Die Electric Hippies klingen, als hätten es Bowie und die Beatles 1968 gemeinsam im Wasserbett getrieben
Schon mal was von „positiver Regression“ gehört? Steve Balbi erläutert diese Wortschöpfung seines Kompagnons Justin Stanley so: „Die einzige Möglichkeit, sich heute wirklich vorwärtszubewegen, besteht doch darin, erstmal zurückzugehen“, glaubt der zweite, ebenfalls in bedenkliche Patchwork-Garderobe gehüllte Electric Hippie.
Schon klar: Höher, weher, tiefer, schneller geht nicht mehr. Vor lauter Raserei verlieren wir uns nur selbst, von den Folgen für die Mitwelt ganz zu schweigen. Also: Pflanze einen Baum (statt den nächsten zu vergasen), zeuge ein Kind (das vielleicht dein Ego schrumpfen läßt) – oder nimm Dir, Kritiker wie Leser, die Zeit für eine schöne Plattenkritik, die sich nicht nur in flüchtigen Vergleichen erschöpft, denn „es ist wichtig, die Emotion zu vermitteln“.
Die Electric Hippies ziehen aus all dem den musikalischen Schluß, sie müßten ein ebenso betiteltes Album machen, das geradewegs klingt, als hätten es die Beatles und Bowie 1968 auf einem Wasserbett miteinander getrieben. Balbi und Stanley erstanden aus den Ruinen der Aussie-Combo Noiseworks auf. „Zuviele Kompromisse“, blickt Balbi zurück, vor allem, nachdem die Erfolgsfbrmel einmal gefunden war. „Wir lernten bei Noiseworks vor allem, was man nicht tun sollte.“ Als sie nach sieben Band-Jahren und einem letzten Meeting mit Anwälten, Accountants und anderen Erbsenzählern quasi mit leeren Händen abgespeist werden, schreibt das frisch geschlüpfte Duo aus den 1 Stand die Music Biz-Abrechnung „Greedy People“, bald Top 20 down under. Mit lumpigen 10 000 Dollar eines Freundes machen sich die Electric Hippies an die Studioarbeit Arbeit? „Wir waren wie zwei kleine Jungs im Spielzeugladen“ (Balbi).
Mit einem eigenen Label pflegen Stanley und Balbi jetzt Träume von der selbstlosen Förderung junger Talente, die sich in ihren Spendierhosen frei entfalten sollen. Und „positive Regression“ bedeutet ja nicht, daß sie nicht auch einen Beitrag zu emanzipatorischen Prozessen dieser Tage leisten könnte. Beglückt berichten beide von einer Frau, die freudestrahlend auf sie zukam und erzählte, der Song „It’s Cool“ habe ihr dabei geholfen, sich als Lesbe zu outen. Worauf die Electric Hippies nicht minder strahlend antworteten: „Glückwunsch! Das ist das schönste Kompliment, das wir bekommen können.“
Und was passiert, wenn sie fürs nächste Album 200 000 Dollar Vorschuß von der Plattenfirma bekommen? Steve:“Wir verjubeln 150000 mit unseren Freunden. Und mit dem Rest machen wir ein prima Album.“