TV-Fußnoten

Die besten Netz-Serien, Teil 4: „Grace and Frankie“ und „Unbreakable Kimmy Schmidt“

Die Netflix-Komödien "Grace and Frankie" und "Unbreakable Kimmy Schmidt" lehren uns, dass im Leben nichts unmöglich ist.

Man darf im Fernsehen fast alles sein: gut/böse, dünn/dick, Mann/Frau/ Trans. Nur eine Bevölkerungsgruppe kommt eher selten vor: alte Leute. Ja, es gab die „Golden Girls“ und Jerry Stiller in „King Of Queens“, aber das ist lange her. Heute sind es eher skurrile Nebenrollen, die mit Schauspielern im Rentenalter besetzt werden. Also entwickelten Marta Kauffman („Friends“) und Howard J. Morris einen Gegenentwurf: „Grace and Frankie“. Jane Fonda und Lily Tomlin spielen die sehr unterschiedlichen Frauen, die eines gemeinsam haben: Ihre Männer wollen sich scheiden lassen, um fortan gemeinsam glücklich zu werden – als schwules Paar. Grace, einst Chefin eines Kosmetik-Imperiums, bewahrt stets die Contenance und ihre Betonfrisur, aber die neue Lebenssituation überfordert auch sie. Frankie, eine aus der Hippie-Zeit übriggebliebene Kunstlehrerin, verbirgt ihre Verzweiflung weniger – und geht Grace gern auf die Nerven. Doch beide wissen: Gemeinsam ist man weniger allein.

„Grace and Frankie“ sind die Stars der Serie, nicht die Männer

Die zwei Anwälte, die nach 20 Jahren ihr Coming-Out wagen, könnten kaum heterosexueller wirken, vor allem Martin Sheen als Graces Ex-Mann Robert. Die sind nicht ganz so überzeugend wie die Frauen, aber Sam Waterston hat als Sol – neben vielen sehr lustigen – einige herzzerreißende Auftritte. In den Momenten, wenn aus der Komödie eine Tragödie wird, ist „Grace and Frankie“ besonders stark: Wenn Frankie aus reiner Gewohnheit zu ihrem Mann ins Auto steigt, um dann festzustellen, dass er ja gar nicht sie mitnehmen will, sondern Robert. Wie Sol sie während eines Erdbebens beruhigt und mit ihr die gemeinsame Lieblingssendung schaut. Liebe, das lehrt uns dieser dialogstarke, anrührende Spaß, gibt es in vielen Formen, sie verändert sich im Laufe des Lebens – und vielleicht muss man einfach nehmen, was man kriegt.

Jane Fonda ist inzwischen 77, Lily Tomlin 75 – aber noch haben sie keine Lust, sich zur Ruhe zu setzen. Eine zweite Staffel ist bereits bestellt. Die beiden haben sich offensichtlich mit Netflix geeinigt, nachdem es kurzzeitig Stress gab, als bekannt wurde, dass alle vier Darsteller gleich viel verdienen, obwohl die Frauen doch die titelgebenden Hauptrollen spielen. (Man darf im Fernsehen Mann, Frau oder Trans sein, aber eines ändert sich wohl nie: Die Männer verdienen immer mehr.)

Unbreakable Kimmy Schmidt
Ellie Kemper in „Unbreakable Kimmy Schmidt“

Wort- und Aberwitz: „Kimmy Schmidt“ ist eine charmante Nervensäge

Eine ganz andere Art von Komödie ist „Unbreakable Kimmy Schmidt“ von Tina Fey („30 Rock“) und Robert Carlock. Hier geht es nicht um Realismus, um echten Schmerz und richtige Sorgen. Dafür ist „Kimmy“ viel zu over-the-top. Die 29-Jährige (Ellie Kemper) wurde 15 Jahre lang mit drei anderen Frauen von einem Guru in einem Bunker in Indiana festgehalten. Nach ihrer Befreiung zieht sie nach New York City – um der Opferrolle zu entkommen und ein paar Abenteuer zu erleben. Und wo ginge das besser? Sie zieht bei dem schwulen Möchtegernschauspieler Titus Andromedon (Tituss Burgess) ein und arbeitet als Nanny für die reiche Jacqueline Voorhes (Jane Krakowski), die natürlich essgestört ist, von ihrem Mann betrogen wird und eine renitente Tochter hat.

„Unbreakable Kimmy Schmidt“ badet in Klischees, aber mit Vergnügen – es ist wie eine Planscherei in einem bonbonfarbenen Schaumbad. Der Wort- und Aberwitz, die Schnelligkeit und Kimmys natürlicher Charme retten die Sitcom auch über allzu alberne Passagen hinweg. Man hätte aus dem Stoff sicher eine glaubwürdigere Serie machen können, aber darum geht es hier gar nicht. Freuen Sie sich einfach mit Kimmy, wenn sie die Vorzüge des Smartphones entdeckt und sich in ihrem fortgeschrittenen Alter doch noch weiterbilden will – Ellie Kemper spielt die unbedarfte Nervensäge mit enormer Energie. Die zweite Staffel kommt im nächsten Jahr.

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