Die Beginner haben genug Substanz, um nach langer Pause mitten in der HipHop-Krise auf Nummer eins zu gehen – mit Hilfe der jungen Ex-Zielgruppe?
Vier Jahre ist es her, dass die Absoluten Beginner mit „Bambule“ deutschen Hip Hop massenkompatibel machten. „Liebeslied“ erschien als Songbook in der „Bravo“, Jugendliche begannen sich mit Baggypants, deren Schritt in den Kniekehlen hing und einen Blick auf zeltgroße Boxershorts freigab, neu zu uniformieren, und zum Kiffen musste niemand mehr Bob Marley hören. Waren Advanced Chemistry mit der ersten Generation des deutschen Rap noch Vorreiter, die im Insiderkreis goutiert wurden, und waren die Fantastischen Vier die kritisch beäugten Chartbreaker, so beherrschte der Musikstil Ende der Neunziger mit Gruppen wie Freundeskreis, Fünf Sterne Deluxe oder eben DJ Mad, Denyo und Eißfeldt (im Bild von links) die Massen. „Wir sind nicht nur im Haus/ wir ham’s auch mitgebaut“, stellt man schon im Eröffhungstrack des neuen Albums „Blast Action Heroes“ klar.
2003 erinnern sich die Herren (die mittlerweile ihren Namen auf „Beginner“ reduziert haben) daran, „den Aufstieg und Zerfall eines ganzen Musikstils“ mitverfolgt zu haben, und schicken sich an, aus dem übriggebliebenen Scherbenhaufen etwas Neues zusammenzufügen. Lebensrettende Maßnahmen, sozusagen, denn einige MCs, die sich im Kielwasser des kommerziellen Erfolgs zu zweifelhaften fünf Minuten Ruhm aufs Podest schwangen, waren alles andere als begnadet, und auf dem großen Markt kräht mitderweile kaum noch ein Schulpflichtiger nach deutschem HipHop.
„In den letzten Jahren hat in Deutschland ganz klar die Inspiration gefehlt“, bemerkt Jan Eißfeldt der sich jetzt Eizi Eiz nennt, und DJ Mad ergänzt: „Etwas, das dir in stilistischer Hinsicht die Erlaubnis gibt, mal was anderes auszuprobieren. Beispielsweise darf man jetzt endlich gesungene Hooks machen, weil irgendwer in Amerika das auch gemacht hat“ Solche Aussagen machen stutzig, unterstellte man den Hamburgern doch bisher gerne, die Inspiration gepachtet zu haben. Aber ganz ohne Vorbilder kommt keiner aus. „Soundmäßig orientiert man sich auf jeden Fall an den USA“, erklärt „Denyo“ Dennis, „wir haben so lange geschraubt und gebastelt, um international mithalten zu können, Innovation bieten zu können und gleichzeitig noch den Beginner-Style zu haben, damit es nicht kopiert klingt.“ Und es kann sich wirklich hören lassen. Bemerkenswert ist, dass die Beginner noch immer der Prämisse treu sind, sich selbst durch Qualität hervorzutun, anstatt auf Unbegabten herumzuhacken. „Zu 99,9 Prozent gebe ich mir richtig Mühe“, rappt Jan (der als Jan Delay zwischendurch sein politisch explizites „Searching For The Jan Soul Rebels“ gemacht hat, außerdem seinen Begleitmusikern Sam Ragga Band als Gastsänger weiterhalf), und fügt hinzu: „Ich gehe auf keinen Diss ein. Ich will erstens solchen Spastis keine Plattiorm schaffen, und zweitens versuchen wir, die anderen auszublenden und uns auf uns zu konzentrieren. Manchmal hört man sicherlich etwas, das so scheiße ist, dass es zu einer Zeile inspirieren könnte – aber wer wären wir, wenn unser ganzes Album davon handeln würde, wie schlecht die anderen sind? Dennis sagt in einem Song genau, worum es dabei geht“ Der Song heißt „Hör‘ weg“. Bei „Blast Action Heroes“ lohnt es sich allerdings durchaus, mal hinzuhören. Auch wenn die Marketingmaschine diesmal nicht so penetrant gegriffen hat – die Beginner charteten auf Nummer eins. Sie stellten ein großes „Danke!“ auf die Homepage.