Die besten Songwriter aller Zeiten (22): Van Morrison
Van Morrison begann seine Laufbahn mit dem erdigen Belfast-R&B von Them, entwickelte aber schon bald eine ganz eigene Spielart des Rock’n’Roll
Die besten Songwriter aller Zeiten (22): Van Morrison
Er war bereits ein gefeierter Sänger, als Van Morrison mit dem Songschreiben begann. Und dabei nie vergaß, dass selbst komplexe Lyrics mit vertrackten Formulierungen irgendwann einmal gesungen werden wollen.
Er begann seine Laufbahn mit dem erdigen Belfast-R&B von Them, entwickelte aber schon bald eine ganz eigene Spielart des Rock’n’Roll, die Yates und Dylan, Jackie Wilson und Leadbelly mit einer Prise irischer Mystik mixte. Nur Van The Man konnte eine Zeile singen wie „If I ventured in the slipstream/Between the viaducts of your dreams“, ohne sich dabei seiner vokalen Künste schämen zu müssen.
„Brown Eyed Girl“:
Im Gefolge seines kommerziellen Erfolges mit „Brown Eyed Girl“ zog er sich 1967 desillusioniert zurück, wartete aber bereits im folgenden Jahr mit seinem Meisterwerk „Astral Weeks“ auf.
„Poetry and mythical musings, channeled from my imagination“ nannte er das Resultat, das aus Folk und Jazz, Blues und Soul einen meditativen Teppich webte, wie man ihn bisher noch nie gehört hatte. Im Laufe seiner gesamten Karriere – vor allem aber auf Seventies-Alben wie „Moondance“ und „Veedon Fleece“ – traf er diesen Ton zwischen ekstatischer Vision, natürlicher Intimität und dem organischen Fluss seiner Musik.
„Die Songs hatten eine hypnotische Qualität“, sagte er, als er 2008 „Astral Weeks“ komplett auf der Bühne reproduziert hatte. „Auch wenn ich mich als Songschreiber weiterentwickelt habe, so ist mir diese Qualität wohl nie abhanden gekommen. Insofern kann man inzwischen wohl wirklich von Astral Decades sprechen.“
Peter Wolf über Van Morrison
„Van lebte in einer winzigen Wohnung im Erdgeschoss eines alten Hauses in der Green Street in Cambridge. Er, seine Frau und ihr kleiner Sohn. Sie waren völlig pleite. Die Wohnung wirkte trist, kahl, sie hatten nur eine Matratze auf dem Boden, einen Kühlschrank, eine akustische Gitarre und ein Tonbandgerät. Er lebte im Exil, hatte eine Familie zu ernähren, kein Geld, keine Band, keinen Plattenvertrag und keine konkreten Aussichten auf einen legalen Ausweg aus der Misere. Warum er überhaupt nach Boston gekommen war, blieb mir ein Rätsel.
Immer wenn Van aus beruflichen Gründen telefonieren musste, lief er einige Blocks weit zu mir. Ich glaube, für ihn war das immer auch eine kleine Flucht aus seinem problembeladenen Leben. Stundenlang stöberte er in meiner Plattensammlung. Immer wieder lauschten wir „dem Gospel“, wie er es nannte, von Jackie Wilson, Hank Williams, Louis Jordan, Billy Stewart, Elvis und John Lee Hooker. „Das sind die wahren Könner“, sagte Van. Gene Chandlers Liveversion von „Rainbow ’65“ legte er so oft auf, dass ich eine neue Nadel für meinen Plattenspieler kaufen musste.
Wir schauten uns alle möglichen Clubs an, Abend für Abend, aber kaum jemand kannte Van. Manchmal kam er zu den Gigs meiner Band. Einmal, als wir das Intro zu seinem Song „Gloria“ spielten, rief ich ihn auf die Bühne. Er zierte sich, aber dann kam er und legte einen brillanten Auftritt hin. Leider gefiel es dem Publikum nicht, dass da so ein „unbekannter“ Sänger einen vertrauten Song einfach abwandelte.“