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Die besten Songs der Jahrzehnte: Die 90er (Teil 1)
Diesmal verschlägt uns die Reihe der "Besten Songs der Jahrzehnte" in die 90er Jahre. Unserer Redaktion fährt hier wieder einmal mit einer bunten Mischung von Songs der mal halb vergessenen, mal legendären Künstler auf. Zu Letzteren zählen hier definitiv: Nirvana, Pearl Jam, R.E.M., Johnny Cash, Oasis, Blur,The Orb, Kyuss, Rage Against The Machine u.v.a. Hier kann man in die gekennzeichneten Songs im rdio-Player reinhören.
Sinead O'Connor - "Nothing Compares 2 U"
(1990 Chrysalis)
Hätte Songautor Prince damals selbst "Nothing Compares 2 U" gesungen, wäre die Welt nie so verzaubert worden: von Sinead O'Connors zerbrechlichem Gesicht, das aussah wie das der kindlichen Kaiserin in "Die unendliche Geschichte", und ihrer Wut über das Verlassen-worden-Sein. Später reichte Prince seine Version nach, hatte aber gegen die Intensität der irischen Ex-Klosterschülerin keine Chance.
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Foto:
Jeff Kravitz/FilmMagic.
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Sinead O’Connor – „Nothing Compares 2 U“
(1990 Chrysalis)
Hätte Songautor Prince damals selbst „Nothing Compares 2 U“ gesungen, wäre die Welt nie so verzaubert worden: von Sinead O’Connors zerbrechlichem Gesicht, das aussah wie das der kindlichen Kaiserin in „Die unendliche Geschichte“, und ihrer Wut über das Verlassen-worden-Sein. Später reichte Prince seine Version nach, hatte aber gegen die Intensität der irischen Ex-Klosterschülerin keine Chance.
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Copyright: Jeff Kravitz/FilmMagic
Snap!- „The Power“
(1990 Ariola)
Eurodance – die 90er waren voll davon: männlicher Sprechgesang, weibliche Hooklines, in den Videos wurde auf Partys oder Karibikinseln vom Feiern und der Liebe gesungen. Negativbeispiel: DJ Bobo. Vorzeigebeispiel: „The Power“ vom Frankfurter Dancefloor-Projekt Snap! War zwar ein Plagiat diverser Songs, aber die Produzenten Münzing und Anzilotti kamen damit durch. Woher Bart Simpson seine Frisur hatte, klärte dann das Video.
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Copyright: Ariola
The Orb – „Little Fluffy Clouds“
(1990 Big Life)
Plötzlich standen die Hinkelsteine wieder, der Himmel über den südenglischen Feldern, in Glastonbury oder Cornwall, flirrte in allen Mischmaschfarben. Ambient-Druiden-House wie dieses Stück mit dem berühmten Rickie-Lee-Jones-Sample wurde dringend zum großen Chill-out gebraucht, wenn die Techno-Nächte langsam hell wurden, die Pillen alle waren und (ab 1997) die „Teletubbies“ losgingen.
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Copyright: Big Life
Pizzicato Five – „Twiggy Twiggy“
(1991 Japan Columbia)
„Twiggy Twiggy“ klingt wie französische Popmusik der 60er-Jahre, Jazz und Elektro-Bossa-Nova. Pizzicato Five wurden damit zu Leitfiguren der japanischen 90er-Jahre-Bewegung Shibuya-kei: Plastikkleidchen, falsche Wimpern und Pilzfrisuren, selbstverständlich alles ironisch. Easy Listening lautete die weniger hippe Umschreibung für diesen Sound, doch allein schon die Präsenz des Models Twiggy im Titel reduziert die cheesyness.
Copyright: Catherine McGann/Getty Images
R.E.M. – „Losing My Religion“
(1991 Warner)
Vorher hätten ihn in New York nur Mittzwanziger aus dem Village erkannt, so Michael Stipe kurz nach diesem Welterfolg. „Jetzt rufen mir 60 Jahre alte Schwarze aus Uptown zu:, Yo, Mike, exzellent!'“ Wie alle großen Geheimnisse besteht auch dieses aus einem Dreieck: das melodische Mantra, die Mandoline, der mysteriöse Text mit den vielen Mitsingstellen. „Losing my religion“ ist in den US-Südstaaten übrigens ein Ausdruck dafür, wenn einem alle Gäule durchgehen.
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Copyright: Sam Levi/WireImage
Massive Attack – „Unfinished Sympathy“
(1991 Virgin)
Ein britischer Soldat schreibt im Internet, dass er diesen Song zum ersten Mal hörte, als er 1991 im Golfkrieg auf das Signal zum Angriff wartete. Daher treibe er ihm noch heute die Tränen in die Augen. Auch wer beim Hören nicht sein Leben riskierte, hatte das Gefühl, etwas Großem beizuwohnen, als Hip-Hop, Soul, Jazz und elektronische Musik zusammenfanden. Massive Attack entzogen der Dancefloor-Musik die Hektik und ließen sie erwachsen werden.
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Copyright: Bernd Muller/Redferns
Slint – „Breadcrumb Trail“
(1991 Touch And Go)
Der Legende nach haben Slint alle beeinflusst, die nicht allein auf Unterhaltung abzielende Rockmusik spielten. Zwischen dem Krach, dem Geschrei und der Düsterkeit dieses Songs schlagen die Herzen eines Mannes und einer jungen Wahrsagerin, die Hand in Hand Achterbahn fahren. Als sie sich verabschieden, fallen bunte Lichter auf ihr Gesicht. „But I could tell she was blushing.“ Mehr Emo braucht keiner.
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Pearl Jam – „Alive“
(1991 Epic)
Auch wenn Pearl Jam mit jedem neuen Album dem Klischee „Rock-Ikone“ entkommen – so viel aufrichtiges Pathos wie in dieser allerersten Single konnten sie in keinem anderen Song unterbringen. Stone Gossards und Mike McCreadys langhaarige Gitarrenriffs münden in Eddie Vedders furioses Geheul. „Alive“ wurde zur Hymne einer Generation, die nach den hedonistischen 80ern wieder nach Inhalten dürstete.
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Copyright: Jeff Kravitz/FilmMagic
Nirvana -„Smells Like Teen Spirit“
(1991 Geffen)
Plötzlich fragen beim Fußball Phil-Collins-Kunden nach dieser geilen neuen Band auf MTV. Ganz schön durchgeknallt, aber irgendwie … total geil! Plötzlich schwimmt auf jeder Litfasssäule dieses Baby in blue. Was läuft hier schief? Der Konjunktiv in der Rede von der perfekten Welt, in der ein toller Popsong überall Nummer eins wäre, hat ja schon seine Richtigkeit. Eine Frage hat Cobain jedoch mit ins Grab genommen: Ist sein „Nevermind“ vielleicht das aus Cohens „Chelsea Hotel“? „Well, never mind, we are ugly but we have the music.“
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Copyright: Jeff Kravitz/FilmMagic
Ministry – „Jesus Built My Hotrod“
(1991 Sire)
Würde man das Zeug nehmen, aus dem der unbesiegbare Android in „Terminator 2“ besteht, und daraus eine Horde Hells Angels modellieren – so würden sie klingen. Metal gehorcht nicht mehr allein dem Takt des Gitarristenbizeps‘, sondern ist technoid wie Tanzmusik: Die Erleuchtung hatte Al Jourgensen, Piratentuchkopf von Ministry, im Rausch seiner Lieblingsmedizin. Der Brabbel-Leadgesang kommt hier vom Butthole Surfer Gibby Haynes.
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Copyright: Steve Eichner/Getty Images
Kyuss – „Green Machine“
(1992 Dali)
Und während von allen Seiten am Rock’n’Roll geknabbert wurde, von wehrkraftzersetzenden Indie-Typen und Industrial-Robotern, konnte es nur einen Ort geben, an dem er noch ungestört seine Eier ausbrüten konnte: in der Wüste. Kyuss aus Palm Desert, Kalifornien, ließen die Haare hängen, die Erde beben, den Blues nach versengtem Gummi riechen. Keimzelle für die großen Queens Of The Stone Age.
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Copyright: Paul Natkin/WireImage
The Auteurs – „Showgirl“
(1992 Hut)
Luke Haines war der Misanthrop unter den Britpoppern. Hatten seine Auteurs Erfolg, verachtete er die Scheinheiligkeit der Branche. Ignorierte man seine Platten, grummelte er nur noch mehr. Der elegante Glampop von „Showgirl“ war sein Beitrag zum obskuren Duell mit Suede um die meisten Titelgeschichten zu Beginn der Welle. Suede gewannen, Haines ätzte und vergiftete den Hype – nachzulesen in seinem fabelhaften Erinnerungsbuch „Bad Vibes – Britpop und der ganze Scheiß“.
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Copyright: Neil H Kitson/Redferns
Leonard Cohen – „The Future“
(1992 Columbia)
„Give me back the Berlin wall“, singt der kanadische Jude, der einst eine „Zugabe“-grölende Meute in Berlin mit Goebbels zum Schweigen brachte: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ Auch nach Stalin, Hiroshima, Crack und Analsex verlangt der von den Frauen mehr Geliebte als Verstandene, eher heiser als sanft. Dazu tirilliert ein Gospelchor zum beschwingten Disco-Fox, bevor ein drittklassiger Möchtegern-Knopfler soliert. Wer sind Sie? „I’m the little jew who wrote the Bible.“ Große Komik.
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Copyright: Terry O'Neill/Getty Images
Rage Against The Machine -„Killing In The Name“
(1992 Epic)
Wir hatten das Gefühl, alles machen zu können. Damals, als Protest noch nicht ironisch sein musste. Wenn wir „Fuck you, I won’t do what you tell me!“ mitschrien in den Partykellern und Alternative-Schuppen, dachten wir nicht daran, dass das Lied von Rassismus handelte, sondern bezogen es gnadenlos auf uns. Wir würden uns nichts mehr gefallen lassen. Wir würden nie so werden wie … Am Montag saßen wir wieder im Deutsch-Leistungskurs.
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Copyright: Lindsay Brice/Michael Ochs Archives/Getty Images
Beck -„Loser“
(1993 Bong Load)
Von 1994 bis 1997 riefen bei Kabel Eins Menschen an, die per Telefontasten den Troll Hugo durch ein Videospiel steuerten. Gelang ihnen das nicht, sang Beck die Zeile „I’m a loser, baby.“ Nicht nur Kabel Eins, die ganze Welt tat dem Song Unrecht an und verkannte, was Beck leistete: das Songwritertum in eine Zeit zu überführen, in dem Hip-Hop, Folk, Blues, Trash und Ironie zusammengingen, auch wenn es knirschte.
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Copyright: Jim Steinfeldt/Michael Ochs Archives/Getty Images
Haddaway – „What Is Love“
(1993 Coconut)
Die Sketchreihe „The Roxbury Boys“, in den 90ern ein Höhepunkt bei „Saturday Night Live“, begann immer so: Drei gescheitelte Yuppies in Markenanzügen sind auf dem Weg in die Disco, um Weiber aufzureißen. Im Auto läuft höllisch laut „What Is Love“, und die Typen wippen debil grinsend mit den Köpfen. Tatsächlich wurde zu keinem Song in diesem Jahrzehnt so viel gebaggert, und das obwohl der Sänger so ratlos fragt und rastlos fleht.
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Copyright: Michel Linssen / Redferns
Bernd Begemann – „Hitler – menschlich gesehen“
(1993 Rothenburgsort)
„Darf noch irgendjemand bleiben wenn sie rufen, Nazis raus‘?“, fragte Begemann, und zeigt einen Schnappschuss seiner Umgebung wie Paul Weller in „That’s Entertainment“. Weshalb der Jam-Song hier als Blaupause dient. „Der, Stern‘ gibt uns, Hitler – menschlich gesehen'“, bis heute, dito der „Spiegel“. Auch die Hamburger „Tilman sagt“- und „Jochen spricht“-Insider-Intertextualität gibt’s hier. Da reden die Konkurrenten Rossmy, Distelmeyer und Begemann noch miteinander.
Copyright: Rothenburgsort
Liz Phair – „Fuck And Run“
(1993 Matador)
„Liz Phair is a total diva“, schrieb das coole Feministinnen-Magazin „Sassy“ 1993. Die „Taz“ lobte die „atemberaubende Sicherheit im Chargieren von Frauenrollenzuschreibungen“. Und fragte: „Madonna für Lemonheads- und Nirvana-Fans?“ Verrückt, dass über diesen sexpliziten Drei-Minuten-Hit Doktorarbeiten geschrieben wurden und die „phallische Frau“ Phair nie mehr sowas divatolles hinbekam.
Copyright: Jim Steinfeldt/Michael Ochs Archives/Getty Images
Tindersticks – „Jism“
(1995 This Way Up)
Das erste Album der Briten steht singulär in der Dekade. Und abgründiger und sogartiger als „Jism“ ist kein anderer ihrer Songs – und das will in diesem einzigartig vernuschelten Kosmos etwas heißen. Über sechs Minuten tremoliert die Orgel, künden Streicher von unheilbarer Seelenqual, wanken Bass und Schlagzeug einem kathartischen Ende entgegen. Staples singt die unvergessene Zeile: „The deeper I go, the further I fall.“
Copyright: Steven Richards/Photoshot/Getty Images
Wu-Tang Clan – „C.R.E.A.M.“
(1993 Loud)
Die Sahne im Titel meint: „Cash rulez everything around me“, der Refrain besingt den Dollar, der Rap erzählt von miesen Teenage-Gangster-Karrieren. Der Groove fließt cremig. Die Annahme, etwas anderes als Geld könnte die Welt regieren, ist fehl am Platz. Gegen „C.R.E.A.M.“ sieht der „If I Ruled The World“- Selbstermächtigungsoptimismus der Bürgerrechtsbewegung alt aus. Gegen das vielstimmige „schwertartige Wortgefecht“ des Clans stehen andere Rapper plötzlich einsam da.
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Copyright: David Corio/Redferns
Pavement -„Range Life“
(1994 Matador)
Krieg der Holzfällerhemden. Auch Pavement trugen ja manchmal diese Dinger und feixten, als Steve Malkmus bei einer Probe den bereits eingeübten Song plötzlich um dem berühmten Diss auf die Smashing Pumpkins und Stone Temple Pilots ergänzte. Grunge-Streber Billy Corgan fand das weniger lustig – aber Malkmus verteidigte sich klug: Er habe das Stück aus der Perspektive eines erfolglosen Gitarrentypen aus den 80ern geschrieben.
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Copyright: David Corio/Michael Ochs Archive/Getty Images
Johnny Cash – „Delia’s Gone“
(1994 American)
Heute verwundert es kaum noch, wie ein konservativer Haudegen zur Indie-Ikone aufsteigen konnte. Doch 1994 hatte Cash keiner mehr auf der Rechnung. Umso erstaunlicher war die Wiederkehr als geläuterter, unbeugsamer man in black. Rick Rubin reduzierte die Musik die akustische Gitarre und Cashs brüchiges Timbre. Im Video sah man Cash auf einem Geisterfriedhof Kate Moss zu Grabe tragen. Es dürfte ihm ein Riesenspaß gewesen sein.
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Copyright: Getty Images
Blur -„Parklife“
(1994 Food)
„Parklife“ war das Album, das dem Britpop den Pop gab, und „Parklife“ war der Song, der am deutlichsten dafür stand. Hatten sich Blur zuvor recht unoriginell durchgeschrammelt, wurde die Band nun zur Popsensation. Eine, die sich über das leicht asoziale englische Vorstadtleben lustig machte, ohne sich davon zu distanzieren. Damit war auch die Grenze zu den Widersachern gezogen. Hier die ironischen Blur, dort die größenwahnsinnigen Oasis.
Der Song läuft im rdio-Player.
Copyright: Paul Bergen/Redferns
Oasis – „Supersonic“
(1994 Creation)
Am 5. April 1994 schoss sich Kurt Cobain aus dem Leben, am 11. April erschien die Debütsingle von Oasis, in der Liam Gallagher singt: „I need to be myself/ I can’t be no one else.“ Dort der Typ, der nicht mehr mit sich klar kam, hier der Typ, der wusste, dass Größenwahn Größe ersetzen kann. Grunge ist tot, Britpop legt nun richtig los und sorgt dafür, dass britische Musiker Stadien und Titelseiten füllen.
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Copyright: Michel Linssen/Redferns
Blumfeld- „2 oder 3 Dinge, die ich von dir weiß“
(1994 ZickZack)
Die ersten Zeilen, „Ein Brief von weit weg, so bist du mir nah“, hatte Distelmeyer schon einmal gesungen, 1988 auf „Was werden wir finden“ seiner ersten Band Bienenjäger. Damals zog es ihn im weiteren Verlauf zu einem „Sommer am See/Deine Haare voll Sand“; sechs Jahre später folgte der Slogan, der Hamburgs heterogene Indie-Rock-Horde für einen Moment unter einem Dach versammelte: „Wir sind politisch und sexuell anders denkend.“
Copyright: ZickZack
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