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Die besten Alben des Jahres 2016
Dies sind die 25 besten Alben des Jahres 2016, gewählt von der ROLLING-STONE-Redaktion.
01. David Bowie - „Blackstar“
Der erste Eindruck von „Blackstar“ war der eines faszinierenden, ambitionierten, aber auch sperrigen und rätselhaften Werks. Kein Album, zu dem man schnell Zugang finden würde. Und wohl auch keines, das man sich allzu oft anhört. Bowies Tod, zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag und zwei Tage nachdem „Blackstar“ erschienen war, machte es dann ganz unmöglich, es noch einmal auf dieselbe Art zu hören wie zuvor. Mehr noch, es war, als hätte es sich über Nacht in etwas Neues verwandelt.
Foto:
Columbia Records.
Columbia Records.
All rights reserved.
25. Parquet Courts –
„Human Performance“.
Der Klang ist noch immer staubig und direkt, wie durch ein in der Mitte des Proberaums aufgestelltes Mikrofon aufgenommen. Dies ist ein Punk-Album in der amerikanischen Tradition, die Stooges und Wipers sind wesentliche Bezugspunkte, und die vier New Yorker, die sich
mal Parquet Courts, mal Parkay Quarts nennen, intelligente, subversive Wiedergänger der Gründergeneration. Die Sänger Andrew Savage und Austin Brown sind zudem begabte Lyriker und befassen sich auf „Human Performance“ klug und bilderreich und nicht ohne Humor mit den eigenen Ängsten und Zwängen in einer traurigen Welt.
Bester Song: „Outside“
23. Róisín Murphy – „Take Her Up To Monto“.
Mit ihrem vierten Soloalbum hat sich Róisín Murphy ohne Tschingderassabum, dafür mit eleganten Discosongs eine bislang unbesetzte Stelle gesichert. Sie ist als Electronica-Sängerin eine Überlebende der partyharten 90er-Jahre, die nun besonnen über Leben und Musik reflektiert. Die Ex-Moloko-Vokalistin liefert Slogans für Geschlechterkampf auf der Tanzfläche („Lip Service“), Anti-Drogen-Kampf („Mastermind“) und Bedauern im Katerzustand („Thoughts Wasted“). Eine Platte, die erstaunlicherweise sowohl vor als auch nach dem Feiern funktioniert.
Bester Song: „Mastermind“
22. Anderson Paak – „Malibu“.
„Malibu“ mutet an wie eine Art Gegenstück zu Kendrick Lamars HipHop-Epos „To Pimp A Butterfly“ aus dem vergangenen Jahr. Denn wie dieses Album ist „Malibu“ Milieustudie einer kalifornischen Gemeinde und persönliche Beichte zugleich; es bedient sich ebenfalls bei verschiedenen Stilen aus der afroamerikanischen Musikgeschichte, ohne dabei je schlicht retro zu sein. Paak ist mehr Sänger als Rapper, er führt hier HipHop, Gospel, Funk, neuen R&B und alten Soul zu einer mitreißenden Collage zusammen, deren Melodien begeistern und die überdies exzellent produziert ist.
Bester Song: „Parking Lot“
„White Ferrari“ aus dem Album „Blonde“ von Frank Ocean war 2016 ein Favorit unseres Autoren Jan Jekal
20. Laura Gibson – „Empire Builder“.
Ein sensibler Folkstar lädt seine federleichten Songs mit mächtigen, disruptiven Bässen, Elektrobrummen und Stimmverzerrer auf. Justin Vernon aka Bon Iver vermählt Elektropop und zeitgenössischen R&B mit klassischem Songwriting. Wie sich James Blake vom minimalelektronischen Post-Dubstep-Dancefloor zum Singersongwritertum bewegt hat, so bewegt sich Vernon aus dieser Richtung in die andere. Am Ende stehen aufwühlend wehmütig wummernde Tracks neben einer Restmenge an fluffig-folkigen. Gemeinsam haben sie Vernons Talent für eleganten Kitsch. Ein ebenso spektakuläres wie spekulatives Album.
Bester Song: „Damn Sure“
19. Bon Iver – „22, A Million“.
Ein sensibler Folkstar lädt seine federleichten Songs mit mächtigen, disruptiven Bässen, Elektrobrummen und Stimmverzerrer auf. Justin Vernon aka Bon Iver vermählt Elektropop und zeitgenössischen R&B mit klassischem Songwriting. Wie sich James Blake vom minimalelektronischen Post-Dubstep-Dancefloor zum Singersongwritertum bewegt hat, so bewegt sich Vernon aus dieser Richtung in die andere. Am Ende stehen aufwühlend wehmütig wummernde Tracks neben einer Restmenge an fluffig-folkigen. Gemeinsam haben sie Vernons Talent für eleganten Kitsch. Ein ebenso spektakuläres wie spekulatives Album.
Bester Song: „10 Deathbreast“
18. Conor Oberst – „Ruminations“.
Der Winter wollte Conor Oberst kleinkriegen, aber er ging als Sieger hervor – er hat wieder einmal überlebt, die Einsamkeit und die Albträume zu Songs verarbeitet. Auf „Ruminations“ gibt es keine Soundspielereien wie oft bei den Bright Eyes, dafür viel Mundharmonika, Piano und natürlich Obersts unfassbare Texte. Er berichtet von Herzrhythmusstörungen, zählt Schafe, besucht die Patronin der psychisch Kranken – und entkommt, weil er will, weil er muss: „There’s a glass psyche at stake/ Throw me a brick, see if it breaks/ ’Cause the mind and the brain/ Aren’t quite the same/ But they both want out of this place.“
Bester Song: „A Little Uncanny“
17. Metronomy – „Summer 08“.
ack to basics. Nachdem Metronomy zwei Platten lang zu einer hippen zeitgenössischen Ausgabe von Roxy Music mutiert waren, kehrt ihr Spiritus Rector Joseph Mount ins Schlafzimmerstudio zurück, um im Alleingang ein lässiges Bedroom-Funk-Album aufzunehmen.Sexuell aufgeladen und wehmütig zugleich erzählt es von einem Sommer des Begehrens und Herumstromerns, von Clubnächten und Taxifahrten, von Drogen und Tanzflächenräuschen. Die Grooves sind warm und bassig, die Elektronik stets billig, die Beats bedröhnt bis verzickt. Ein Fest des gemütlichen Hedonismus.
Bester Song: „Love’s Not An Obstacle“
16. Swans – „The Glowing Man“.
Bei Michael Gira ist ein Stück so lang wie bei kleineren Geistern eine gesamte Platte: Eine halbe Stunde mäandert allein „The Glowing Man“ dahin – und es ist nicht einmal langweilig. Schon die Einleitungen sind episch, und es muss nicht unbedingt ein Song folgen. Giras Stücke sind schamanische, expressive Mantras, Gebete, Anrufungen, Alttestamentarisches und Mittelalterliches, Klavier-Cluster, zerrende Gitarren, theatralisches Getrommel, ein Spektakel, das mangels anderer Begriffe als „Inferno“ zu bezeichnen ist. Ein Doppelalbum. Oder, wie Michael Gira sagt: eine EP.
Bester Song: „Finally, Peace“
15. Kevin Morby – „Singing Saw“.
Der Himmel und die
Geier, die Geister und
die Geschichten, die Küste und der Sturm, schwarze Blumen, Berge und Täler. Der Texaner Kevin Morby kleidet Bilder aus dem alten Amerika in düster-dichte Americana-Klänge. Seine leise Stimme, ein sanftes, vorsichtig intoniertes Raunen, das an Dylans „Nashville
Skyline“ erinnert, ist verstärkt, ein wenig verhallt, ein wenig verzerrt. Morby und Produzent Sam Cohen sind Meister des Arrangements; die Mariachi-Trompeten, die Frauenchöre, die Streicher, das Klimperklavier und selbstredend die singende Säge erklingen in den richtigen Momenten.
Bester Song: „Black Flowers“
13. Jayhawks – „Paging Mr. Proust“.
ollte es noch eines Beweises bedurft haben, dass Gary Louris auch ohne den kreativ umtriebigen Freigeist Mark Olson tolle Platten machen kann, wurde er mit „Paging Mr. Proust“ glänzend erbracht. Louris umarmt die geschliffene Produktion und die unvergänglichen Melodien. Er liebt Neil Youngs Gitarrensound. Und er schreibt Songs, wie sie eigentlich sonst niemand mehr schreibt: Meisterstücke von süchtig machender Melancholie, die das Erbe von Byrds und Big Star weitertragen („Quiet Corners & Empty Spaces“, „Isabel’s Daughter“). Louris findet, ihm gebühre dafür mehr Ruhm. Finden wir auch.
Bester Song: „Isabel’s Daughter“
12. Dawes – „We’re All Gonna Die“.
as fünfte Album der Dawes ist nicht das erste mit fantastischen Songs, Taylor Goldsmith braucht sich längst nicht mehr hinter seinem Förderer Jackson Browne zu verstecken. Aber nun haben die Kalifornier etwas Erstaunliches geschafft: ihren Folkrock mit einem vielseitigen, manchmal fast irritierend wuchtigen Sound aufzuladen, ohne ihn dabei seiner Sanftmut zu berauben. „Roll With The Punches“, empfiehlt Goldsmith mit der für ihn typischen Ruhe, die eher Gelassenheit als Resignation ausstrahlt. Ihm kann nichts Schlimmes passieren: Wenn der Tequila ausgeht, trinken wir eben Champagner.
Bester Song: „Quitter“
Copyright: Icon
11. PJ Harvey – „The Hope Six Demolition Project“.
Eigentlich eine Protestplatte, eine Platte über den Krieg, die Verwüstung, die Versehrung der Städte und der Seelen. In fast eingängigen Songs, zu tief tönendem Saxofon singt Polly Harvey über die Ministerien für Verteidigung und soziale Angelegenheiten und die „Community Of Hope“, sie singt über die Denkmäler für Lincoln und die toten Soldaten des Vietnamkriegs. Es ist ein Album über Paradoxien und die Illusion von Zivilisation, durch die sich das Vegetative seinen Raum schafft. Auf einem Foto verschwindet Harvey zwischen Stahltrümmern vor schneebedeckten Bergen, Teil der schroffen Natur.
Bester Song: „The Ministry Of Defence“
10. Solange – „A Seat at the Table“.
Das Neosoul-Statement des Jahres. Solange Knowles thematisiert das Wieder-
erstarken des Rassismus und des Widerstands dagegen subtil, persönlich und zugleich unmissverständlich. Sie will ihren Platz am Tisch und ihre Haare mit Politik aufladen. Sie singt wie ein Falke im Gleitflug, mit scharfer, überlegener Smoothness. All das in einem präzise, sanft und jazzy fließenden R&B-Strom, der in seiner unwahrscheinlichen Schönheit an die frühe Erykah Badu oder auch an Minnie Riperton erinnert. Aus dem Schatten ihrer großen Schwester Beyoncé tritt Solange mit stolzen Schritten heraus.
Bester Song: „Don’t Touch My Hair“
09. Radiohead – „A Moon Shaped Pool“.
In der Zeile „This dance is like a weapon of self-defence“ steckt alles drin, was die Zerrissenheit und auch die Faszination von Radiohead ausmachen: Scheuheit und Ekstase. Die Welten schließen sich im intimen Neofolk („Desert Island Disk“), und die Welten öffnen sich mit Bossa nova („Present Tense“). Die erste Zusammenarbeit mit einem Chor – nämlich dem des London Contemporary Orchestra – verleiht der Band in „Decks Dark“ jene geisterhaft klingende Note, nach der sie seit „OK Computer“ von 1997 strebt. Radiohead sind eine einsame Insel – von der große Feuerwerke aufsteigen.
Bester Song: „Present Tense“
08. John Southworth –
„Small Town Water Tower“.
Wie ein Seelenwanderer bewegt sich John Southworth durch die Stile und Perioden der Popgeschichte: „Small Town Water Tower“ klingt, als hätten der Leonard Cohen von „I’m Your Man“ und das Electric Light Orchestra von „Discovery“ mit den soundtechnischen Raffinessen des 21. Jahrhunderts Klassiker des Great American Songbook vertont. War „Niagara“ eine Feier des Sublimen, so schweben hier majestätische Melodiebögen über pluckernde Elektrobeats und krachende Powerpop-Riffs. Lange nicht mehr wurden die schwarzen Löcher zwischen Traum und Wirklichkeit so faszinierend ausgelotet.
Bester Song: „Walk With Me“
07. A Tribe Called Quest
„We Got It From Here … thank you 4 your service“.
Mehr noch als die Rückkehr von De La Soul hat das erste Lebenszeichen seit 18 Jahren und zugleich wohl letzte Album von A Tribe Called Quest überrascht – und überwältigt. Die Veteranen des intelligenten Eastcoast-HipHop ersetzen ihren stilprägenden Minimalismus durch eine fein gesponnene Opulenz, die schlicht atemraubend ist. Brummbässe, jazzy Interludes, Hammondorgeln, zärtliche Seufzer, Gitarrenlicks, massives Elektroblubbern, ein beständiger, unfehlbarer Rapflow, der Trumps Amerika seziert und zürnt, lässig und elegant und ohne Beispiel. Bestes HipHop-Album des Jahres, keine Frage.
Bester Song: „We the People“
04. Wilco – „Schmilco“.
Diese Band bewegt sich so virtuos und zugleich leichtfüßig im klassischen Songformat wie keine andere. Nach dem schneidenden E‑Gitarren-Sturm „Star Wars“ aus dem vergangenen Jahr widmen sich Wilco auf „Schmilco“ ihrer ruhigeren, aber ganz sicher nicht weniger spannenden Seite. Die überaus konzisen, ohne ein Gramm Eitelkeit arrangierten Songs atmen Folk und Country ein und unverkennbare Wilco-Americana-Avantgarde mit dunkler Jeff-Tweedy-Poesie aus. Der eher beiläufig-spaßige
Titel und die kurze Spieldauer täuschen: Dieses ungemein dichte, detailverliebte Album ist ein Hauptwerk.
Bester Song: „Quarters“.
03. Anohni – „Hopelessness“.
Die Zeit der filigranen kammermusikalischen queeren Kunstlieder ist für Antony Hegarty nach dem Ende seiner Band The Johnsons vorbei. Unter neuem (weiblichem) Namen suchte sie nach einer radikaleren Musik, um ihre Wende von der Identitäts- zur Weltpolitik zu markieren. Die Tracks des schottischen Electronic-Produzenten Hudson Mohawke inspirierten sie schließlich zu direkten und expliziten Texten über die auch am Ende der Obama-Regierung hoffnungslose Weltlage. Gemeinsam mit Dan Lopatin alias Oneohtrix Point Never formte sie aus Beats und Gram Protestsongs fürs 21. Jahrhundert.
Bester Song: „Drone Bomb Me“
02. Leonard Cohen – „You Want It Darker“.
eit seiner ersten Platte hat Leonard Cohen letzte Worte gesprochen, letzte Songs gesungen, das Ende bedacht, die Liebe und die Einsamkeit, die Lust und den Verfall, die Sehnsucht und die Verzweiflung. Auf seinem letzten Album raunt er: „Ich stehe vom Tisch auf. Du willst es dunkler? Wir löschen das Licht. Ich wünschte, es gäbe einen Vertrag zwischen deiner Liebe und meiner.“ Sein Sohn Adam hat die Choräle am Ende der Reise produziert, gravitätische Lieder von der süßen Resignation: „I’m ready, Lord.“ In einer Pressekonferenz sagte Cohen: „Ich will ewig leben.“ Er lächelte müde.
Bester Song: „You Want It Darker“
Copyright: Sony Music
01. David Bowie – „Blackstar“
Der erste Eindruck von „Blackstar“ war der eines faszinierenden, ambitionierten, aber auch sperrigen und rätselhaften Werks. Kein Album, zu dem man schnell Zugang finden würde. Und wohl auch keines, das man sich allzu oft anhört. Bowies Tod, zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag und zwei Tage nachdem „Blackstar“ erschienen war, machte es dann ganz unmöglich, es noch einmal auf dieselbe Art zu hören wie zuvor. Mehr noch, es war, als hätte es sich über Nacht in etwas Neues verwandelt.
Copyright: Columbia Records/Columbia Records
Bowies Stimme klang auf einmal, als deklinierte sie Song für Song die fünf Sterbephasen nach Elisabeth Kübler-Ross durch. In „’Tis A Pity She Was A Whore“ wirkte sie resigniert bis abgeklärt, wie um zu sagen: Ich habe schon alles gesehen, was soll mir der Tod da noch anhaben? Und „Where the fuck did Monday go?“, fragte sie mit unbestimmtem Zorn in „Girl Loves Me“. Im düsteren „Sue (Or In A Season Of Crime)“ fand sie, ganz hohl und ausgebrannt, aus dem verschachtelten Trommelgewirr nur schwer einen Ausweg. Und auf dem letzten Stück des atemlos kurzen Albums bekannte sie: „I Can’t Give Everything Away“ – eine unerträglich ängstliche Bitte um einen letzten kurzen Aufschub.
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Selbst wenn die Krebsdiagnose überraschend kam und die vielen Todesahnungen nur Fanprojektionen und künstlerische Freiheit gewesen sind, bleibt „Blackstar“ in seiner mystischen Tiefe und seinem kreativen Mut doch ein fantastisches Album – und das größtmögliche Statement am Ende eines einzigartigen Künstlerlebens. Nur allzu oft hören kann man es leider immer noch nicht. Es tut einfach zu weh.
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