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Die besten Alben aller Zeiten: Plätze 50 bis 1
Für das Sonderheft "Die 500 besten Alben aller Zeiten" hat eine von unseren US-Kollegen zusammengerufen Jury aus 400 Künstlern, Kritikern und Branchenikonen die 500 besten Alben aller Zeiten ermittelt. Hier, kommentiert, die Plätze 50 bis 1.
Platz 50: Little Richard - "Here’s Little Richard"
„Ich kam aus einer Familie, in der man für Rhythm & Blues kein Verständnis hatte“, sagte Little Richard dem ROLLING STONE 1970. „Bing Crosby, ,Pennies From Heaven‘ oder Ella Fitzgerald war alles, was ich zu hören bekam. Aber ich wusste, dass es etwas geben musste, das lauter war. Ich wusste nur nicht, wo ich suchen sollte. Bis ich erkannte, dass ich selbst es war.“ Richards wüstes Debütalbum vereinte Singles wie „Rip It Up“ und „Long Tall Sally“, die mit ihrem Boogie-Woogie-Piano und den spitzen Falsett-Schreien dem Rock’n’Roll völlig neue Dimensionen erschlossen. „Tutti Frutti“ enthält obendrein die wohl inspiriertesten Textzeilen, die je aufgenommen wurden: „A wop bop alu bop, a wop bam boom.“
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Specialty, 1957.
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Platz 50: Little Richard – „Here’s Little Richard“
„Ich kam aus einer Familie, in der man für Rhythm & Blues kein Verständnis hatte“, sagte Little Richard dem ROLLING STONE 1970. „Bing Crosby, ,Pennies From Heaven‘ oder Ella Fitzgerald war alles, was ich zu hören bekam. Aber ich wusste, dass es etwas geben musste, das lauter war. Ich wusste nur nicht, wo ich suchen sollte. Bis ich erkannte, dass ich selbst es war.“ Richards wüstes Debütalbum vereinte Singles wie „Rip It Up“ und „Long Tall Sally“, die mit ihrem Boogie-Woogie-Piano und den spitzen Falsett-Schreien dem Rock’n’Roll völlig neue Dimensionen erschlossen. „Tutti Frutti“ enthält obendrein die wohl inspiriertesten Textzeilen, die je aufgenommen wurden: „A wop bop alu bop, a wop bam boom.“
Copyright: Specialty, 1957
Platz 49: The Allman Brothers Band – „At Fillmore East“
Das wohl größte Live-Doppelalbum aller Zeiten dokumentiert nicht nur die improvisatorische Klasse der Band, sondern auch ihr einmaliges Talent, das Publikum in ihre Jams miteinzubeziehen. „Es schien irgendwie mitzuspielen“, sagte Sänger und Keyboarder Gregg Allman über die Konzerte vom März 1971. Das atemberaubende Gitarren-Tandem mit Duane Allman und Dicky Betts befand sich in Höchstform und verschmolz in Songs wie „Whipping Post“ und „In Memory Of Elizabeth Reed“ Blues und Jazz mit spielerischer Leichtigkeit. Doch ihre telepathische Kommunikation wurde abrupt unterbrochen: Drei Monate nach der Veröffentlichung kam Duane bei einem Motorradunfall ums Leben.
Copyright: Capricorn, 1971
Platz 48: Public Enemy – „It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back“
Laut, fies, funky, avantgardistisch, politisch, urkomisch – das brillante zweite Album der Band ist alles zusammen. Chuck D bellt seine verzwickten Reime heraus und orientiert sich dabei an dem abgehackten Duktus amerikanischer Sportreporter, während sein Sidekick Flavor Flav für die komischen Momente sorgt. Die Bomb Squad, das eigene Produktionsteam, liefert dazu vielschichtige, hypnotische Jams, die sie manchmal mit heulenden Sirenen würzen. „Bring The Noise“ macht seinem Titel alle Ehre. „Wenn man meine Musik noise nennt“, so Chuck D, „dann kann ich nur sagen: Na gut – I’m bringing more noise.“
Copyright: Def Jam, 1988
Platz 47: John Coltrane – „A Love Supreme“
Im Jahre 1957 traf der Saxofonist zwei wichtige Entscheidungen: Coltrane trennte sich von seinem Arbeitgeber Miles Davis, schloss sich Thelonious Monks Band an und erschloss sich mit seinen langen, ekstatischen Soli neue Horizonte. Zum Zweiten trennte er sich vom Heroin – was sich als elementarer Schritt zu einem spirituellen Neubeginn erweisen sollte, von dem der legendäre, hymnische Titelsong Zeugnis ablegt. Es war transzendentale Musik, die nicht zufällig mit dem Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung zusammenfiel. Coltranes majestätisches, oft mit physischer Intensität gespieltes Saxofon war aber nie Selbstzweck. Es waren tief empfundene Dankbarkeit und schiere Freude, die seinem Spiel Flügel verliehen.
Copyright: Impulse, 1964
Platz 46: Bob Marley And The Wailers – „Legend“
„Reggae ist zu simpel für amerikanische Musiker“, sagte Marley einmal. „Du musst in dieser Musik leben und wissen, warum du sie spielen willst. Man spielt sie nicht, weil man glaubt, damit eine Million verdienen zu können.“ Sinnigerweise war es gerade dieses Greatest Hits-Album, das sich auf der ganzen Welt millionenfach verkaufte. Es beinhaltet alles, was Marley auszeichnete: sein nuanciertes Songwriting, seine politische Botschaft und sein Talent, jamaikanischen Rhythmus und die Spiritualität der Rastas zu einer universellen Message zu formen. Die Pistolero-Ballade „I Shot The Sheriff“, das beruhigend wiegende „No Woman No Cry“ und der hehre Schwur des „Redemption Songs“ sind dafür eindrucksvolle Beispiele.
Copyright: Island, 1984
Platz 45: The Band – „The Band“
Zu vier Fünfteln stammte The Band aus Kanada (nur Drummer Levon Helm kam aus Arkansas), doch auf ihrem zweiten Album drehte sich alles um Amerika. Die Songs von Gitarrist Robbie Robertson ließen die Pionier-Tage wieder auferstehen („Across The Great Divide“), den Bürgerkrieg („The Night They Drove Old Dixie Down“), reflektierten aber auch den heiklen Zustand der Nation in den 60er Jahren. Die druckvollen Keyboards von Garth Hudson und Helms polterndes Schlagzeug zeugen von langen Jahren on the road, doch Robertsons Geschichten erwecken eigentlich erst richtig zum Leben durch Helms knorrige Stimme, Rick Dankos glockenhellen Tenor und Richard Manuels ätherischen Schmelz.
Copyright: Capitol, 1969
Platz 44: Patti Smith – „Horses“
„Jesus died for somebodys’s sins, but not mine“, singt sie trotzig im gewagten Remake des Them-Klassikers „Gloria“. Es ist der Einstieg in ein Album, das sich offen zur Meuterei bekennt, aber den Glauben an die transformierenden Kräfte des Rock’n’Roll nicht verliert. „Horses“ machte Patti Smith zur Königin des Punk, bevor Punk überhaupt existierte, doch sie war mehr daran interessiert, den Rock für die Poesie zu öffnen. Sie suchte nach Visionen, die Keith Richards und Arthur Rimbaud miteinander verbanden – und fand sie mit Hilfe ihrer Band (Pianist Richard Sohl, Gitarrist Lenny Kaye, Bassist Ivan Kral und Drummer Jay Dee Daugherty) und ihres Freundes Robert Mapplethorpe, der auch das ungeschönte, wundervolle Cover-Porträt machte.
Copyright: Arista, 1975
Platz 43: Pink Floyd – „The Dark Side Of The Moon“
„Ich denke, jedes Album war ein Schritt in Richtung ,Dark Side Of The Moon‘“, sagte Keyboarder Rick Wright. „Wir sogen alles in uns auf – wie man im Studio aufnahm und wie man bessere Songs schrieb.“ Bevor sie ins Studio gingen, waren sie monatelang mit dem Material durch England getourt. Es war der Höhepunkt ihrer spacigen Klang-Expeditionen, die sie Anfang der 70er Jahre forciert hatten. Im Studio aber setzten sie Roger Waters’ Visionen vom alltäglichen Wahnsinn punktgenau um, sei es mit melodischer Präzision („Breathe“, „Us And Them“) oder filmischer Grandeur (Clare Torrys Gast-Arie in „The Great Gig In The Sky“). „Dark Side“ ist jedenfalls eines der bestproduzierten Alben aller Zeiten.
Copyright: EMI, 1973
Platz 42: The Doors – „The Doors“
Nachdem sie als Hausband in L.A.’s Whisky a Go Go zunächst gefeiert, dann aber gefeuert worden waren, waren die Doors willens, ihren poetischen Rock, oft von Ray Manzareks Orgel dominiert, der ganzen Welt vorzustellen. Die dunkelvisionäre Pop-Art des Debüts fand bei kommerzieller orientierten Hörern zunächst allerdings wenig Anklang. Doch die Doors trafen auf eine Goldader, als sie einen längeren Jam von „Light My Fire“ auf Single-Länge komprimierten. Robbie Krieger hatte den Song geschrieben, nachdem Jim Morrison von seiner Band einen Song mit einem universellen Thema gefordert hatte.
Copyright: Elektra, 1967
Platz 41: The Sex Pistols – „Never Mind The Bollocks, Here’s The Sex Pistols“
„Wenn sich die Sessions so entwickelt hätten, wie ich mir das vorgestellt hatte, wäre das Album für die meisten Leute ungenießbar gewesen“, sagte Johnny Rotten. „Will man, dass die Leute zuhören, muss man schon Kompromisse machen.“ Aber dieses Gefühl teilten damals die wenigsten. Das einzige Studioalbum der Sex Pistols schien alles einstampfen zu wollen, was der Rock’n’Roll bisher auf die Beine gestellt hatte. „Never Mind …“ war die Bergpredigt des Punk – und ihr Echo hallt noch immer nach.
Copyright: Virgin, 1977
Platz 40: Love – „Forever Changes“
„Als ich das Album aufnahm“, so Sänger Arthur Lee, „stellte ich mir vor, dass ich in diesem Moment sterben würde – dass das also meine letzten Worte sein würden.“ Lee sollte das Album allerdings noch bis in die Nuller Jahre live spielen. Das dritte Album der Band aus L.A. war wüst und witzig und eine echte Pioniertat. Mit orchestralem Flair und Mariachi-Bläsern wurde das Folkrock-Fundament zu einem eleganten Armageddon umgestaltet. Ende der 90er Jahre verbrachte Lee eine Zeit hinter Gittern. Zurück in der Freiheit, gab er den Zeilen des Songs „Live And Let Live“ eine besondere Bedeutung: „Served my time, served it well.“
Copyright: Elektra, 1967
Platz 39: The Beatles – „Please Please Me“
Zehn der 14 Songs ihres Debütalbums nahmen die Beatles am 11. Februar 1963 in gut zwölf Stunden auf. Allein schon was Effizienz betrifft, ist es eins der größten Alben der Rock-Geschichte. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt bereits einen brachialen Sound entwickelt, einen Frontalangriff aus vibrierender Energie und perfekten Gesangsharmonien: Ob es nun Coverversionen wie „Boys“ von den Shirelles waren oder aber Lennon-McCartney-Klopfer wie „There’s A Place“ und „I Saw Her Standing There“, spielte dabei keine Rolle. Es passte ins Bild, das sich Lennon am Ende der eintägigen Session John Lennon das Hemd vom Körper riss und mit einer letzten Energieleistung seinen geschundenen Stimmbändern zwei Takes von „Twist And Shout“ entlockte.
Copyright: Parlophone, 1963
Platz 38: Muddy Waters – „The Anthology“
McKinley Morganfield alias Muddy Waters spielte zunächst akustischen Delta-Blues in Mississippi. Als er 1943 nach Chicago zog, brauchte er eine elektrische Gitarre, um sich in den lärmenden Bars der South Side überhaupt noch Gehör verschaffen zu können. Der Sound, den er dabei entwickelte, sollte das Fundament des Chicago Blues – wie auch des Rock’n’Roll sein: Der fette, fließende Klang seiner Slide-Gitarre nahm vieles von der Verzerrung vorweg, den die Rock-Gitarristen 20 Jahre später für sich reklamieren sollten. Jimi Hendrix wählte Waters’ „Rollin’ Stone“ als Vorlage für „Voodoo Chile“, Bob Dylan fand hier Anregungen für „Like A Rolling Stone“ – und Mick Jagger und Keith Richards benannten ihre Band danach.
Copyright: Chess/MCA, 2001
Platz 37: The Eagles – „Hotel California“
Wie es sich für perfektionistische Hollywood-Cowboys gehört, verbrachten die Eagles acht Monate im Studio, um immer wie- der an ihren Aufnahmen zu polieren. „Wir haben uns sprichwörtlich eingeschlossen“, erinnerte sich Don Henley. „Wir hatten einen Kühlschrank, eine Tischtennisplatte, Rollerskates und ein paar Feldbetten. Wir gingen ins Studio und kamen zwei, drei Tage lang nicht wieder raus.“ Nachdem Gitarrist Joe Walsh Bernie Leadon ersetzt hatte, verabschiedete sich die Band vom klassischen Country-Rock und schlug härtere Töne wie in „Life In The Fast Lane“ an. Das bedrückende „New Kid In Town“ thematisiert die Vergänglichkeit des Ruhms, während das Titelstück von der damaligen Dekadenz der Rock-Aristokratie handelt.
Copyright: The Eagles Asylum, 1976
Platz 36: Carole King – „Tapestry“
Fast zehn Jahre lang schrieb Carole King zusammen mit ihrem damaligen Ehemann Gerry Goffin „Brill Building“-Pop: Little Evas „The Loco-Motion“ etwa oder „Pleasant Valley Monday“ für die Monkees. Es war ihr Freund James Taylor, der sie ermunterte, ihre Songs doch lieber selbst zu singen. Sie nahm eine langsamere, ätherische Version von „Will You Love Me Tomorrow“ auf (1960 ein Hit für die Shirelles), gab mit ihrer warmen, unprätentiösen Stimme „So Far Away“ und „It’s Too Late“ eine neue, tief empfundene Melancholie oder verzauberte „I Feel The Earth Move“ mit schierer, natürlicher Lebensfreude. „Tapestry“ war für King ein Neubeginn und lieferte zugleich das Strickmuster für die weiblichen Singer-Songwriter der 70er Jahre.
Copyright: Ode, 1971
Platz 35: David Bowie – „The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“
Das Album dokumentiert eines der gewieftesten Selbst-Mythologisierungs-Manöver in der Geschichte der Rockmusik: David Bowie schlüpfte in die Rolle seines glitzernden, messianischen Alter Egos Ziggy Stardust. Der Glam-Rock, den Ziggy und Gitarrist Mick Ronson dann auf Tracks wie „Hang On To Yourself“ und „Suffragette City“ zelebrieren, ist eine geniale Mischung aus affektiert-tuntigem Pop und Blues- Drive, das hymnische „Ziggy Stardust“ eine der frühen Power-Balladen. „Ich vermute, dass ich für eine ganz neue Schule von Rollenspielen verantwortlich bin“, sagte Bowie damals.
Copyright: RCA, 1972
Platz 34: The Band – „Music From Big Pink“
„Big Pink“ war ein pinkfarbenes Haus in Woodstock, New York, wohin The Band – Dylans Tour-Begleitung in den Jahren 1965/66 – gezogen war, um sich nach dessen Motorradunfall in Dylans Nähe zu befinden. Während er wieder auf die Beine kam, spielten sie mit ihm die Demos ein, die später als „Basement Tapes“ bekannt wurden, aber auch ihr eigenes Debüt. Dylan bot sich an, auf dem Album mitzuwirken, aber die Band winkte dankend ab. „Wir wollten nicht nur sein Anhängsel sein“, sagte Drummer Levon Helm. Dylan gab ihnen allerdings den Song „I Shall Be Released“. Aber es war der rustikale Charme ihrer Musik, auch das Reflektieren über Familien und Verpflichtungen, die „Big Pink“ zum Klassiker machten.
Copyright: Capitol, 1968
Platz 33: Ramones – „Ramones“
„Unsere frühen Songs waren wirklich Aus- druck unserer eigenen Isolation und Frustration – das Gefühl, das jeder zwischen 17 und 75 einmal kennenlernt“, sagte Sänger Joey Ramone. Mit seinen gerade mal 28 Mi- nuten ist „Ramones“ ein Affront gegen die ornamentale Künstlichkeit, die im Rock der Siebziger immer weiter um sich gegriffen hatte. Die Songs sind kurz, schnell und pampig – genau wie die Ramones selbst: „Beat On The Brat“, „Blitzkrieg Bop“, „Now I Wanna Sniff Some Glue“. Gitarrist Johnny Ramone weigerte sich, Soli zu spielen – seine Dampfhammer-Akkorde wurden das Vokabular des Punks. Doch zwischen all der nihilistischen Rotzigkeit bewies Joeys „I Wanna Be Your Boyfriend“, dass selbst Punks nicht ganz ohne Liebe auskommen.
Copyright: Sire, 1976
Platz 32: The Rolling Stones – „Let It Bleed“
Das Torten-Album eröffnet mit dem beklemmenden „Gimme Shelter“, jenem Song, der nicht nur das Fiasko auf ihrem Konzert in Altamont symbolisierte, sondern auch das Ende der an Utopien so reichen Sixties. Durch das Album zieht sich die Spur der Apokalypse: in der sexbesessenen Verzweiflung von „Live With Me“, im mörderischen Blues „Midnight Rambler“, in Keith Richards’ giftiger Gitarre auf „Monkey Man“, aber auch im Moralismus von „You Can’t Always Get What You Want“, das Jagger in seinem Schlafzimmer schrieb und später mit Honky-Tonk-Piano und einem gewaltigen Chor aufblies. Jemand hatte empfohlen, den London Bach Choir dafür zu engagieren, und die Band machte sich einen Jux daraus.
Copyright: London, 1969
Platz 31: Bob Dylan – „Bringing It All
Back Home“
„Es ist kompliziert, mit Elektrizität zu spielen“, sagte Dylan im Sommer 1965. „Man hat es plötzlich mit anderen Leuten zu tun. Und die, die Rock’n’Roll nicht mögen, haben meistens keinen Draht zu diesen anderen Leuten.“ Auf der ersten Seite dieser musikalischen Pioniertat dreht Dylan den Verstärker voll auf, um seinen kryptischen, provokanten Texten einen größeren Nachdruck zu geben. „Subterranean Homesick Blues“ und „Maggie’s Farm“ sind laut, ätzend und unglaublich lustig. Auf der zweiten LP-Seite kehrt Dylan wieder zur Akustik-Gitarre zu- rück und präsentiert vier exzellente Songs, darunter das bitterböse „It’s Alright, Ma (I’m Only Bleeding)“ und die Ballade „It’s All Over Now, Baby Blue“.
Copyright: Columbia, 1965
Platz 30: Joni Mitchell – „Blue“
„Auf dem ,Blue‘-Album wird man nicht eine unehrliche Note finden“, sagte Mitchell dem ROLLING STONE 1979. „Zum damaligen Zeitpunkt waren alle meine Abwehrmechanismen außer Kraft. Ich fühlte mich wie die Zellophanverpackung einer Zigarettenschachtel. Ich hatte den Eindruck, als könne ich nichts vor der Welt verbergen, als könne ich mir beim besten Willen nicht einreden, stark oder glücklich zu sein.“ „Blue“ ist viel- leicht das ultimative Trennungsschmerz-Al- bum und Mitchells überzeugendste musikalische Leistung. Stephen Stills und James Taylor gehen ihr gelegentlich zur Hand, aber in „California“, „Carey“, „This Flight Tonight“ und im erschütternden Titelsong klingt Mitchell in ihrer Melancholie mutterseelenallein.
Copyright: Reprise, 1971
Platz 29: Led Zeppelin – „Led Zeppelin“
Auf ihrem ersten Album waren Led Zeppelin noch damit beschäftigt, ihren eigenen Sound zu finden und sich von den wüsten Rave-ups der Yardbirds, Jimmy Pages früherer Gruppe, zu verabschieden. Doch schon von Anfang an kreierte die Band eine erstaunlich runde Mischung aus Pages lyrischer Gitarre, Robert Plants markerschütterndem Heulen und der Gerölllawine, die John Paul Jones und John Bonham mit ihrem harten Boogie lostraten. Im Kern sind hier schon alle Qualitäten vorhanden, die Led Zeppelin in den Siebzigern ausspielen sollten: knüppelharter Rock („Communication Breakdown“), donnernde Power-Balladen („Your Time Is Gonna Come“) oder psychedelischer Folk-Blues („Babe I’m Gonna Leave You“).
Copyright: Atlantic, 1969
Platz 28: The Who – „Who’s Next“
Er habe einen Nervenzusammenbruch gehabt, verriet Pete Townshend, als nach der Rock-Oper „Tommy“ sein nächstes nicht minder ambitioniertes Projekt namens „Lifehouse“ nicht realisiert werden konnte. Doch immerhin hatte er einen Sack voll neuer Songs, an denen The Who solange feilten, bis daraus ihr bestes Studioalbum wurde. „Won’t Get Fooled Again“, „Bargain“ und „Baba O’Riley“ vermitteln eine majestätische Atmosphäre, die oft genug mit ein paar Synthie-Tupfern verfeinert wird. „Ich mag Synthesizer“, sagte Townshend, „weil sie mir Sachen in die Hand geben, zu denen ich normalerweise nicht befähigt bin: der Klang eines Orchesters, Waldhörner, Streicher… Man drückt einen Knopf, und schon läuft es wie von selbst.“
Copyright: Decca, 1971
Platz 27: U2 – „The Joshua Tree“
„Amerika ist für eine Menge Iren das gelobte Land“, sagte Bono dem ROLLING STONE. „Ich stehe in einer langen Tradition von Iren, die diesen Trip gemacht haben.“ Auf ihrem fünften Studioalbum tauchte die Band in die Mythologie Amerikas ein, während The Edge das digitale Delay für sich entdeckte und seine vertrauten Arpeggios in einen wabernden Hall verwandelte. Einer der bewegendsten Songs ist „Running To Stand Still“, eine reduzierte Slide-Gitarren-Ballade über die Heroinsucht, doch zum großen Teil gelingt es der Band, Sinnsuche und politische Positionen in mitsing- bare Stadionhymnen zu kleiden. Man höre zum Beweis „Where The Streets Have No Name“ oder „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“.
Copyright: Island, 1987
Platz 26: Fleetwood Mac – „Rumours“
Mit „Rumours“ transformierten Fleetwood Mac ihre privaten Probleme in gefällige, unwiderstehliche Melodien: Die beiden Paare in der Band – Bassist John und Keyboarderin Christine McVie waren verheiratet, Gitarrist Lindsay Buckingham und Sängerin Stevie Nicks nicht – trennten sich im Laufe der langwierigen Aufnahmen gerade von- einander. Was wiederum der Hintergrund war für emotional aufgeladene Songs wie Buckinghams „Go Your Own Way“, Nicks’ „Dreams“, McVies „Don’t Stop“ und das gemeinsam geschriebene „The Chain“, das ebenfalls Verlust und Trennung thematisiert. Das stieß auf viele offene Ohren: „Rumours“ war in den 70er Jahren im Radio all- gegenwärtig und ist das siebterfolgreichste Studioalbum der Popgeschichte.
Copyright: Warner Brothers, 1977
Platz 25: James Brown – „Live At The Apollo“
Vielleicht das großartigste Live-Album, das je aufgenommen wurde. Ausgehend von einem gesprochenen Intro baut sich die Spannung langsam auf: Nach frühen, schweißtreibenden Hits wie „Try Me“ folgt der Bogen der elfminütige Ballade „Lost Someone“, um dann in einem Medley zu ex- plodieren und mit „Night Train“ abzuschlie- ßen: „Live At The Apollo“ ist purer, unver- dünnter Soul. Und doch wäre die Aufnahme fast nie veröffentlicht worden. Syd Nathan, Chef von King Records, sträubte sich gegen ein Live-Album, bis sich Brown entschloss, am 24. Oktober 1962 das letzte von mehre- ren Apollo-Konzerten selbst aufzunehmen. Sein Gefühl täuschte ihn nicht: „Live At The Apollo“ war 66 Wochen lang in den amerikanischen Charts.
Copyright: King, 1963
Platz 24: Stevie Wonder – „Innervisions“
Seine ambitionierten musikalischen Experimente und tief empfundenen Einblicke in die menschliche Natur machten „Innervisions“ zu einer komplexen, aber nie selbst- verliebten Suche nach dem eigenen Ich. Gesellschaftlicher Realismus und individueller Idealismus sind die Fundamente, die Wonder mit unwiderstehlichem Funk und expressiven Klangfarben zum Leben erweckt. „Too High“ ist eine Warnung vor den Folgen des Drogen-Konsums, „Higher Ground“ reflektiert die Visionen eines Martin Luther King. Doch das Herzstück des Albums ist „Living For The City“, das soziale Ausbeutung und Ungerechtigkeit mit großer Intensität geradezu plastisch vor Augen führt. „Innervisions“ ist Wonders innovationsfreudigstes Album.
Copyright: Tamala Motown, 1973
Platz 23: John Lennon – „Plastic Ono Band“
Man nannte es auch das „Primal Scream“- Album, da sich Lennon zu dieser Zeit einer quälenden Psychotherapie unterzog, die sich unmittelbar in den Songs niederschlug. „Plastic Ono Band“ war Lennons erstes eigentliches Soloalbum und die wohl radikalste Nabelschau, die im Rahmen der Rockmusik je veröffentlicht worden ist. Lennon beschimpfte alle nur erdenklichen Idole und Ikonen, darunter auch seine einstige Band („I don’t believe in Beatles“), und nahm mit der Garagen-Rock-Ästhetik einiger Stücke den Punk um Jahre vorweg. In „Mother“ verarbeitete er die Entbehrungen seiner Kindheit und verkniff sich in „Working Class Hero“ mit Mühe und Not noch wüstere Beleidigungen: „You’re still fucking peasants as far as I can see.“
Copyright: EMI, 1970
Platz 22: Robert Johnson – „The Complete Recordings“
„Du willst wissen, wie gut der Blues sein kann?“, fragte Keith Richards. „Nun, hier ist die Antwort.“ Der fragliche Blues-Meister war Robert Johnson, der von 1911 bis 1938 im Mississippi-Delta lebte und seiner Gitarre so Erstaunliches entlockte, dass unweigerlich die Legenden sprossen, er habe an den Crossroads seine Seele dem Teufel verkauft. Johnson nahm in zwei Aufnahmesessions nur insgesamt 29 Songs auf, aber ihr inzwischen verblassendes Feuer strahlte über Jahrzehnte in die Zukunft und inspirierte so ziemlich jeden – von Chicago Blues- Initiator Elmore James bis zu britischen Blues-Adepten wie den Rolling Stones oder Eric Clapton. Alle Aufnahmen sind auf diesem Album vereint.
Copyright: Columbia, 1990
Platz 21: Chuck Berry – „The Great Twenty-Eight“
In der zweiten Hälfte der Fünfziger veröffentlichte Chuck Berry eine Reihe von Singles, die den Sound und den Geist des Rock’n’Roll definieren sollten. „Maybellene“, ein schneller Countryrocker über das Rennen zwischen einem Ford und einem Cadillac, machte den Anfang – und ein Hammer folgte auf den anderen, vorangetrieben von Berrys Country-Blues-Stakkato auf der Gitarre: „Roll Over Beethoven“, „School Days“, „Rock And Roll Music“, „Sweet Little Sixteen“, „Johnny B. Goode“, „Back In The USA“. Was war sein Geheimnis? „Das Rückgrat meines Beat ist Boogie“, erläuterte der Meister, „und die Muskeln meiner Musik sind Melodien, die alle ganz simpel sind.“
Copyright: Chess, 1982
Platz 20: Michael Jackson – „Thriller“
Michael Jackson dominierte die Achtziger so, wie Elvis die Fünfziger geprägt hatte. Das R&B-Wunderkind war zum Technicolor-Soulman gereift, der als Sänger, Tänzer und Songschreiber ein unvergleichliches Gespür fürs Crossover besaß. Zusammen mit Produzent Quincy Jones hatte er 1979 mit „Off The Wall“ das Modell einer Wundertüte entwickelt, in der Pop-Hooks und Dance-Beats zu einer explosiven Mischung verschmolzen. Mit „Thriller“ gaben die beiden ihrem Mix noch mehr Glamour („The Girl Is Mine“), noch mehr Drama („Thriller“), noch mehr Funk. Doch am eindrucksvollsten waren das wütende Dementi von „Billy Jean“ und die Kampfansage gegen die mediale Gerüchteküche in „Wanna Be Startin’ Somethin’“.
Copyright: Epic, 1982
Platz 19: Van Morrison – „Astral Weeks“
Van Morrison klang nie wärmer, nie ekstatischer, nie sinnlicher und sensibler als auf seinem rätselhaft ätherischen Solo-Debüt. Beflügelt vom Erfolg von „Brown Eyed Girl“ und einem neuen Vertrag mit dem künstlerfreundlichen Warner-Label, erforschte er hier das ganze Spektrum sein- er Stimme, versuchte sich an lyrischen Scat-Improvisationen oder vertonte traumähnliche Erinnerungen an seine Heimat Belfast mit mäandernden Melodien, die sich gleichermaßen bei R&B und keltischer Musik bedienten. Die Magie wurde komplettiert durch das begnadete Jazz-Quintett, das Produzent Lewis Merenstein zusammengestellt hatte, um Morrisons ahnungsvollen Andeutungen die adäquate Grundierung zu geben.
Copyright: Warner Brothers, 1968
Platz 18: Born To Run Bruce Springsteen
Springsteen setzte alles ein, was er hatte – Geduld, Energie, Studiozeit und die Gesundheit seiner E Street Band, um sein Meisterwerk doch noch zu vollenden. Allein im Titeltrack finden sich Dutzende von Overdubs. „Das Album wurde zum Monster“, erinnerte sich Springsteen. Aber bei der zähen Produktion seines dritten Albums sah er sich selbst mit dem zentralen Thema seiner Musik konfrontiert: dem ständigen Ringen, die großen Träume mit der Realität in Einklang zu bringen. Bei dem Versuch, die Dynamik seiner Bar-Gigs in New Jersey, die Grandeur von Phil Spector und das Melodrama von Roy Orbison im Studio zu reproduzieren, biss er sich lange die Zähne aus, doch seiner verbissenen Detailliebe verdanken wir ein zeitloses Album.
Copyright: Columbia, 1975
Platz 17: Nirvana – „Nevermind“
Es war die Erfolgsgeschichte der 90er Jahre: Nirvanas zweites Album, angetrieben von der Single „Smells Like Teen Spirit“, kroch aus den Kellern von Seattles aufkeimender Grunge-Szene und fegte Michael Jackson mühelos von der Spitze der Charts. Der „Hair-Metal“, in den Jahren zuvor das große Kommerz-Thema, wurde gleich mit in den Orkus gestürzt. Kein Album der letzten 20 Jahre hatte eine derartige Wirkung auf eine Generation, was schließlich zur Selbstzerstörung von Nirvanas kreativem Kopf beitragen sollte: Die Last des Ruhms lag so schwer auf Kurt Cobains Schultern, dass er sich 1994 das Leben nahm. Doch seine peitschenden Riffs, sein giftiger Gesang und seine kryptischen Texte, gekoppelt mit der Zeppelin-trifft-Pixies-Dampfwalze von Bassist Krist Novoselic und Drummer Dave Grohl, brachten die ehrliche Wut zurück in den Rock’n’Roll. Textlich versteckte Cobain sein auf- gewühltes Inneres hinter mehrdeutigen Chiffren; sein eigentliches Genie bestand darin, eine Spannung zwischen laut und leise, Vers und Refrain, Zurückhaltung und Aggression zu generieren, die Songs wie „Lithium“, „Breed“ oder „Teen Spirit“ so mitreißend machte. Im Grunde seines Herzens aber liebte Cobain Pop, nicht zuletzt auch die Beatles. „Nevermind“-Produzent Butch Vig erinnert sich daran, dass Cobain während der Aufnahmen immer wieder Lennons „Julia“ gehört habe. Seine Glaubwürdigkeit als Underground-Musiker lag ihm allerdings nicht minder am Herzen. Auch wenn er damit letztlich auf verlorenem Posten stand.
Copyright: Geffen, 1991
Platz 16: Bob Dylan – „Blood On The Tracks“
Als er „Tangled Up In Blue“, den Eröffnungssong des Albums, einmal auf der Bühne vorstellte, sagte Dylan, es habe ihn zehn Jahre gekostet, den Song zu leben – und zwei Jahre, ihn zu schreiben. Es war ein offenkundiger Hinweis auf seine privaten Probleme – die Scheidung von Sara Lowndes –, die zumindest teilweise das beste Dylan-Album der 70er Jahre inspirierten. Genau genommen schrieb er den gesamten Zyklus dieser scharfzüngigen Songs in zwei Monaten Mitte 1974. Er war so stolz auf das Material, dass er es Freunden und Kollegen vorab vorstellte – von Mike Bloomfield über David Crosby bis zu Graham Nash. Im September nahm er es innerhalb einer Woche mit der Bluegrass-Band Deliverance auf – doch als er es im Dezember seinem Bruder David in Minneapolis vorspielte, regte der an, einige Songs mit lokalen Musikern neu einzuspielen. Das endgültige Album war dann eine Mischung aus den gemächlichen, nachdenklichen New Yorker Sessions und den schnelleren, ungestümeren Minneapolis-Aufnahmen. Zusammen lieferten sie einige von Dylans leidenschaftlichsten, intimsten Songs – von der Trennungs-Ballade „If You See Her, Say Hello“ bis zur bissigen Beschimpfung in „Idiot Wind“. „Es fällt mir schwer zu verstehen, warum die Leute diese Art von Tortur so lieben“, sagte Dylan, nachdem sich das Album umgehend als großer Erfolg erwies. Aber er hatte Pein in musikalisches Gold verwandelt.
Copyright: Columbia, 1975
Platz 15: The Jimi Hendrix Experience – „Are You Experienced?“
Genau so klang London zu Beginn des Jahres 1967: psychedelischer Blues, aufeinandergetürmtes Gitarren-Feed- back und die kosmische Vision eines amerikanischen Exilanten namens Jimi Hendrix. Es war der ehemalige Animals-Bassist Chas Chandler, der ihn nach London lotste, nachdem Hendrix mit seinen New Yorker Auftritten als Backing-Gitarrist in eine Sackgasse geraten war. Er kam im September 1966 an, stellte seine Begleitband mit Bassist Noel Redding und Bas-ist Mitch Mitchell zusammen – und nahm in nur wenigen Wochen sein epochales Debüt auf, das auch 45 Jahre später noch immer das innovativste und ausdrucksstärkste Gitarren-Al- bum der Rock-Geschichte ist. Hendrix’ explosives Spiel – geprägt auf langen Tourneen mit Little Richard und den Isley Brothers Anfang der 60er Jahre, aber auch von seiner Vorliebe, Feedback melodisch in einen Song zu inte- grieren Ω war ein Novum. Doch es waren ruhige Songs wie „Manic Depression“ und „The Wind Cries Mary“, die der Psychedelia den Weg wiesen. Hendrix selbst sagte, es sei „ein Album mit grenzenlosem Gefühl und Fantasie. Auf die Freiheit der Fantasie kommt es an.“ „Purple Haze“, das angeblich einen LSD-Trip wieder- gab, „hatte mit Drogen überhaupt nichts zu tun“, betonte er. „Es ging um einen Traum, in dem ich unter Wasser einen Spaziergang machte.“
Copyright: Track, 1967
Platz 14: The Beatles – „Abbey Road“
Es war eine sehr gelöste Platte“, berichtete Produzent George Martin, „weil alle davon ausgingen, dass es ihre letzte sein würde.“ „Abbey Road“, weitgehend in nur zwei Monaten des Sommers 1969 aufgenommen, wäre sogar fast gar nicht zu- stande gekommen. Im Januar standen die Beatles knapp vor dem Ende: Nach den desaströsen Sessions für „Let It Be“ war die Stimmung auf dem Nullpunkt angekommen. Doch wild entschlossen, sich mit einem Highlight zu verabschieden, traf man sich einmal mehr in den Abbey-Road-Studios, um das wohl ausgereifteste Album ihrer Karriere anzugehen. Sie hatten hervorragendes Material, das mit Liebe zum Detail aufgenommen wurde und vor allem auf der zweiten LP-Seite aus vielen Fragmenten zusammengesetzt wurde, ohne inhaltliche Brüche, autorisiert durch das Genie dieser Band. John Lennon changierte zwischen metallischer Härte („I Want You (She’s So Heavy)“) und gefühlvollem Gesang („Because“), Paul McCartney zeigte sich kess („Oh! Darling“), albern („Maxwell’s Silver Hammer“) und giftig („You Never Give Me Your Money“), und George Harrison bewies seinen lang unterschätzten Wert als Songschreiber mit „Something“ und dem folkigen Pop-Juwel „Here Comes The Sun“, das er in Eric Claptons Garten geschrieben hatte. Es heißt, Lennon, McCartney und Harrison hätten auf diesem Album mehr dreistimmige Harmonien gesungen als je zuvor. „Let It Be“ sollte die letzte Veröffentlichung werden, aber dies war das eigentliche Goodbye.
Copyright: EMI, 1969
Platz 13: The Velvet Underground – „The Velvet Underground And Nico“
Mit so wenig Instrumenten wie möglich versuchten wir unser Phil-Spector-Ding durchzuziehen“, sagte John Cale, der klassisch geschulte Pianist und Cellist, über dieses Album. Es war kein leerer Spruch. Vieles, was in der Rockmusik heute selbstverständlich ist, wäre ohne Velvet Underground und dieses wegweisende Album nicht denkbar: die androgyne Sexualität des Glitter- Rocks, die rohe Energie des Punks, das Scheppern von Grunge und Noise-Rock, das Endzeit- Fanal der Doom-Jünger. Das Album, für eine Handvoll Dollar in einem abbruchreifen Studio aufgenommen, schockiert mit einem atem- beraubenden Klangspektrum und tiefgehenden Texten. Singer-Songwriter Lou Reed thematisiert fleischliche Lust und Suchtprobleme, Dekadenz und Erlösung. Cale brachte minimalistische Frequenzen und Tonschwingungen ein, während Gitarrist Sterling Morrison und Drummerin Maureen Tucker mit Naturgewalt nach vorne preschten. Nico, die Manager Andy Warhol der Band zugeführt hatte, interpretierte Reeds brodelnden Überdruss als eisige Femme fatale. Von der Love-&-Peace-Generation wurde das Album 1967 abgestraft, doch das „Banana-Album“ (Warhol designte das Cover) erwies sich als revolutionär.
Copyright: Verve, 1967
Platz 12: Miles Davis – „Kind Of Blue“
Das Sublime Meisterwerk sollte eines der einflussreichsten Alben der Jazz-Geschichte werden, war aber zur Zeit seiner Veröffentlichung ein radikaler Bruch mit der Vergangenheit: Miles Davis verabschiedete sich von den gängigen Akkord-Strukturen, nutzte stattdessen modale Tonleitern als Ausgangspunkt für Komposition und Improvisation – und lieferte so einen warmen und subtilen Gegenentwurf zum schneidigen Hard-Bop. Davis und seine unvergleichliche Band – Bassist Paul Chambers, Drummer Jimmy Cobb, Pianist Bill Evans und die Saxofonisten John Coltrane und Cannonball Adderley – zelebrierten ihre Soli in einem offenen Raum, der eher „durch melodische als durch harmonische Variationen“ gekennzeichnet war, wie Davis es ausdrückte. Zwei Nummern – „All Blues“ und „Freddie Freeloader“ – griffen noch auf ein 12-Takt-Schema zurück, doch selbst hier ermutigte Davis seine Mitspieler zu einer bislang ungekannten Freiheit. Evans schrieb in den Liner Notes: „Nur wenige Stunden vor Aufnahmebeginn gab uns Miles die Koordinaten. Es waren grobe Skizzen, was in etwa die Band spielen sollte. Folglich hört man auf dem Album musikalische Äußerungen, die purer Spontanität sehr nahe kommen.“ Oder, wie es der Kritiker Robert Palmer ausdrückte: „,Kind Of Blue‘ ist in gewisser Weise nichts als Melodie und Atmosphäre.“ Die Bass- Figur in „So What“ gehört zu den berühmtesten der Jazz-Geschichte und nichts kann die nächtliche Magie des Jazz besser evozieren als die gestopfte Trompete in „All Blues“.
Copyright: Columbia, 1959
Platz 11: Elvis Presley – „Sunrise“
Viele glauben, dass der Rock’n’Roll am 5. Juli 1954 im Sun Studio in Memphis zur Welt kam. Elvis, Gitarrist Scotty Moore und Bassist Bill Black spielten zum Spaß gerade „That’s All Right, Mama“, einen Song des Bluesmannes Arthur „Big Boy“ Crudup, als sie Produzent Sam Phillips unterbrach und fragte: „Was spielt ihr denn da?“ „Wissen wir auch nicht so recht“, lautete die Antwort. Phillips forderte sie auf, „das Gleiche nochmal zu spielen“. Als A-Seite von Presleys erster Single wurde „That’s All Right“ am 19. Juli auf Sun veröffentlicht. Der Mann, der wenig später der „King“ werden sollte, war erstmals auf Vinyl verewigt.
Indem er schwarze und weiße Musik, Country und Blues, miteinander mischte, generierte er einen ebenso verspielten wie revolutionären Sound, dessen grenzenlose Spontanität die ganze Welt verändern sollte. „Letztlich ist es Blues“, schrieb Greil Marcus in seinem Standardwerk „Mystery Train“, „aber ohne all das Leiden, ohne die Sünde. Es ist die schiere Lebensfreude ohne Gewissensbisse.“ Presley veröffentlichte vier weitere Singles auf Sun – dar- unter die radikal überarbeiteten Versionen von Wynonie Harris’ „Good Rockin’ Tonight“ und Junior Parkers „Mystery Train“ Ω, bevor Phillips den Vertrag für 35.000 Dollar an RCA verkaufte. Erstaunlicherweise dauerte es mehr als 20 Jahre, bis Presleys Sun-Aufnahmen 1976 auf einem Album zusammengestellt wurden – das 1999 dann von einer Doppel-CD abgelöst wurde, die Presleys Anfänge bei Sun komplett dokumentiert.
Copyright: RCA, 1999
Platz 10: The Beatles – „The White Album“
Sie schrieben die Songs für dieses Doppelalbum, als sie im indischen Ashram des Maharishi Mahesh Yogi weilten und ihr hektisches Leben für eine Weile vergaßen – oder, wie Lennon es später formulierte: „Wir saßen irgendwo in den Bergen, aßen einen lausigen Fraß und schrieben all diese Lieder.“ Als sie nach England zurückkehrten, brachten sie so viele Songs mit, dass eine Einzel-LP nicht ausgereicht hätte – und so kämpften sie verbissen für die Veröffentlichung des kompletten Materials. „Wir arbeiteten zeitweise in drei verschiedenen Studios“, erinnerte sich George Harrison. „In einem nahm Paul Overdubs auf, John war in einem anderen – und ich nahm in einem dritten gerade die Bläser auf.“ Die Spannungen waren so extrem, dass Ringo frustriert für zwei Wochen aus der Band austrat. Und doch resultierte die Spannung in einem der risikofreudigsten Alben, die je gemacht wurden. Lennon ließ seinen scharfzüngigen Witz in „Sexy Sadie“ und „Happiness Is A Warm Gun“ aufblitzen, offenbarte aber auch seine empfind- same Seite in „Julia“ und „Dear Prudence“. McCartneys verspielte Pop-Energie schlug sich in „Back In The USSR“ nieder, der Persiflage von Chuck Berrys uramerikanischen Werten, doch er dokumentierte mit „Helter Skelter“ auch eine ungewohnt brachiale Seite. Harrisons spirituelle Suche führte ihn zu „Long, Long, Long“ und „While My Guitar Gently Weeps“, auf dem Eric Clapton mit einem Solo glänzen durfte.
Copyright: EMI, 1968
Platz 9: Bob Dylan – „Blonde On Blonde“
Am 16. Mai 1966 veröffentlicht, war „Blonde On Blonde“ das erste Doppelalbum eines bereits etablierten Künstlers. „Es kam dem Sound, den ich in meinem Kopf hörte, diesem fließenden, quecksilbrigen Sound, so nah wie nichts zuvor“, sagte Dylan 1978. Die manische Brillanz von „Blonde On Blonde“ lässt sich kaum besser beschreiben. Den größten Teil der 14 Songs nahm Dylan im Schnelldurchgang auf – bei einer vier- und einer dreitägigen Session in Columbias Nashville-Studios im Februar und März 1966. Das Tempo der Aufnahmen reflektierte die Amphetamin-Quirligkeit, mit der Dylan selbst zwischen ständigen Tourneen neue Songs ausspuckte. Zusammen mit vertrauten Weggefährten wie Organist Al Kooper und Hawks-Gitarrist Robbie Robertson sowie örtlichen Session-Cracks gelang ihm der große Wurf, indem er eigentlich Gegensätzliches zu einer neuen Einheit verschmolz: Das eng gewobene, straffe Korsett der Backing-Band erwies sich als perfektes Gegengewicht zu Dylans assoziativer Sprache und dem rasiermesserscharfen Gesang – etwa in der surrealistischen Barrel-house-Atmosphäre von „Rainy Day Women # 12 & 35“ und „Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again“, im wahn- witzigen Chicago-Blues „Leopard-Skin Pill-Box Hat“ oder dem abschätzigen „Lust Like A Woman“. Inmitten des Wahnsinns lieferte Dylan aber auch einige seiner beseeltesten, unverfälschtesten Lieder über Glück und Verlangen: die pure Schönheit von „Sad Eyed Lady Of The Lowlands“, morgens um Vier nach einer achtstündigen Session in einem Take aufgenommen, oder auch „I Want You“, das beinahe dem Album den Namen gegeben hätte.
Copyright: Columbia, 1966
Platz 8: The Clash – „London Calling“
In London standen Arbeitslosigkeit und eine explodierende Drogenszene auf der Tagesordnung, als 1979 das Album entstand. Die 19 Songs von „London Calling“ sind Ausdruck dieser apokalyptischen Stimmung – und doch geprägt von dem unerschütterlichen Glauben, dass Rock’n’Roll die dunklen Mächte schon in ihre Schranken weisen wird. Vom legendären 70s-Studio-Madman Guy Stevens produziert, schlingert und schleudert das dritte Clash-Album durch desillusionierten Punk („London Calling“), randalierenden Ska („Wrong ’em Boyo“) und resignierten Konsumüberdruss („Lost In The Supermarket“). Die ökonomische Ausnahmesituation prägte auch die Produktion des Albums selbst: Die Band war hoch verschuldet und lieferte sich mit ihrer Plattenfirma einen öffentlichen Schlagabtausch. Joe Strummer und Mick Jones schrieben die Songs in der Wohnung von Jones’ Großmutter. „Nachdem er erst einmal gelernt hatte, auf der Schreibmaschine zu tippen, flossen die Texte aus Joe nur so heraus“, so Jones. „Auf dieser Basis konnte ich dann ein paar Takte Musik raushauen.“ Anschließend verbrachten Strummer, Jones, Bassist Paul Simonon und Drummer Topper Headon fast drei Monate damit, das Material in einer Garage im Londoner Stadtteil Pimlico einzustudieren und erste Demos aufzunehmen – „mit einer einzigen Lampe und einem versifften Teppich an der Wand als Schalldämmung“, wie Strummer sich 1989 erinnerte. „Wir fühlten, dass wir einen Ab- hang hinunterglitten und krallten uns mit den Fingern fest.“ Wenn sich die Inspiration nicht einstellen wollte, war Guy Stevens zur Stelle und warf mit Stühlen um sich, weil er das Gefühl hatte, dass der Track noch besser sein konnte.
Copyright: Epic, 1980
Platz 7: The Rolling Stones – „Exile On Main Street „
Das Doppelalbum aus dem Jahre 1972, ein räudiger Bastard aus Blues und Boogie, war de facto „die erste Grunge-Platte“ – wie Keith Richards einmal in einem Interview stolz verkündete. Doch hinter den rohen Riffs von Richards und Mick Taylor, dem lustvollen Schub der Wyman-Watts-Rhythmusmaschine und Jaggers gequältem Bellen und verzehren- dem Schmeicheln verbirgt sich nicht nur das größte Stones-Album, sondern auch das definitive Statement der Songwriter Jagger und Richards, die sich stolz zur Rolle des sozialen Außenseiters bekennen. Im rudimentären Shuffle „Tumbling Dice“, dem resignierenden Country-Lamento „Torn And Frayed“ und dem whiskeygetränkten Hoffnungsschimmer von „Shine A Light“ glaubt man die Stones tatsächlich bei der Arbeit im Exil belauschen zu können. Vor der medialen Hatz, vor den britischen Drogenschnüff- lern, nicht zuletzt auch vor dem Spitzensteuersatz in England war man kurzerhand nach Südfrankreich geflüchtet, wo Richards’ Villa als Aufnahmestudio diente. Auf dem Cover von „Exile On Main Street“ sieht man eine Freakshow amerikanischer Underdogs, und „Sweet Black Angel“ widmete man der inhaftierten Polit-Aktivistin Angela Davis – Außenseiter unter sich. Die Musik klappert und rumpelt, kommt aber – in Songs wie „Rocks Off“ und „All Down The Line“ – zielstrebig auf den Punkt. „Die Stones mögen kein Zuhause mehr haben“, sagte Richards, „aber wir kriegen unser Ding trotzdem geregelt. Was immer man uns an den Kopf schmeißt – wir ducken uns, wir improvisieren und machen das Beste daraus.“ „Exile On Main Street“ zeigt die Stones angriffslustig, mit einem Panzer aus Blues und dem eisernen Willen, am Ende als Sieger den Ring zu verlassen.
Copyright: Rolling Stones Records, 1972
Platz 6: Marvin Gaye – „What’s Going On“
Irgendwann um 1969 oder 1970 herum begann ich damit, mein musikalisches Selbstverständnis zu hinterfragen“, sagte Marvin Gaye später. „Ich war beeindruckt von den Briefen, die mir mein Bruder aus Vietnam schickte, aber auch von der sozialen Situation hier in den USA. Mir wurde klar, dass ich meine kleinen privaten Fantasien abhaken musste, wenn ich die Seele der Leute erreichen wollte.“ Das Meisterwerk, das aus diesem Weckruf resultierte, sollte die gesamte schwarze Musik revolutionieren. Mit seinen eleganten, streicherdurchfluteten Grooves und dem Gefühl unbegrenzter Möglichkeiten war „What’s Going On?“ das „Sgt. Pepper“ der Soulmusik. Gaye war wild entschlossen, Motowns eherne Pop-Fesseln abzuschütteln und künftig auch soziale Probleme zu thematisieren. Motown-Gründer Berry Gordy war natürlich wenig begeistert. Er ließ Gaye wissen, dass „What’s Going On?“ der übelste Song sei, den er jemals in seinem Leben gehört habe. Gaye wiederum beschied Gordy, dass er nicht mehr für Motown arbeiten würde, sollte „What’s Going On?“ nicht als Single veröffentlicht werden. Nachdem ein Motown-Kontrollgremium die Veröffentlichung zunächst abgelehnt hatte, arrangierte man sich schließlich doch. Als die Single prompt in die amerikanischen Top fünf schoss, wurde das Album eilends nachgeschoben. Stets umhüllt von dichten Marihuana- Schwaden, schien Gaye im Studio einfach nichts falsch machen zu können: Er ließ das Band einfach laufen, als sich einige Freunde zu einer spontanen Party einfanden, und benutzte die Aufnahme von Saxofonist Eli Fontaine, der sich gerade für die eigentliche Aufnahme hatte warm blasen wollen.
Copyright: Motown, 1971
Platz 5: The Beatles – „Rubber Soul“
In der Tat: Die einstigen Moptops entwickelten sich in einem außergewöhnlichen Tempo. „Drive My Car“ ist eine überzeichnete Charakterstudie, wie man sie im bisherigen Repertoire nicht finden konnte. Wichtiger aber ist der Dylan-Ein- fluss, der sich durch das ganze Album zieht und für den sarkastischen Tonfall von Songs wie „Norwegian Wood“, „I’m Looking Through You“, „You Won’t See Me“ und „If I Needed Someone“ verantwortlich war. Dylan bedankte sich im folgen- den Jahr für das Kompliment, als er seine Version von „Norwegian Wood“ – „4th Time Around“ betitelt – auf „Blonde On Blonde“ veröffentlichte und damit offen- sichtlich paranoide Zustände bei Lennon auslöste. Lennons „Nowhere Man“, das er später selbst als depressives Selbstporträt bezeichnete, und das wunderbar nos- talgische „In My Life“ spiegeln beide das ernsthaftere, erwachsenere Songwriting wider, das Dylan plötzlich möglich gemacht hatte. George Harrisons Sitar auf „Norwegian Wood“ – das erste Mal, das eine Sitar in einem Popsong eingesetzt wurde – und McCartneys Fuzz-Bass auf „Think For Yourself“ dokumentieren die neu gewonnene Erkenntnis, dass ein Studio mehr sein kann als nur der Zwischenstopp auf endlosen Tourneen. Harrison nannte „Rubber Soul“ später „das beste Album, das wir bis dahin gemacht hatten, weil wir plötzlich Klänge hörten, die wir früher nicht hören konnten“. Warum die Band plötzlich in der Lage war, diese neuen Klänge wahrzunehmen – nun, auch das war ein Zeichen der Zeit. „Auf ,Rubber Soul“ wurde viel experimentiert“, sagte Ringo Starr, „nicht zuletzt unter dem Einfluss gewisser Substanzen.“
Copyright: EMI, 1965
Platz 4: Bob Dylan – „Highway 61 Revisited“
Bruce Springsteen beschrieb einmal den einstieg zu „Like A Rolling Stone“, dem Eröffnungsstück des Albums, wie einen „harten Schlag auf die Snare-Drum. Es klang, als habe jemand die Tür zu deinem Hirn eingetreten.“ Folksänger Phil Ochs fand gar noch überschwänglichere Worte für das Album: „Es ist unfassbar gut. Wie kann ein Normalsterblicher dazu nur fähig sein?“ „Highway 61 Revisited“ – benannt nach dem Highway, der von Dylans Heimat Minnesota südwärts zum Mississippi-Delta führt – wurde in gerade einmal sechs Tagen eingespielt und ist eines der Alben, die die Welt veränderten. Allein schon „Like A Rolling Stone“, angeblich der Warhol-Muse Edie Sedgwick gewidmet, verschob die Parameter der populären Musik: Sein „sich erbrechender“ Duktus (Dylan), der literarische Anspruch und seine schiere Länge (6:13) pulverisierten alle herkömmlichen Konventionen. „Ballad Of A Thin Man“ lieferte den zeitgenössischen Kommentar zu der Gretchenfrage „Hippie oder Spießer?“: „Something is happening here, but you don’t know what ist is/ Do you, Mister Jones?“ Und falls noch irgendje- mand bezweifelte, ob der einstige Folkie nun wirklich „elektrifiziert“ sei, so belehrte ihn Dylan mit dem röhrenden Rock’n’Roll von „From A Buick 6“ und „Tombstone Blues“ (mit Mike Bloomfield an der Gitarre) eines Besseren.
Das Album schließt mit „Desolation Row“ ab, einem surrealistischen Trip, der in elf Minuten mit seinen Hieronymus-Bosch-Bildern die anstehenden Umwälzungen der Sixties vorwegzunehmen scheint. „The Titanic sails at dawn“, singt Dylan resigniert. „Everybody is shouting: ,Which side are you on?‘“ Dass er sich in letzter Minute entschied, „Desolation Row“ rein akustisch einzuspielen, erwies sich als geni- aler Schachzug: Die Vision einer neuen Folkmusik stand so am Ende eines Albums, das – für absehbare Zeit zumindest – die Folkmusik zur Bedeutungslosigkeit verdammt hatte.
Copyright: Columbia, 1965
Platz 3: The Beatles – „Revolver“
Ich sehe keine allzu großen Unterschiede zwischen ,Revolver‘ und ,Rubber Soul‘“, sagte George Harrison einmal. „Für mich könnten sie Vol. 1 und 2 der gleichen Platte sein.“ Dennoch: „Revolver“ forcierte die experimentelleren Ansätze des Vorgänger-Albums – die ersten Psychedelia-Ansätze, die Faszination für die Studio-Technologie – und formte daraus ein dramatisches Versprechen: Das Album, im August 1966 veröffentlicht, machte unmissverständlich klar, dass das, was wir heute „die Sixties“ nennen, nicht mehr aufzuhalten war. Der innovativste Song ist mit Sicherheit Lennons „Tomorrow Never Knows“: Bei seinem Versuch, einen LSD-Trip zu einem dreiminütigen Song zu komprimie- ren, griff Lennon auf Lyrics aus Timothy Learys Version des „Tibetanischen Totenbuches“ zurück und ließ seinen Gesang so verfremden, dass er wie der Dalai Lama klang, der „singend auf dem höchsten Berggipfel sitzt“. Tonband-Loops, eine rückwärts eingespielte Gitarre, McCartneys explosives Solo in „Taxman“ und der Klang einer brummelnden Tambura vervollständigten das Experiment, das eine wahre Flut von Nachahmern auslösen sollte. McCartney betrat ebenfalls Neuland, indem er mit „Eleanor Rigby“ und „For No One“ zwei wundervoll ausgereifte Kunstlieder kreierte. Und Harrison – mit „Taxman“, „I Want To Tell You“ und „Love You To“ gleich dreimal vertreten – stellte erstmals die Dominanz des Songschreiber-Teams Lennon-McCartney in Frage.
Copyright: EMI, 1966
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