedingt ein Mädchen wünschen, und dann, als der Junge (!) schließlich geboren ist, fragen sie einen indischen Mystiker, wie sie ihr Kind nennen sollen, und der sagt natürlich nicht, John“ oder „Steve“ oder „Robert“ – er rät ihnen, ihr Kind Devendra zu nennen.
Der kleine Junge, der oft Kleider tragen muss und den natürlich alle für ein Mädchen halten, ist in der Schule den Hänseleien seiner Altersgenossen ausgesetzt. Doch er scheint das seinen Eltern nicht übel zu nehmen. „Ich finde das ganz natürlich. Ich habe eine weibliche Seite und bin überzeugt davon, dass ich zumindest psychisch auch eine Vagina habe. Neulich fand ich sogar heraus, dass ich jeden Monat meine Periode kriege. Und zwar hier“, dabei zeigt er auf seine Nasenwurzel, und man hat die Befürchtung, dass ein paar Zentimeter darüber vielleicht das ein oder andere durcheinander geraten ist in so jungen Jahren. „Ich mag es immer noch, Frauenkleider zu tragen. Meine Freundin findet das toll Sie verkleidet sich dann als Seemann und malt sich einen Schnauzbart an.“ Diese tolerante Freundin heißt übrigens Bianca Cassidy und hat mit ihrer Schwester Sierra als CocoRosie gerade das tolle „La Maison De Mon Reve“ veröffentlicht. Für ein Mädchen würde man Devendra momentan auch nicht halten, wenn er Frauenkleider trüge. Denn er hat sich vorbeugend einen riesigen Rauschebart wachsen lassen, so dass er aussieht wie ein Waldschrat.
Im Wald hat er auch sein zweites, ganz wundervolles Album „Rejoicing In The Hands“ aufgenommen. In einem verhutzelten Holzhaus. Man hört Bienen brummen, Grillen zirpen, den Wind ums Haus pfeifen, Freunde über den Holzfußboden laufen und aus der Ferne einen Zug vorrattern. „Ich mag es nicht, wenn Musik isoliert klingt Das macht sie unmenschlich. Man soll den Ort und den Moment hören können, in dem ich die Songs aufgenommen habe. Diese Nebengeräusche machen das Album zu einer Zusammenarbeit zwischen mir und der Zeit.“
Auf „Rejoicing In The Hands“ hört man nur den ersten Teil dieser, ähm, Zusammenarbeit, denn im Herbst erscheint ein zweites Album, das zur gleichen Zeit entstand: „Die beiden Alben gehören zusammen und werden auch zusammen auf Doppel-Vinyl erscheinen. ,Rejoicing‘ ist die Mutter, die stille Beobachterin, die schon alles erlebt hat, und das nächste Album ist die Tochter, die noch Erfahrungen machen muss und viel ausprobiert. Deshalb ist auch die Musik viel lebhafter.“
Wenn das Album so grandios wird wie „Rejoicing In The Hands“ haben Devendra Banharts Eltern vielleicht doch alles richtig gemacht.